«Die Stimmen, die jetzt laut werden, kommen sehr spät»
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Gegen die geplante Pilatusarena in Kriens regt sich Widerstand. Stadtpräsidentin Christine Kaufmann-Wolf erklärt, weshalb sie von der Gegenwehr überrascht ist – und inwiefern die Bevölkerung vom Grossprojekt inklusive Wohntürmen profitieren würde.
Die Pilatusarena im Kriens Mattenhof: Ein Grossprojekt, von dem schon lange gesprochen wird. Seit nunmehr zehn Jahren läuft die Planung für die Multifunktionshalle, die dereinst 4'000 Zuschauern Platz bieten soll, sowie das dazugehörige 110-Meter-Hochhaus. Das Vorhaben ist eigentlich bereits auf die Zielgerade eingebogen.
Doch kurz vor der Ziellinie erwuchs plötzlich erbitterter Widerstand. Ein Komitee mit dem Namen «Weniger ist mehr» will das Projekt an der Urne zu Fall bringen. Die Debatte wird teils emotional geführt. Am 29. November stimmen die Krienser darüber ab.
Wir haben die neue Stadtpräsidentin Christine Kaufmann-Wolf (CVP) gefragt, wieso das Vorhaben trotz der langen Planung gefährdet ist und wie sie mit den kritischen Stimmen zum Wachstum von Kriens umgeht.
zentralplus: Frau Kaufmann-Wolf, die Pilatusarena steht derzeit auf Messers Schneide. Wie konnte es so weit kommen?
Christine Kaufmann-Wolf: Das Projekt steht meiner Meinung nach nicht auf Messers Schneide. Aber es liegt in der Natur der Sache, dass man in dieser Frage geteilter Meinung sein kann. Fakt ist, dass sich der Einwohnerrat und alle Fraktionen für das Projekt ausgesprochen haben. Das gibt es nur höchst selten!
zentralplus: Im angelaufenen Abstimmungskampf zeigt sich, dass viele Leute in Kriens anscheinend nur mangelhaft über das Projekt informiert sind. Der fehlerhafte Flyer, der letzte Woche in die Briefkästen geflattert ist, ist nur ein Beispiel dafür (zentralplus berichtete).
Kaufmann-Wolf: Wie Sie richtig sagen, hat der Abstimmungskampf eben erst richtig begonnen. Die Meinungsbildung wird nun mit dem Eintreffen der Abstimmungsbotschaft ermöglicht. Diese enthält alle Fakten. Und sie hält sich strikte daran – sei es bezüglich des Projekts, der Finanzierung des Gebäudes oder der Rolle, die der Arena mit der öffentlichen Nutzung für das Quartier Mattenhof zugedacht wird.
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zentralplus: Offenbar wurden das Projekt, und insbesondere der erwartete Mehrwert, der Bevölkerung aber nicht gut genug erklärt. Sonst gäbe es wohl kaum solch grossen Widerstand. Gab es bei der Kommunikation Fehler?
Kaufmann-Wolf: Wir haben in Kriens ein System mit einem vom Volk gewählten Parlament. Dieses ist grundsätzlich für die jetzt vorliegenden Fragen zuständig. In diesem Parlament gab es bei der Schlussabstimmung nach einer intensiven Debatte und vielen kritischen Fragen eine Gegenstimme und zwei Enthaltungen. Da hat auch die Tatsache eine Rolle gespielt, dass die Initianten ihr Projekt nach der ersten Lesung aufgrund von Forderungen des Parlaments zugunsten von Kriens angepasst haben.
«Die Stadtplanung im Mattenhof hat die nötige Qualität, dass sich diese neue Facette von Kriens entwickeln kann.»
Mit dem Referendum kommt das Projekt jetzt auf eine neue demokratische Ebene. Nun muss man auch dort den richtigen Informationsstand schaffen. Das ist angesichts der hohen Komplexität des Projekts sehr anspruchsvoll und erfordert eine intensive Auseinandersetzung. Deshalb ist unsere Abstimmungsbotschaft auch sehr umfassend, weil sie alle Aspekte ausleuchten soll.
zentralplus: Dennoch scheint der Zeitpunkt dieser vertieften öffentlichen Auseinandersetzung recht spät zu sein. Immerhin wurde bereits zehn Jahre am Projekt gefeilt.
Kaufmann-Wolf: Was möglicherweise stimmt, ist die Tatsache, dass der Fokus der Kommunikation bisher zu sehr auf dem Innenleben der Halle lag. Auf Sport, Kultur und anderen Events. Es wurden alle möglichen Sportarten vorgestellt, die Interesse haben, hier Veranstaltungen und Meisterschaften durchzuführen. Hinzu kommt die Nutzung für die Schulen sowie für den Vereins- und den Hochschulsport.
zentralplus: Die Kommunikation war also zu einseitig?
