Jungparteien drängen in den Luzerner Kantonsrat

«Die Jungen merken, dass ihnen die Zukunft genommen wird»

Jona Studhalter, Co-Präsident der Jungen Grünen Luzern.

(Bild: jal)

Jung, zahlreich und motiviert: Bei den Luzerner Kantonsratswahlen ist jeder dritte Kandidat noch keine 30 Jahre alt. Die rekordhohe Zahl überrascht, da ihre Wahlchancen tendenziell gering sind, wie viele selber einräumen. Doch besonders die Jungen Grünen geben Gas und hoffen auf den Exploit – auch dank dem Greta-Effekt.

Junge und Politik – Beziehungsstatus: kompliziert. So zumindest wird es oft kolportiert. Doch die anstehenden Kantonsratswahlen in Luzern zeugen vom Gegenteil. Noch nie bewarben sich so viele Kandidaten von Jungparteien für einen Sitz im Parlament. Würden alle gewählt, könnte man die 120 Sitze im Kantonsrat anderthalb mal besetzen. Da zudem auch auf der Liste der Mutterparteien oftmals Junge kandidieren, ist der Anteil der unter 30-Jährigen am gesamten Kandidatenfeld in den letzten Jahren auf einen Drittel angewachsen (siehe Grafik).

Dabei ist der Nachwuchs aller Parteien in unterschiedlichen Wahlkreisen am Start. Insgesamt haben die Jungparteien 15 Listen mit 178 Kandidaten und Kandidatinnen eingereicht.

Zukunft der Jungen steht zur Debatte

An vorderster Front stehen dabei die Jungen Grünen. Sie stellen mit 80 Kandidaten und Kandidatinnen beinahe die Hälfte aller Namen bei den Jungparteien. «Der Kanton Luzern hat eine rein bürgerliche Regierung und im Kantonsrat sitzt kaum jemand unter 30 Jahren», sagt Co-Präsident Jona Studhalter. «Da muss sich etwas ändern.» Diesen Wunsch verspüre er bei den Mitgliedern, deren Zahl in den letzten Jahren stark gewachsen sei. 

«Wir Jungen sind es, die am längsten mit den Konsequenzen der aktuellen Politik leben müssen.»

Lorena Stocker, Präsidentin Juso

Dass die Jugend für grüne Politik einsteht, zeigten zuletzt die Klimademos. Auch in Luzern gingen im Februar rund 2’000 Menschen auf die Strasse. Kann man also – in Anlehnung an die schwedische Aktivistin – von einem Greta-Thunberg-Effekt sprechen? «Wir sind nicht wegen Greta so stark geworden», sagt der 23-jährige Studhalter nach einer kurzen Pause. «Aber was uns mit ihr verbindet: Die Jungen merken, dass ihnen mit der aktuellen Politik die Zukunft weggenommen wird.» Bewegungen wie der Klimastreik würden viele Junge mobilisieren.

Ähnlich äussert sich auch Lorena Stocker, Präsidentin der Luzerner Jungsozialisten, die mit über 40 Kandidaten in drei Wahlkreisen punkten wollen. Die Juso spüre ebenfalls, dass viele Junge anfangen, sich für Politik zu begeistern – und merken, dass sie etwas verändern können. «Das ist sehr wichtig, weil wir Jungen sind es, die am längsten mit den Konsequenzen der aktuellen Politik leben müssen», so die 21-Jährige.

 

 

Doch nicht nur die Jungen Grünen mischen bei den anstehenden Wahlen in Luzern mächtig mit. Auch die Junge CVP tritt in vier der sechs Wahlkreise mit eigener Liste an. «Das grosse Interesse kommt daher, dass aktuell viele Themen auf dem politischen Parkett stehen, die uns Junge stark betreffen oder interessieren», sagt Präsident Elias Meier. Der 28-Jährige nennt als Beispiele die Umwelt, Energiefragen oder die Altersvorsorge.

