Skandal! Stadt Zug ist keine Dampferfreundin mehr

Ein Scheinskandal für die niederen Instinkte

Der Zuger Stadtrat lässt den Verein «Dampferfreunde Vierwaldstättersee» hängen, der jährliche Beitrag von 100 Franken wird gestrichen.

 

(Bild: Montage: wia)

Es sind gerade einmal 100 Franken, auf die die «Dampferfreunde Vierwaldstättersee» zukünftig verzichten müssen. Dass auch die Stadt Zug sparen will, sorgte schweizweit für Schlagzeilen. Würde man wieder so handeln? Und vor allem: Warum überhaupt sorgt eine nachvollziehbare Sparübung für Schlagzeilen? Der Stadtpräsident findet deutliche Worte.

Die Stadt Zug verzichtet künftig auf die Unterstützung des Vereins Dampferfreunde Vierwaldstättersee. Ob dieser Nachricht ging ein Raunen durch die Schweizer Medienlandschaft. Von der «Südostschweiz» über «20 Minuten» bis hin zu «Watson» berichteten Medien über diesen Sinneswandel. Zu recht? Gehen die Dampferfreunde nun unter, da ihnen die Zuger Millionen für die Wartung der Schiffe fehlen? Nichts dergleichen. Die Stadt Zug unterstützte den Verein bis anhin mit jährlichen sage und schreibe 100 Franken.

Die Kündigung erfolgte, so der Wortlaut der «Südostschweiz», «vor allem auch, weil in Zug niemand eine Ahnung hat, weshalb die Stadt dort überhaupt Mitglied war.» Stimmt. Zug liegt bekanntlich am Zugersee. Der Vierwaldstättersee ist 30 Kilometer entfernt. Aha. Ein plausibler Grund für einen Ausstieg also? Mitnichten. Zumindest, wenn man den Schlagzeilen glauben will.

Sparen extrem, Reputationsschaden und traurige Dampferfreunde

«watson» betitelt diesen Abstrich als «Sparen extrem», bei «20 Minuten» sucht man die Tränendrüse:«Zug spart 100 Franken – Dampfer-Freunde traurig». So traurig wohl, wie die Migros traurig ist, wenn wir unser Fitnessabo künden, und die SBB traurig ist, dass wir mit dem Velo zur Arbeit fahren. Das geht denen echt nah.

«Kündigung sorgt in Luzern für Irritation», weiss die «Neue Zuger Zeitung» dank ihrer Recherche. Und sie hat auch nachgefragt, ob die Stadt Zug nun einen Reputationsschaden befürchte. Stadtschreiber Martin Würmli sagt darauf: «Ein Reputationsschaden ist meines Erachtens nicht zu befürchten – umso mehr erstaunt es mich, dass diese Mitgliedschaft Thema in der Zeitung sein soll.» Ja, da wundern wir uns auch. Noch viel mehr wundern wir uns darüber, dass das Thema nun schweizweit ausgeschlachtet wird. Die Frage, die sich aufdrängt: Ist Zug bereits so sehr in Verruf geraten, dass jedes noch so läppische Mittel willkommen ist, Stadt und Kanton durch den Schlamm zu ziehen? Scheint so.

Sorgen Sie sich etwa um den Oberwalliser Schwarznasen-Schafzuchtverband?

Stellen wir uns vor, die Walliser Gemeinde Sion entscheidet sich, den Oberwalliser Schwarznasen-Schafzuchtverband nicht mehr mit jährlichen 100 Franken zu würdigen. (Den Verband gibt es tatsächlich.) Obwohl die Tierchen gar herzig sind und wir alle dafür sind, dass sie nicht ausgerottet werden, wäre uns Bündnern, Luzernern und Zugern diese Nachricht herzlich egal.

So sehen sie aus, die Schwarznasenschafe.

So sehen sie aus, die Schwarznasenschafe.

Auch der Zuger Stadtpräsident Dolfi Müller wundert sich über das Interesse der Medien. «Denn inhaltlich bewegen wir uns auf der Ebene der Casino-Balkönchen oder des Kirschtortenplatzes. Das sind wenig relevante Themen, die jedoch emotional sehr einfach zu bewirtschaften sind», erklärt er auf Anfrage. Dies nicht zuletzt, weil der Verein der Dampferfreunde Vierwaldstättersee als sehr positiv wahrgenommen werde.

Wie der Stadtschreiber hat auch der Stadtpräsident keine Angst, dass diese Geschichte an Zugs Ruf kratzen könnte. «Das Thema ist so nichtig, damit kann man der Reputation nicht schaden. Hier wird jedoch eine Geschichte erzeugt, welche die Reflexe der Bevölkerung bedient. Und die Idee, welche die Medien damit erzielen, ist: Ui, diese Stadträte, das sind schöne Webstübler. Die kommen nicht mal auf die Idee, bei den grossen Posten zu sparen.» Und das stimme ja partout nicht, fügt Müller an.

«In diesem Fall wurde ein Scheinskandal erzeugt. Meines Erachtens ist das nicht der Auftrag der vierten Gewalt.»

Dolfi Müller, Zuger Stadtpräsident

Der Stadtpräsident relativiert zudem: «Diese 100 Franken gründen in einer Entscheidung des Grossen Gemeinderates. Dieser hat uns das Budget der wiederkehrenden Ausgaben, etwa für Vereine, gekürzt. Will heissen: Dieses Geld ist nicht Bestandteil des offiziellen Sparpaketes, sondern eine Budgetkürzung.»

Zur ganzen medialen Aufmerksamkeit des Themas findet Müller klare Worte: «In diesem Fall wurde ein Scheinskandal erzeugt. Meines Erachtens ist das nicht der Auftrag der vierten Gewalt. Ich begrüsse es hingegen sehr, wenn die Medien den Finger auf Themen halten, die wirklich brennen.»

Übrigens: Das Zuger Unterhaltungs-Duo «Vater & Söhne» hat sich der Sache bereits angenommen und verspricht, die 100 Franken künftig zu übernehmen. Die Schweizer Bevölkerung darf folglich aufatmen, denn die Zukunft der Raddampfer ist gesichert.

(Bild: zvg)

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