Neuheim diskutiert über Keisers Amtsführung

«Fall Keiser»: FDP und SVP rechnen mit Millionen-Schaden

Der Gemeinderat Neuheim. V. l. oben: Marcel Güttinger, Daniel Schillig, Franz Keiser. Untere Reihe: Christof Wicky, Monika Ulrich-Meier und Gemeindepräsident Roger Bosshart.

Am Dienstagabend könnte es zum Showdown an der Neuheimer Gemeindeversammlung kommen. FDP und SVP Neuheim fordern den Rücktritt des umstrittenen Sozialvorstehers Franz Keiser. Der Gemeinderat wird eine Interpellation der beiden Ortsparteien mündlich beantworten. Die Antwort liegt zentralplus vor. Sie befriedigt die Parteien nur teilweise.

An der Neuheimer Gemeindeversammlung von Dienstagabend werden neben dem Budget die Vorkommnisse in der Abteilung Soziales und Gesundheit möglicherweise ein Thema sein. FDP und SVP haben eine Interpellation mit Fragen zur Rolle des umstrittenen Gemeinderats Franz Keiser eingereicht, der diese Abteilung führt. Gemeindepräsident Roger Bosshart wird die Antwort des Gesamtgemeinderats mündlich vorlesen. Sie liegt zentralplus schon jetzt vor (siehe Box unten).

«Eine Diskussion ist natürlich möglich.»
Gemeindepräsident Roger Bosshart (FDP)

Er könne natürlich nicht voraussehen, was an der Gemeindeversammlung passieren werde, sagt Bosshart auf Anfrage. Doch es gebe Gegner und Anhänger von Franz Keiser in der Gemeinde. Bosshart leitet die Versammlung. Wird er Diskussionen zulassen? «Eine Diskussion ist natürlich möglich», sagt Bosshart. Er werde aber Anschlussfragen nicht einfach aus dem Stegreif beantworten, macht der Gemeindepräsident klar. «Wir werden es wahrscheinlich so halten, dass unter dem Traktandum Diverses Anliegen aus der Bevölkerung behandelt werden können.»

Franz Keiser: «Ich bleibe im Amt»

Und was sagt der kritisierte Sozialvorstand Franz Keiser selbst? Wird er anwesend sein? Ja, sicher nehme er an der Gemeindeversammlung teil, sagt Keiser am Telefon. Wird er sich zu den Vorwürfen äussern? «Der Gesamtgemeinderat muss auf die Fragen antworten», sagt Keiser, «den Rest nehmen wir ‹vorzu›». Nervt er sich denn über den Vorstoss der bürgerlichen Ortsparteien? Er sieht das gelassen. «Wenn ich mich aufregen würde, wäre ich schon lange nicht mehr im Amt.» Und – «Ja!» – er bleibe weiterhin im Amt.

Die Interpellation enthält Fragen zum Aufarbeitungsbericht. Aber ebenso Fragen zu den eingeführten Controlling-Massnahmen in der Abteilung Soziales und Gesundheit von Keiser. Zudem stellen die Parteien Fragen zu «Unregelmässigkeiten» ausserhalb des Aufarbeitungsberichtes.

Sind FDP- und der SVP-Präsident zufrieden mit den Antworten?

Die Interpellanten haben die Antworten auf ihren Vorstoss bereits vorgängig am Montag erhalten und haben also Kenntnis. Das sieht das Gemeindegesetz laut Gemeindeschreiber Christof Wicky vor. Was meinen FDP und SVP dazu?

«Der Gemeinderat liefert klare Antworten auf unsere Fragen.»
Thomas Fuchs, FDP-Präsident Neuheim

«Ich bin prinzipiell mit den Antworten zufrieden», sagt Thomas Fuchs, Präsident der «FDP.Die Liberalen» in Neuheim. Der Gemeinderat liefere klare Antworten auf ihre Fragen. Inbesondere zeige er mit Zahlen auf, was die Lösung mit dem externen Controlling die Gemeinde koste. «Wir behalten uns aber mögliche Anschlussfragen vor», sagt Fuchs.

Andreas Bächtold, der Präsident der SVP Neuheim, sieht die Sache ein wenig anders. «Ich bin nur bedingt zufrieden mit den Antworten, da deren Inhalt neue Erkenntnisse liefert, die uns nicht gefallen können», sagt er gegenüber zentralplus.

