Neuer Ansatz, aber noch keine langfristige Rettung

Fachklasse Grafik: Betriebe sollen mitzahlen

Im letzten November: Protest für die Fachklasse Grafik in der Luzerner Bahnhofstrasse. (Bild: zVg)

Die Fachklasse Grafik sollte weggespart werden und wurde in letzter Sekunde verschont. Aus dem Schneider ist sie aber deswegen noch nicht. Die reine Ausbildungsschule ist dem Kanton zu teuer und der Branchenverband soll in Zukunft mithelfen, die Lehrplätze mitzutragen. Doch nun kommt man bei der Finanzierung mit einem neuen Ansatz voran.

Noch im vergangenen Herbst hing ein grosses Damoklesschwert über der Fachklasse Grafik an der Rössligasse 12. Man wollte die Schule wegsparen und schliessen, so der Plan des Luzerner Regierungsrats. Es gäbe andere Ausbildungsmöglichkeiten für die rund 100 Schülerinnen und Schüler. Doch der Aufschrei war laut. Ehemalige, Grafiker, Künstler, Politiker und schliesslich auch Wirtschaftsverbände gingen auf die Barrikaden und wehrten sich. Im Nu wurden 20’452 Unterschriften gesammelt. Das war ein deutliches Zeichen und das Luzerner Parlament kippte die Massnahme im Dezember aus dem Sparpaket.

«Wir sind daran, einen Berufsbildungsfonds einzurichten.»

Ursula Heilig, Präsidentin SGD

Die Erleichterung war gross. Doch der Luzerner Kantonsrat hat an der gleichen Session mit grosser Mehrheit eine Bemerkung überwiesen, quasi eine Hausaufgabe. Nämlich, dass Alternativen zu einer rein schulischen Grafikausbildung zu prüfen seien. Die Fachklasse Grafik ist also noch nicht aus dem Schneider. Der Regierungsrat soll mit der Grafikerbranche über die Schaffung von Ausbildungsplätzen verhandeln. Was ist seitdem geschehen?

 

Die 20'000 Unterschriften auf dem Weg zum Regierungsgebäude.

Die 20’000 Unterschriften auf dem Weg zum Regierungsgebäude.

(Bild: zVg)

Langsam geht’s vorwärts

Ursula Heilig, Präsidentin von Swiss Graphic Designers.

Ursula Heilig, Präsidentin von Swiss Graphic Designers.

(Bild: zVg)

Momentan sind Vertreter zweier Verbände mit der Fachklasse Grafik sowie den Behörden im Gespräch und diskutieren, wie sich die Branche an der Ausbildung beteiligen könnte. Die Grafikbranche ist in zwei nationalen Branchenverbänden organisiert, dem Schweizer Grafiker Verband (SGV) und den Swiss Graphic Designers (SGD). Heute ist die Fachklasse Grafik als vierjährige kantonale Mittelschule, inklusive Berufsmatura und einjährigem Praxisanteil, gestaltet.

Wie nun Recherchen von zentralplus ergeben, sind die Branchenverbände einen Schritt weiter gekommen. «Wir sind daran, einen Berufsbildungsfonds einzurichten», sagt Ursula Heilig, Präsidentin der SGD. Die politischen Diskussionen in Luzern hätten diese Abklärungen vorwärtsgetrieben. Das Modell des Berufsbildungsfonds kennen andere Berufslehren bereits, wie zum Beispiel der Maler- und Gipserverband oder der Verband der Elektroinstallateure: «Verschiedene Betriebe zahlen anhand ihrer Lohnsummen in einen Fonds ein und würden so auch die Ausbildung der Fachklasse Grafik mittragen.»

«Den Takt gibt der Bund vor. Das geht bestimmt nicht von heute auf morgen.»

Im Frühling 2017 soll’s losgehen

Nur könnte das Prozedere, bis so ein Fonds zustande kommt, noch Jahre dauern. «Die Anfragen und Abklärungen nehmen sehr viel Zeit in Anspruch», sagt Heilig. «Berufsbildungsfonds brauchen die Zusage des Bundesrates und es sind wichtige grundsätzliche Fragen zu klären. Zum Beispiel, ab welcher Grösse ein Betrieb einzahlen muss.» Das Ziel sei, dass das Prozedere ab Frühling 2017 starten könne und ein solcher Fonds schliesslich nach fünf Jahren ausgestaltet ist, also spätestens 2022. «Den Takt gibt der Bund vor. Das geht bestimmt nicht von heute auf morgen», sagt Heilig.

«Der Branchenverband selber kann keine Lehrplätze schaffen.»

