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Am 24. November wird in Baar ein neuer Gemeinderat gewählt. Vital Hotz möchte den Sitz des verstorbenen Mitte-Politikers Pirmin Andermatt verteidigen. Simon Uster will die Grünen zurück in die Exekutive bringen. zentralplus traf die beiden Baarer zum Gespräch.
Am 18. April 2024 verstarb der Baarer Gemeinderat Pirmin Andermatt (Mitte) unerwartet. Damit der politische courant normal wieder Einzug halten kann, muss der vakante Sitz besetzt werden. Beim ersten Wahlgang im September bewarben sich drei Männer: Vital Hotz (Mitte), Reto Leutenegger (FDP) sowie Simon Uster (ALG).
Niemand erreichte das absolute Mehr, weshalb es am 24. November zu einem zweiten Wahlgang kommt. Reto Leutenegger hat sich ausgeklinkt; es kommt also zum Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Hotz (49) und Uster (26). zentralplus hat den beiden Kandidaten bei einem Café Creme auf den Puls gefühlt.
zentralplus: Wir steigen ein mit einer einfachen Frage. Was mögen Sie an Baar?
Simon Uster: Baar ist meine Heimat und ein Ort, an dem ich mich wohlfühle. Man kennt sich und dennoch hat es die Vorzüge einer Stadt.
Vital Hotz: Das sehe ich genauso. Die Lage ist perfekt erschlossen, und doch ist Baar immer noch ein Dorf, in dem man miteinander reden kann. (Er blickt zu Uster.) Auch wenn wir zwei Konkurrenten sind, können wir freundschaftlich miteinander umgehen. Das schätze ich umso mehr, wenn ich mir die politischen Situation anderswo anschaue, etwa in Deutschland.
zentralplus: Was wird Ihre erste Amtshandlung sein, sollten Sie am 24. November in die Baarer Exekutive gewählt werden?
Hotz: Das wird tatsächlich speziell werden. So weit ich weiss, findet die erste Gemeindeversammlung am selben Tag statt, an dem auch die Vereidigung ist. Für mich ist es sehr wichtig, zuerst die Abteilung kennenzulernen, die mir zugeteilt wird.
Uster: Auch mir ist es wichtig, mich zuerst eingehend in die Materie einzulesen, um die Abläufe möglichst rasch zu verstehen. Danach erst werde ich mich einbringen.
zentralplus: Wo harzt es in Baar im Moment am meisten?
Die Antworten siehst du im Video.
zentralplus: Sie beide stehen mitten im Berufsleben. Vital Hotz, Sie führen mit der Auto Hotz AG Ihr eigenes Unternehmen. Simon Uster, Sie arbeiten bei der Zuger Polizei im Bereich Wirtschafts- und Cyberkriminalität. Was würde eine Wahl in den Gemeinderat diesbezüglich für Sie bedeuten?
Uster: Als Jurist ist es für mich gut möglich, nur 50 Prozent zu arbeiten. Zwar möchte ich in mittelfristiger Zukunft das Anwaltspatent machen, doch stehe ich diesbezüglich zeitlich nicht unter Druck.
Hotz: Für mich war dieser Aspekt tatsächlich nicht zu unterschätzen. Als ich von der Partei angefragt wurde, ob ich mir eine Kandidatur vorstellen könne, dachte ich zunächst, dass das zeitlich gar nicht machbar sei. Dann habe ich mit meiner Frau und meinem Team gesprochen und realisiert, dass ich das hinbekommen würde. Dies, indem ich etwa gewisse Prozente meines Pensums an die Mitarbeitenden übergebe, die mehr arbeiten möchten. Sie sind diesbezüglich sehr unterstützend.
zentralplus: Was bringen Sie in den Gemeinderat mit, was ihr Kontrahent nicht hat?
Uster: Sicherlich eine junge Sicht, die noch nicht im Gemeinderat vertreten ist. Auch aus juristischer Perspektive kann ich viel beitragen. Und natürlich verkörpere ich als Grüner Werte, die bis in die GLP geschätzt werden und welche bislang in der Baarer Exekutive fehlen.