Nur noch eine KV-Angestellte

Störend findet er zum Beispiel, dass die Abteilung fachlich von Zug aus betreut werden soll und in der Abteilung Soziales und Gesundheit nur noch eine kaufmännische Angestellte arbeiten soll. «Das tönt so, als ob Franz Keiser noch eine Sekretärin erhält und gar nichts mehr tun muss», sagt Bächtold.

«Wir rechnen mit über einer Million Franken Schaden, welcher der Gemeinde durch die Amtsführung Keisers entstanden ist.»
Andreas Bächtold, SVP-Präsident Neuheim

Ziel der Interpellation ist es laut FDP-Präsident Fuchs gewesen, dass die Bevölkerung über die Situation in der Abteilung informiert werde und dass keine Strukturen aufgebaut würden, welche die Gemeinde nur viel Geld koste und nicht funktionierten. Nicht geändert habe sich aufgrund der Antwort des Gemeinderats seine Auffassung, dass Franz Keiser nicht der richtige Mann für dieses Amt sei.

Dieser Meinung schliesst sich auch der SVP-Präsident an. Bächtold hält ebenfalls an der Forderung fest, dass Franz Keiser freiwillig zurücktreten soll. «Wir rechnen mit über einer Million Franken Schaden, welcher der Gemeinde durch die Amtsführung Keisers entstanden ist», sagt er. Die Folgekosten seien noch nicht eingerechnet.

Das Thema Keiser polarisiert

Ob es an der Gemeindeversammlung Diskussionen geben wird, sei schwer abzuschätzen. «Die Thematik polarisiert», sagt Fuchs, «es gibt Neuheimer, welche die Sache ähnlich sehen wie wir. Und andere, die sich hinter Franz Keiser stellen.» Zudem gebe es neben den gut informierten Personen sicher auch solche, die noch nie von der ganzen Sache gehört hätten.

Der Neuheimer Gemeindepräsident Roger Bosshart glaubt nicht, dass mit der Antwort der Exekutive alle Wogen geglättet werden können. Man habe aber vom Gemeinderat her alles unternommen, damit die Abteilung Soziales und Gesundheit der Gemeinde Neuheim gut funktioniere. In zwei Jahren würden an den nächsten Gemeindewahlen die Weichen neu gestellt.

Was in der Antwort des Gemeinderats Neuheim steht

Gemäss dem Gemeinderat ist der Gemeinde Neuheim durch die im Aufarbeitungsbericht zwischen 2007 bis 2013 behandelten Fälle ein Schaden zwischen 150’000 und 200’000 Franken entstanden. Die Personalkosten seien aber darin nicht eingerechnet. Die Parteipräsidenten Thomas Fuchs (FDP) und Andreas Bächtold (SVP) wollten deshalb wissen, wie hoch die Kosten durch die Stellenwechsel seien.

«Der Schaden eines Leiterwechsels ist nicht unerheblich», hält der Gemeinderat Neuheim fest. Man könne sich nur auf Zahlen der Wirtschaft stützen. Ein Kaderwechsel koste gemäss Schätzungen rund 20’000 Franken. «Dies entspricht bei sechs Personen einem Betrag von 120’000 Franken», schreibt die Exekutive. Der Aufarbeitungsbericht selber hat 9500 Franken gekostet. Die internen Aufwendungen seien mit mindestens 290 Stunden beziffert worden.

Jugendarbeiter hatte «punktuell» Kontakt

Im Bericht ist auch die Rede vom Neuheimer Jugendarbeiter, der in Keisers Abteilung angestellt war. Er habe über zehn Jahre seine Arbeit nach Pflichtenheft «praktisch gänzlich vernachlässigt», schreiben FDP und SVP in ihrem Vorstoss. Die Interpellanten wollten wissen, warum man bei diesem Mitarbeiter «die Pflichterfüllung nicht eingefordert hat».

Laut der Antwort wurde die Jugendarbeit damals «mobil» betrieben. «Das heisst, der Jugendarbeiter hatte ‹punktuell› Kontakt mit den Jugendlichen. Die restliche Zeit verbrachte er im Büro.» Auf die eigentliche Frage der Interpellanten geht der Gemeinderat aber nicht ein. Doch nach dem Weggang des Jugendarbeiters sei das Konzept der Jugendarbeiter geändert worden. Seither werde die Jugendarbeit vor Ort und «begleitet» betrieben.

