Englische Abstimmungsunterlagen? Stadtrat ist dagegen
Wer die Sprache noch nicht ganz beherrscht, steht beim Abstimmen vor sprachlichen Herausforderungen. (Bild: Archivbild: cbu)
Selbst wenn Eingebürgerte genug Deutsch für den roten Pass sprechen, können Abstimmungsunterlagen herausfordernd sein. Doch diese auch auf Englisch oder andere Sprachen anbieten, will der Luzerner Stadtrat nicht.
Wer sich einbürgern will, muss sich mindestens in einfachen Situationen verständigen können, etwa beim Einkaufen oder beim Coiffeur. Doch reicht das, um auch teils komplizierte Abstimmungsunterlagen zu verstehen? Das hat die Stadtluzerner SP bezweifelt. Um Eingebürgerte vermehrt an die Urne zu locken, solle die Stadt Luzern ihre Informationen auch auf Englisch und ein, zwei weitere häufig gesprochene Fremdsprachen verteilen, forderte die Partei (zentralplus berichtete). Nun liegt die Antwort der Stadt Luzern vor.
Sie möchte am Status quo festhalten. Zwar gibt sie zu, dass die Abstimmungsunterlagen zum Teil komplex sind. Auch räumt der Stadtrat ein, dass dies die politische Partizipation «massiv erschwert». Die Komplexität habe aber mit den gesetzlichen Vorgaben des Kantons und den drastischen Konsequenzen zu tun, sollten die Unterlagen angefochten werden. Der Stadtrat sei aber «trotz der strengen formellen Vorgaben» bemüht, möglichst einfache, verständliche und inklusive Sprache zu verwenden. Dafür produziere die Stadt Luzern inzwischen einfacher verständliche Abstimmungsvideos.
Wer nicht Englisch kann, wäre benachteiligt
Auf Übersetzungen wolle der Stadtrat jedoch verzichten. Die Amtssprache im Kanton sei Deutsch. Amtliche Dokumente in andere Sprachen zu übersetzen, sei sehr anspruchsvoll. Missverständnisse wegen Übersetzungen würden zudem das Risiko für Stimmrechtsbeschwerden bergen. Zumal die Übersetzungen teuer würden. Die Stadt rechnet mit rund 50'000 Franken pro Jahr, müssten die Unterlagen von vier städtischen Abstimmungen jeweils noch übersetzt werden.
Hinzu komme, dass der Stadtrat mit den Übersetzungen seine Bürgerinnen ungleich behandle. Personen, die weder Englisch noch eine «sehr häufig gesprochene» weitere Muttersprache sprechen, schauten noch immer in die Röhre. Zuletzt spricht für den Stadtrat auch eine gewisse Gefahr der Abhängigkeit gegen Übersetzungen.
Stellt der Stadtrat die Abstimmungsunterlagen auch in anderen Sprachen zur Verfügung, haben Eingebürgerte weniger Anreize, Deutsch zu lernen. «Das erschwert die Integration in die Gesellschaft und in die Arbeitswelt langfristig und ist für die Erfüllung des Ziels, Hindernisse, die die Partizipation einschränken, abzubauen, nicht hilfreich.» Gleich argumentierte etwa auch die Luzerner Ständerätin Andrea Gmür (Mitte) (zentralplus berichtete).
Das letzte Wort zum Thema hat jedoch der Grosse Stadtrat. Er entscheidet am 20. Februar über das Postulat.
Hinter diesem Autor steckt die Redaktion von zentralplus. Wesentliche Eigenleistungen werden unter den Namen der Autorinnen und Autoren veröffentlicht.