Hotz: Umgekehrt ist es bei mir die Erfahrung. Ich habe eine Menge Lebenserfahrung gesammelt, habe Schicksale erlebt und Niederlagen. Auch als Unternehmer bringe ich viel Wissen mit. Zudem war ich 20 Jahre lang Experte bei Lehrabschlussprüfungen und kenne mich deshalb auch im Bereich der Bildung aus.
«Will man sich in einem Parlament Gehör verschaffen, braucht man Verbindungen zu Politikern.»
Vital Hotz (Mitte), Gemeinderatskandidat
zentralplus: Vital Hotz, Sie haben letzthin in einem Interview erwähnt, dass sie die Gemeindeversammlung gern stärken und verbessern würden. Wie das?
Hotz: Ich schätze die Gemeindeversammlung, da sich dort jeder und jede äussern kann. Will man sich in einem Parlament Gehör verschaffen, braucht man hingegen Verbindungen zu Politikern. Dennoch gibt es ein paar Punkte, die ich auch an der Gemeindeversammlung ändern möchte. Konkret würde ich gern die Kommissionsarbeit stärken und ausbauen. Weiter wäre es mein Wunsch, dass auch bei nicht motionsfähigen Themen eine Möglichkeit besteht, diese an der Gemeindeversammlung zu diskutieren und gegebenenfalls darüber abzustimmen, um ein Stimmungsbild der Bevölkerung zu erhalten. Das ist im Moment nicht möglich.
zentralplus: Simon Uster, Sie haben eine andere Haltung zum Thema ...
Uster: Ja. Für mich ist die Gemeindeversammlung nicht mehr zeitgemäss. In Baar leben über 25'000 Menschen. Nur ein Bruchteil davon ist bei der Gemeindeversammlung vertreten. Es ist leicht, eine Versammlung zu kapern, indem man eine Menge Leute für eine Sache mobilisiert. Das kann, im Fall von neuen Fussballplätzen oder einem neuen Pfadiheim, eine gute Sache sein. (Er schmunzelt) [Uster ist der Präsident der Pfadi Baar.] Dass jedoch nur rund 100 Leute über gewichtige politische Angelegenheiten entscheiden, finde ich fragwürdig. Daher würde ich ein schlankes Parlament begrüssen.
«Ich bin Offizier im Militär. Mein Vater ist GSoA-Mitglied.»
Simon Uster (ALG), Gemeinderatskandidat
zentralplus: Simon Uster, Sie sind der Sohn von Hanspeter Uster, der 16 Jahre im Regierungsrat sass. Auch er war Mitglied der Grünen und auch er war Jurist. Sie scheinen einen ähnlichen Weg einzuschlagen. Wollen auch Sie eigentlich in den Regierungsrat?
Uster: (Er schmunzelt.) Nun ja, heute ist es aufgrund des Majorzwahlsystems als Mitglied der ALG schwieriger, in den Regierungsrat gewählt zu werden. Abgesehen davon: Ich unterscheide mich in gewissen Dingen schon von meinem Vater. Ich bin Offizier im Militär. Mein Vater ist GSoA-Mitglied.
zentralplus: Sorgt das mitunter für Diskussionen zu Hause?
Uster: Nein, er ist stolz, dass ich diesen militärischen Weg eingeschlagen habe und sieht nun auch die positiven Aspekte an dieser Ausbildung.
«Dieser Weg war nicht geplant.»
Vital Hotz (Mitte), Gemeinderatskandidat
zentralplus: Vital Hotz, kamen auch Sie von klein auf mit der Politik in Berührung?
Hotz: Mein Vater war stets aktiv in Vereinen und auch in der Politik tätig, wenn auch «nur» im Vorstand der damaligen CVP. Wir waren eine typische CVP-Familie aus einfachen Handwerkern. Ich habe drei Brüder, und wir alle haben den handwerklichen Weg eingeschlagen. Trotzdem: Hätte mir jemand vor zwei Jahren gesagt, dass ich dereinst für den Gemeinderat kandidiere, hätte ich das kaum geglaubt. Dieser Weg war nicht geplant.
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zentralplus: Simon Uster, Sie sind erst 26 Jahre alt und haben Ihr Studium in den Rechtswissenschaften erst gerade abgeschlossen. Ich nehme nicht an, dass Sie das Gemeinderatsamt schon lange im Visier haben.