Christof Spöring, Leiter Dienststelle Berufs- und Weiterbildung

Eine andere und schneller realisierte Massnahme der Verbände ist das Lehrstellenmarketing im Raum Luzern und der Innerschweiz. «Wir wollen die Betriebe wieder darauf aufmerksam machen und motivieren, selber Lehrlinge auszubilden. Hierzu sind verschiedene Aktionen bereits aufgegleist», sagt Heilig. Das Problem sei in der Innerschweiz, dass es hier eher kleinere Ein- oder Zwei-Personen-Betriebe gäbe. Eine Lehrstelle anzubieten, sei für die meisten ein zu hohes betriebliches Risiko. «Die Grafiker-Lehre dauert vier Jahre. Und die Wirtschaftslage ist nicht wahnsinnig rosig. Das schreckt viele ab.» Die grösseren Agenturen seien im Raum Zürich zu Hause, nicht in der Innerschweiz.

Nachfrage weiterhin gross

Christof Spöring, Leiter der kantonalen Dienststelle Berufs- und Weiterbildung, sagt: «Die Branche hat die Situation erkannt und ist an der Entwicklung von Lösungswegen.» Der Branchenverband selber könne keine Lehrplätze schaffen. «Er kann aber durch Information und interne Marketingaktivitäten Betriebe zur Erschaffung von Lehrplätzen motivieren.»

«Wir werden wieder zwei volle Klassen besetzen können.»

Helmut Bühler, Rektor des Fachmittelschulzentrums

Wäre aber der Fortbestand der Schule damit langfristig gesichert? Das lässt sich nicht abschliessend beantworten. Aus Sicht der Berufsbildung sei die Fachklasse Grafik ein wichtiger Bestandteil für das Bildungsangebot für Abgänger der Sekundarschule, sagt Spöring. «Wie sie sich weiterentwickeln wird – auch im Kontext eines stärkeren Einbezugs der Grafik-Branche –, kann heute noch nicht gesagt werden», so Spöring. Und Matthias Hauser, Prorektor der Fachklasse Grafik, möchte sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht dazu äussern. «Ich denke, das ist dem laufenden Prozess nicht dienlich», sagt er.

Die Nachfrage für den aktuellen Lehrgang sei ungebrochen gross, wie Helmut Bühler, Rektor des Fachmittelschulzentrums erklärt. Am nächsten Samstag finden die Eignungsprüfungen für die Berufsmatura statt. «Wir werden wieder zwei volle Klassen besetzen können. Dafür haben wir mehr als genügend Interessenten.» Pro Klasse sind es 13 bis 16 Schüler, also rund 30 pro Jahrgang.

Die Schule bleibt in der Rössligasse

In jüngster Vergangenheit wurde auch die Standortfrage mehrmals diskutiert. Der Kanton wollte die Immobilie eigentlich verkaufen und die Fachklasse Grafik sollte wie die Hochschule für Grafik und Design nach Emmenbrücke ins Viscose-Areal umziehen. Im Sommer 2015 liefen Gespräche mit möglichen Interessenten in Emmenbrücke.

«Für die nächsten fünf bis zehn Jahre ist dieser Standort nach wie vor nutzbar.»

Diese Pläne sind aber mittlerweile vom Tisch. «Der Luzerner Regierungsrat hat mit den laufenden Abklärungen beschlossen, dass die Fachklasse Grafik nicht nach Emmenbrücke ins Viscose zügeln kann», so Christof Spöring. «Für die nächsten fünf bis zehn Jahre ist dieser Standort nach wie vor nutzbar, danach wird die Immobilie altersbedingt grössere Rennovationen benötigen.»

Apropos: Falls der Kanton ein Verkauf des Gebäudes an der Rössligasse 12 einmal in Erwägung ziehen würde, soll die Stadt beim Kanton ihr Interesse zum Kauf der Liegenschaft deponieren. Dies fordert die SP/JUSO-Fraktion der Stadt Luzern mit einem Vorstoss. «Anstatt sich über die immer lebloser werdende Altstadt zu beschweren, soll die Stadt endlich eine aktive Rolle einnehmen», schreibt Grossstadtrat Simon Roth. Ziel solle eine öffentlichkeitswirksame Nutzung sein, die einen Beitrag zu einer vielfältigen und lebendigen Luzerner Altstadt leistet.

Sie mögen, was wir schreiben? Dann teilen Sie diesen Beitrag doch auf Facebook. Das freut Ihre Freunde und hilft uns, bekannter zu werden!

Themen
Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


0 Kommentare
    Apple Store IconGoogle Play Store Icon