Kaufmann-Wolf: Vielleicht ging bisher etwas vergessen, dass diese Halle auch eine Ausstrahlung hat. Ein «Leuchtturm» ist ja nicht nur ein Turm, er leuchtet auch. Er nimmt als Teil des Gesamtprojekts für das Quartier und am Bahnhof Mattenhof also eine wichtige Rolle ein. So eine Infrastruktur zieht Leute an: Besuchende der Events, Besuchende der umliegenden Infrastruktur wie Restaurants und Hotels, aber auch gewerbliche Unternehmen, die vom Event-Betrieb leben.
Und es gäbe auch eine spannende Gestaltung rund um die Arena, wo sich die Menschen treffen und begegnen können. Dazu wäre in der Nähe der Halle eine Freizeitanlage geplant, die aus den Mitteln der Mehrwertabschöpfung finanziert würde. Das wären ja wirklich sehr gute Perspektiven für das Quartier.
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zentralplus: Trotzdem scheinen Sie damit nicht überall zu punkten.
Kaufmann-Wolf: Wer das Projekt verhindern will, setzt natürlich nicht bei diesen Perspektiven an. Bereits auf dem Referendumsbogen wurden eher Ängste vor der Entwicklung geschürt, als dass man konkret argumentierte. «Zu hoch» oder «zu gross» deuten auf eine sehr subjektive Wahrnehmung hin. Wir zeigen jetzt die enorm komplexen Fakten, die Entwicklung des Projekts und deren zentrale Rolle für die Entwicklung des Mattenhof-Quartiers.
zentralplus: Dass Hochhäuser polarisieren, ist bekannt. Dennoch hat man von Anfang an keine Anstalten gemacht, an der Höhe etwas zu ändern.
Kaufmann-Wolf: Der Höhe des Wohnturms kann man skeptisch gegenüberstehen, das ist klar. Aber es braucht diese Höhe, wenn man die Halle ohne Steuergelder der Standortgemeinde baut. Dieses Erfolgsmodell hat man inzwischen übrigens auch an sehr vielen anderen Orten in der Schweiz angewandt.
Dass Sie mich richtig verstehen: Wir nehmen Äusserungen auch aus einer subjektiven Betrachtungsweise sehr ernst und gehen darauf ein. Nur wurden im Fall der Arena die Weichen vor 15 Jahren gestellt. Das Land ist eingezont, Teile des Areals Mattenhof sind gebaut und leben bereits als neuer Teil von Kriens. Das zeigt: Die Stadtplanung im Mattenhof hat die nötige Qualität, dass sich diese neue Facette von Kriens entwickeln kann.
«Nie gab es Anzeichen und Meldungen, dass sich grössere Bevölkerungsgruppen grundsätzlich gegen das Projekt stellen würden.»
zentralplus: Wenn man Gegnern des Projekts zuhört, bekommt man dennoch den Eindruck, dass sie das Gefühl haben, zu wenig mitgenommen worden zu sein.
Kaufmann-Wolf: Es gab viele Möglichkeiten, sich zur Entwicklung zu äussern. Es gab im Mattenhof ein Einzonungsverfahren für das Grundstück und zwei öffentliche Mitwirkungsverfahren. Nie gab es Anzeichen und Meldungen, dass sich grössere Bevölkerungsgruppen grundsätzlich gegen das Projekt stellen würden. Die Stimmen, die jetzt kurz vor der Ziellinie einer bald zehn Jahre dauernden Planung dagegen laut werden, kommen sehr spät.
zentralplus: Bei der Pilatusarena und der Weinhalde wird grundsätzliche Wachstumskritik laut. Wie gehen Sie damit um?
Kaufmann-Wolf: Wir werden uns überlegen müssen, wo wir bei künftigen Projekten die Bevölkerung in einer früheren Phase miteinbeziehen können. Wobei wir da immer im Dilemma stehen: Es wäre gar nicht möglich gewesen, alle Details des Projekts, wie wir sie heute kennen, schon vor zehn Jahren zu präsentieren. Ich hoffe deshalb, dass sich die Stimmen, die sich kritisch mit der Entwicklung von Kriens auseinandersetzen, in der nun anstehenden Revision der Ortsplanung einbringen. Dort kann die Entwicklung von Kriens für die kommenden 15 Jahre sehr direkt beeinflusst werden.
zentralplus: Dafür müssen Sie aber bestehende Ängste abbauen und das Vertrauen in die Politik wiederherstellen, das in den letzten Jahren unweigerlich gelitten hat. Wie gelingt Ihnen das?
Kaufmann-Wolf: Prozesse, wie sie aktuell bezüglich Bahnhof Kriens Mattenhof ablaufen, führen immer zu zwiespältigen Gefühlen. Veränderungen können Ängste auslösen. Und die müssen wir ernst nehmen. Wir reden hier über ein Gebiet, das bis vor wenigen Jahren gewerblich genutzt wurde, aber nicht effektiv zum Lebensraum Kriens gezählt wurde.
Plötzlich entsteht da jetzt ein neuer, moderner Stadtteil. In einer Verdichtung, die raumplanerisch zwar Sinn macht, die aber in der Dimension für viele Menschen hier völlig neu ist. Diesen Stadtteil müssen die Krienserinnen nun zuerst einmal kennenlernen.
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