Uster: Nein. Niemand wusste, dass so etwas passieren würde [Anm. der Redaktion: Uster bezieht sich auf Pirmin Andermatts Tod]. Doch heutzutage muss man offen sein für vieles.
zentralplus: Wie meinen Sie das?
Uster: Die vielen Möglichkeiten und Ungewissheiten heutzutage können überfordernd wirken. Dadurch muss man viel stärker für sich herausfinden, was man überhaupt will. Ich etwa musste abwägen, ob ich als Gemeinderat kandidieren möchte oder doch lieber zuerst länger auf Reisen gehe oder aber das Anwaltspatent mache. Ich habe jedoch beschlossen, dass es für mich eine Ehre und Chance ist, für den Gemeinderat zu kandidieren.
zentralplus: Die Wohnungsnot ist in Baar deutlich spürbar. Was währen Ihre politischen Mittel dagegen?
Hotz: Es gibt nicht das eine Rezept, sonst hätte man es schon lange angewendet. Aus meiner Sicht gibt es viele Stellschrauben, die man drehen muss. Zum Einen bei den Wohnbaugenossenschaften, die es zu stärken gilt. Weiter bin ich für eine Vereinfachung von Bauverfahren und für weniger strenge Auflagen. Ebenfalls finde ich den Vorschlag interessant, dass Baarer bei der Wohnungssuche Vorrang haben sollen. Auch wenn das in der Umsetzung nicht einfach sein dürfte.
zentralplus: Wo sehen Sie Ansätze für eine Verbesserung der Wohnbausituation?
Uster: Ich sehe es ähnlich wie Vital Hotz. Zudem finde ich, der Gemeinderat muss bei Bebauungsplänen konsequent günstigen Wohnraum einfordern. Zudem müsste die Gemeinde eigene Bauprojekte an die Hand nehmen. Letztlich bin ich ausserdem überzeugt, dass auch die tiefen Steuern mitverantwortlich sind für die Wohnproblematik.
zentralplus: Herr Hotz, sie sind in der Autobranche tätig. Wo sehen Sie in Baar Handlungsbedarf in Sachen Mobilität?
Hotz: Die Gemeinde Baar muss eine Grundmobilität gewährleisten. Jeder sollte etwa Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln haben. Gleichzeitig müssen jedoch auch die Kapazitäten für Fussgänger, Velofahrerinnen sowie Autofahrer angepasst werden. Das alles braucht Raum und Platz. Ich fürchte jedoch, dass wir bevölkerungstechnisch langsam an unsere Grenzen stossen.
«Es braucht eine starke Zuger Polizei.»
Simon Uster (ALG)
zentralplus: Herr Uster, Sie sind bei der Polizei in der Abteilung für Cyber- und Wirtschaftsdelikte tätig. Gibt es Aspekte im Bereich Sicherheit, welche Ihnen in Baar Bauchweh bereiten?
Uster: Mit der Bevölkerung nehmen auch die Delikte zu. Es braucht eine starke Zuger Polizei. Und es braucht einen Plan, wie man diese aufbaut und keine «Pflästerlipolitik». Mit den tiefen Steuern ziehen wir viele Unternehmen an. Aus diesem Grund bescheren uns auch die Wirtschaftsdelikte viel Arbeit. Das braucht entsprechende Mittel.
zentralplus: Welche Orte oder Veranstaltungen würden Sie einem auswärtigen Gast bei seinem Besuch in Baar zeigen?
Uster: Wenn nicht gerade Chilbi ist, würde ich ihn zuerst auf den Schlaufensteg und dann in die Höllgrotten mitnehmen.
Hotz: Gäste eines Geschäftsanlasses würde ich ebenfalls an die von Simon Uster genannten Orte mitnehmen und zum Schluss noch eine Brauereibesichtigung anhängen. Ansonsten würde ich meine Gäste an die hiesigen Feste mitnehmen: an die Chilbi, die Fasnacht, gerne aber auch an ein Schülerturnier. Oder es gäbe einen Spaziergang vorbei am Früeberg Richtung Deibüel. Von dort hat man eine tolle Aussicht auf Baar.