Drei Kantonsräte gegen den Denkmalschutz

Einmal abschaffen bitte

Altstadt bei Bedarf einfach abreissen? (Bild: zentral+)

Ihr Kampf gegen die Denkmalpflege geht weiter: Drei Zuger Kantonsräte haben schon eine nächste Motion eingereicht, obwohl ihre letzte immer noch hängig ist. Und wollen damit den Zuger Denkmalschutz praktisch abschaffen.

Kaum ist die letzte Motion zur Denkmalpflege verarbeitet, kommt schon die nächste: Thiemo Hächler (CVP), Daniel Abt (FDP) und Manuel Brandenberg (SVP) holen zu einem weiteren Schlag gegen die Denkmalpflege aus. In einer Motion vom November verlangen sie, dass der Denkmalpflege das Recht entzogen wird, Gebäude gegen den Willen eines Eigentümers unter Schutz zu stellen.

Sie wollen damit die Denkmalpflege praktisch abschaffen: «Wenn diese Motion erheblich erklärt wird, hat der Denkmalschutz ein echtes Problem», sagt Meinrad Huser, der Präsident des Zuger Heimatschutzes. «Wenn das kommt, dann ist die Denkmalpflege nicht nur zahnlos, sondern dann muss man sich auch fragen, wie das Amt seine Aufgabe überhaupt noch erfüllen soll.»

«Häuser in der Altstadt könnten abgerissen werden»

Der Regierungsrat hat allerdings noch ein Jahr Zeit, sich zur Motion Gedanken zu machen. Wenn sie überhaupt überwiesen wird. «Wenn die Motion erheblich erklärt werden würde, würde das bedeuten, dass jeder Hauseigentümer jederzeit eine Unterschutzstellung aufheben dürfte», sagt Regierungsrätin und Direktorin des Inneren, Manuela Weichelt.

«Das bedeutet auch, dass zum Beispiel Häuser in der Altstadt abgerissen werden dürften. Oder auch Kirchen.» Ob sie glaubt, dass die Motion vom Kantonsrat erheblich erklärt werden könnte? «Ich kann mir nicht vorstellen, dass das im Sinn der Bevölkerung ist. Man muss sich das vorstellen, da könnte man jederzeit zum Beispiel die St. Oswaldskirche abreissen.»

«Privateigentum muss gestärkt werden»

Die vorliegende Motion ist nicht der erste Vorstoss von Hächler, Brandenberg und Abt. Sie hatten im Januar schon in einer Motion gefordert, die Denkmalpflege sei neu zu organisieren und ihre Kompetenzen sollen beschnitten werden. Die Motion ist noch hängig.

Zu diesem Vorstoss hatte der Motionär Thiemo Hächler gegenüber zentral+ damals gesagt, dass eine Denkmalpflege sinnvoll sei, auch wenn er als Generalunternehmer naturgemäss nicht immer mit dem Amt auf derselben Linie liegen würde: «Ich bin durchaus davon überzeugt, dass auch bürgerliche Politiker und Wähler eine Denkmalpflege wollen. Der Erhalt von wertvoller Bausubstanz und Ortsbildschutz hat sehr viel mit Emotionen, Erinnerungen und auch Heimatschutz zu tun.» (zentral+ berichtete)

Wieso dann jetzt der neue Vorstoss? Die jetzige Praxis der Denkmalpflege bezüglich Unterschutzstellung sei eigentümerfeindlich, sagt Manuel Brandenberg. «Das wollen wir mit unserer Motion korrigieren. Der Schutz des Privateigentums muss gestärkt werden. Wir sind der Meinung, die Direktion des Innern rechtfertigt mit der Gesetzesklausel für Härtefälle alle Zwangsunterschutzstellungen.» Die Motionäre argumentieren, eine Unterschutzstellung unter Zwang sei nur in äussersten Notfällen zulässig. Konkrete Fälle wollte oder konnte Brandenberg allerdings keine nennen. Er habe von solchen Fällen gehört, sagte er.

«Das war für viele überraschend»

Ob die Motion eine Chance hat? «Ich kann mir nicht vorstellen, dass es Leute gibt, die sagen, wir wollen keine Denkmalpflege mehr», sagt Meinrad Huser vom Zuger Heimatschutz. Trotzdem scheint es im Kantonsrat einen Konsens über die Schwächung der Denkmalpflege zu geben: Er hat bei der Budgetdebatte dem Antrag von Thiemo Hächler stattgegeben, das Budget des Amtes für Denkmalpflege und Archäologie um zusätzliche zehn Prozent zu kürzen. «Das war für viele wohl ganz überraschend», sagt Huser. «Nur so kann ich mir erklären, dass niemand dagegen gesprochen hat. Es dachten viele, der Antrag komme eh nicht durch. Das Ergebnis ist jedoch hoffentlich ein Weckruf für alle jene, die sich für die Denkmalpflege und den Heimatschutz einsetzen wollen.»

Motion sei gefährlich

Die Denkmalpflege sei für den Kanton wichtig, da Denkmäler Zeugen der Vergangenheit seien und zur Identität gehörten. «Denkmäler lösen Heimatgefühle aus. Das lässt sich nicht mit Geld bemessen», sagt Huser. «Wir müssen dafür sorgen, dass die Gesellschaft nicht entwurzelt wird. Man muss sehen können, was unsere Vorfahren gemacht haben.»

Die Motion sei im heutigen politischen Umfeld gefährlich, weil es erneut Mehrheiten im Kantonsrat zu Lasten der Denkmalpflege geben könnte, sagt Huser: «Deshalb erwarte ich vom Regierungsrat auch, dass er sich bei der Beantwortung der Motion mit dem Worst Case Szenario auseinandersetzt.»

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1 Kommentar
  • Profilfoto von GianWaldvogel
    GianWaldvogel, 10.12.2014, 14:51 Uhr

    Da preisen doch die Bürgerlichen und insbesondere die SVP immer wieder die Schweizer Kultur. Wenn es um viel Geld und «Eigentümerinteressen» geht, sind ebendiese Politiker plötzlich nicht mehr interessiert an historischen Bauten und intakten Altstadtquartieren.

    Hier geht es meiner Meinung nach vorallem darum, erhaltenswerte Bauten abzureissen und dann für gutes Geld teure Wohnungen in bester Lage zu bauen… Die Motionäre sagen ja selbst, dass sie für die Baubranche sprechen.

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