Emotionaler Kampf um Chamer Spital

Andreasklinik: Pfister spricht von unwahren Behauptungen

Jean Luc Mösch (l.) ist vehement gegen den vom Regierungsrat initiierten Leistungsabbau in der Andreasklinik. Der Gesundheitsdirektor Martin Pfister sieht die Sache anders. (Bild: zvg Hirslanden Klinik)

Das Thema Gesundheitsversorgung ist ein heisses Eisen. Das zeigt sich aktuell um den Abbau von Spitalleistungen in der Andreasklinik Cham. Gegnerinnen und Gesundheitsdirektor Martin Pfister werfen sich gegenseitig vor, nicht ganz die Wahrheit zu sagen.

Es läuft gut für die IG Wahlfreiheit Kanton Zug. Die Interessengemeinschaft hatte sich im September formiert, weil sie fürchtet, dass mit der Spitalliste, welche aktuell vom Regierungsrat überarbeitet wird, massive Nachteile für die Bevölkerung in Ennetsee entstehen (zentralplus berichtete). Ein besonders grosser Stein des Anstosses: Die Absicht des Zuger Regierungsrates, der Zuger Andreasklinik den Auftrag für die Grund- und Notfallversorgung zu entziehen.

Die IG Wahlfreiheit hat vor rund einem Monat eine Petition gegen die Pläne lanciert. Mittlerweile sind bereits fast 4500 Unterschriften zusammengekommen (Stand 28. Oktober). 1367 Menschen haben ihren Missmut zudem schriftlich auf der Petitionsplattform geäussert. «Wir sind zuversichtlich, dass wir Ende der nächsten Woche die angestrebten 5000 Unterschriften unter Dach und Fach haben», sagt Jean Luc Mösch, Co-Präsident der IG.

Noch ist die Liste nicht in Stein gemeisselt

Die Veränderungen an der Spitalliste sind noch nicht in Stein gemeisselt. Der Beschluss, welche Massnahmen getroffen werden, hat der Regierungsrat – ihm obliegt die Entscheidungshoheit in dieser Sache – noch nicht gefällt. Dennoch ist die Diskussion bereits sehr emotional.

Mösch, der während der Unterschriftensammlung mit vielen Zugern in Kontakt kam, sagt: «Wir konnten feststellen, dass der Bevölkerung eine funktionierende Notfallversorgung unheimlich wichtig ist. Gerade auch im Hinblick darauf, dass die Region Ennetsee künftig stark wachsen respektive verdichtet wird.» Er weist auf das neue Papieri-Quartier hin, aber auch auf Baupläne in der Chollermühle sowie im Hünenberger Bösch.

«Verringert man die Versorgung in der Andreasklinik in Cham, steigt der Druck auf das Kantonsspital in Baar massiv», sagt Mösch. Er spricht von ungefähr 800 nichtambulanten Notfällen jährlich, die – sollte die Spitalliste wie geplant angepasst werden – nicht mehr in Cham behandelt werden können und demnach ausgelagert werden müssten.

«Die Verantwortlichen der Andreasklinik wissen, dass viele der Vorwürfe nicht zutreffen.»

Martin Pfister, Zuger Gesundheitsdirektor

Er fürchtet weiter, dass damit die Kapazität in Baar derart ausgelastet würde, dass das Kantonsspital ausbauen müsste. «Was wiederum der Steuerzahler begleichen müsste, da der Kanton Zug ja der Eigner des Zuger Spitals ist», so der Mitte-Kantonsrat und Präsident des Chamer Gewerbevereins. Er bezweifelt, dass die Stimmbevölkerung einer solchen Vorlage zustimmen würde.

Der Regierungsrat wünscht eine sachlichere Diskussion

Ein solches mögliches Szenario liegt in weiter Ferne. Noch ist ja nicht einmal die neue Spitalliste verabschiedet. Dass aber bereits eine derart hitzige Debatte ums Thema entfacht ist, bedauert Gesundheitsdirektor Martin Pfister: «Wir standen jahrelang im Austausch und in Diskussionen mit der Andreasklinik. Die Verantwortlichen dort wissen, dass viele der Vorwürfe nicht zutreffen.»

Die Existenz der Andreasklinik ist in keiner Weise gefährdet. Auch ein ambulanter Notfall in Form einer Permanence ist weiterhin ohne Einschränkung möglich.

«Es ist wichtig, dass keine falschen Behauptungen verbreitet werden.»

Martin Pfister, Zuger Gesundheitsdirektor

Ob es denn aufgrund des grossen Widerstands zur Debatte stehe, dass die angepasste Spitalliste rückgängig gemacht respektive abgespeckt wird? «Ende August wurde das rechtliche Gehör abgeschlossen. In dieser Phase hatten sowohl die Andreasklinik als auch die anderen betroffenen Spitäler die Möglichkeit, ihre Bedenken zu äussern.»

Derzeit sei man daran, die Anliegen und Fragen auszuwerten sowie neue Informationen zu prüfen, welche von den Spitälern nachgeliefert wurden. Dann entscheide der Regierungsrat. «Mehr gibt es im Moment nicht zu sagen.»

Eine gute Gesundheitsversorgung: Ja, aber …

Er ergänzt: «Es stimmt, bei der vorgesehenen Anpassung handelt sich um eine Konzentration der Leistungen. Doch das Gesundheitssystem verändert sich. Und wir müssen schauen, dass wir in diesen Veränderungen Antworten finden.»

Wichtig sei, dass die Zuger Bevölkerung und damit auch die Bevölkerung im Ennetsee die «bestmögliche Gesundheitsversorgung» bekomme. «Wir alle bezahlen jedoch auch Prämien und Steuern.» Dass sich die Chamerinnen für ihr Spital einsetzen, wertet er nicht als schlechtes Zeichen. «Doch ist es wichtig, dass keine falschen Behauptungen verbreitet werden», so der Gesundheitsdirektor.

IG wirft der Regierung undurchsichtige Kommunikation vor

Pfister bedauert, dass zum Thema keine sachliche Diskussion möglich sei. Dies sagt er mitunter im Hinblick auf die IG Wahlfreiheit. Dazu sagt Mösch: «Der Regierungsrat hat natürlich seine Sichtweise. Doch wie ich das beurteile, sind von diesem nicht die sachlich richtigen Argumente gekommen. Gerade zur Kostenstruktur. Der Gesundheitsdirektor hat nie dargelegt, was die konkreten Kostenfolgen der neuen Liste wären.» Mösch findet, dass dies bei einer sachlichen Diskussion hätte passieren müssen.

Verwendete Quellen
  • Telefonat mit Martin Pfister
  • Telefonat mit Jean Luc Mösch
  • Petition der IG Wahlfreiheit Kanton Zug
Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


2 Kommentare
  • Profilfoto von Mirjam
    Mirjam, 31.10.2022, 16:02 Uhr

    Der RR kann nicht von Anpassungen und Konzentrationen der veränderten Spitalliste sprechen und dann bei unerwarteten heftigen Reaktionen die beleidigte Leberwurst spielen. Offensichtlich fehlt bei ihm die Sachlichkeit und Transparenz.

    👍0Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎0Daumen runter
  • Profilfoto von Emil Schweizer
    Emil Schweizer, 31.10.2022, 07:14 Uhr

    Die Aussage Pfisters im drittletzten Abschnitt ist typisch, sie sagt genau gar nichts aus. So kann man nicht faktenbasiert diskutieren Herr Regierungsrat !

    👍0Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎0Daumen runter
Apple Store IconGoogle Play Store Icon