Grosse interne Controlling-Kosten

Ein Thema sind ebenfalls die in der Abteilung von Keiser eingeführten Controlling-Massnahmen. FDP und SVP wollen wissen, welche Kosten bisher angefallen sind und wie hoch der Gemeinderat die jährlichen Kosten pro Jahr einschätzt. «Wurden diese im Budget 2017 eingeplant?», ist eine weitere Frage. Laut der Gemeinde-Exekutive fällt der Löwenanteil der Controlling-Kosten intern in Neuheim an. Pro Jahr gehe man von rund 120 Arbeitsstunden aus. Externes Controlling habe Neuheim bisher nur durch die Unterstützung der Gemeinde Hünenberg genutzt. Kostenpunkt: Monatlich 1200 Franken. Jährlich würden externe Controlling-Kosten von 14’000 Franken entstehen. Diese seien im Budget 2017 nicht vorgesehen.

Zusammenarbeit mit Stadt Zug

Die Fragesteller wollen auch wissen, ob mit der Kündigung des Gemeindeschreibers und der Amtsleiterin die enge Begleitung von Franz Keiser als Bedingung nicht obsolet werde. «Muss jetzt schon wieder eine Lösung gesucht werden?», fragen FDP und SVP. Laut Gemeinderat wird die designierte neue Gemeindeschreiberin Melanie Imfeld die Aufgaben von Christof Wicky übernehmen (zentralplus berichtete). Bei der Nachfolge der Amtsleitung prüfe der Gemeinderat «einen Schulterschluss mit der Stadt Zug». «In Neuheim wird der/die Leiter/in der Abteilung Soziales und Gesundheit voraussichtlich nur noch kaufmännisch (mit sozialem Flair) tätig sein», liest man in der Antwort.

Kein Anrecht gehabt?

Zur Frage von Unregelmässigkeiten ausserhalb des Aufarbeitungsberichts erwähnen die bürgerlichen Parteien den Vorwurf, dass Franz Keiser vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Oktober 2012 zwei Lohnprozente für das Präsidium eines kantonalen Gremiums (SOVOKO-Präsidium) bezogen haben soll. «Dies, obwohl er nur Vizepräsident war und deshalb kein Anrecht auf diese Entschädigung in der Höhe von 13’200 Franken hatte.»

Der Gemeinderat bestätigt, dass Keiser das Geld bezogen hat. Doch Keiser habe während dieser Zeit die Verwaltungskommission Tagesfamilien (VKTF) präsidiert, und diese sei eine Subkommission der SOVOKO. Dies hatte auch Keiser gegenüber zentralplus geäussert, als wir ihn mit dem happigen Vorwurf konfrontierten (zentralplus berichtete). Ob es sich bei der VKTF um ein kantonales Gremium handle, sei vom Gemeinderat nicht definiert worden. Die Leistungen seien in Absprache mit der Abteilung Finanzen bezogen worden, hält die Exekutive fest, einen Gemeinderatsbeschluss dazu gebe es nicht. Heute könnte das nicht mehr vorkommen: Seit der Überarbeitung der Besoldung der Gemeinderatsmitglieder Ende 2013 würden solche übergemeindlichen Arbeiten nicht mehr pauschal, sondern pro Sitzung abgerechnet.

Gemeinderat steht «unter Bedingungen» hinter Keiser

Die letzten beiden Abteilungsleiterinnen Soziales und Gesundheit seien vor und während ihrer Kündigungsfrist krank geschrieben gewesen. Die Parteien stellten die suggestive Frage, ob es der Gemeinderat für «zumutbar» halte, Franz Keiser weiterhin Mitarbeiter zu unterstellen (Franz Keiser meinte gegenüber zentralplus, das sei ein schwerwiegender Vorwurf. Das würde ja bedeuten, dass diese Leute wegen ihm krank wurden. Da müsste man genauer hinschauen und auch bei den Betroffenen nachfragen).

Der Gemeinderat hält fest, dass er sich gemäss Beschluss vom September 2015 «unter gewissen Bedingungen» hinter Franz Keiser stelle. Eine Bedingung sei die uneingeschränkte Begleitung durch den Gemeindeschreiber. Wenn diese Bedingungen eingehalten würden, halte es der Gemeinderat weiterhin für «zumutbar», Keiser Mitarbeitende zu unterstellen.

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