«Wenn eine Jungpartei einen Sitz gewinnen würde, wäre das schon sehr aussergewöhnlich.»

Elias Meier, Präsident JCVP

Eine wichtige Rolle spielen laut Elias Meier auch junge Aushängeschilder der Politik. Solche habe es in den letzten Jahren vermehrt gegeben, sagt er und erwähnt nebst den Präsidenten der Schweizer Jungparteien auch Luzerner wie etwa Tobias Käch, ehemaliger Präsident der JCVP und vor zwei Jahren Präsident des Emmer Einwohnerrats. «Wenn junge Politiker aktiv sind, erreichen sie damit auch andere Junge.»

Wie gross sind die Chancen?

Damit die Jungparteien am 31. März jubeln können, braucht es aber nicht nur Leute auf der Liste, sondern Stimmen. Dass U30-Kandidaten den Sprung ins Parlament schaffen, ist an sich nicht selten. Doch in der Regel gelingt das nur auf der Liste der Mutterparteien. Zurzeit hat keine Jungpartei im Kantonsrat einen eigenen Sitz. In den 1990er-Jahren war die JCVP im damaligen Grossen Rat vertreten, flog aber 1999 im Zuge der Verkleinerung des Parlaments von 170 auf 120 Sitze raus. Letztmals schaffte es 2011 mit der Juso eine Jungpartei, ein Mandat zu erobern: Der damals 26-jährige Hasan Candan wurde im Wahlkreis Luzern-Stadt gewählt – doch nach vier Jahren verloren die Jungsozialisten den Sitz wieder.

Diesen will die Juso im Frühling 2019 wieder zurückerobern. Dass der Wahlkreis Luzern-Stadt aufgrund der Bevölkerungszahlen einen Sitz an Sursee verliert, dürfte die Sache nicht einfacher machen. Das weiss auch Juso-Präsidentin Lorena Stocker. «Uns ist bewusst, dass die Chancen realistischerweise nicht sehr gross sind, doch wir müssen und wollen es probieren.» Zudem gehe es auch darum, mit dem Wahlkampf die SP zu stärken.

Elias Meier, Präsident der Jungen CVP, und Juso-Präsidentin Lorena Stocker.

Elias Meier, Präsident der Jungen CVP, und Juso-Präsidentin Lorena Stocker.

(Bild: zvg)

«Wenn eine Jungpartei einen Sitz gewinnen würde, wäre das schon sehr aussergewöhnlich», sagt auch JCVP-Präsident Elias Meier angesichts der Ausgangslage. «Doch selbstverständlich treten wir mit dem Ziel zu den Wahlen an, einen eigenen JCVP-Sitz zu holen.» Das Resultat sei aber nur ein Aspekt bei den Wahlen. Ihm geht es auch darum, dass die CVP dank dem Einbezug aller Generationen eine möglichst breite Palette an drängenden Themen aufnimmt. «Wir können den Blickwinkel der Jungen nur in die Diskussion einbringen, wenn wir uns engagieren.»

Deutlich ambitionierter treten hingegen die Jungen Grünen auf. Sie streben je einen Sitz in Luzern-Land und Luzern-Stadt an. Jona Studhalter sagt selbstbewusst: «Wir müssen uns nicht verstecken. Das Bedürfnis nach einer Vertretung der Jungen ist vorhanden.» Die Chancen erachtet er als intakt. Nicht zuletzt, weil mehrere Zugpferde nicht auf einer Liste der Mutterpartei kandidieren, wie das bei anderen Parteien oft der Fall ist.

Regierungsratswahlen ohne Jungparteien

Ein Zugpferd schaffen sich Parteien jeweils auch mit ihren Regierungsratskandidaten. Doch so gross das Interesse der Jungen am Kantonsrat auch: Für die Regierung stellt dieses Jahr keine einzige Jungpartei eine Kandidatur.

«Hätten die Grünen einen alten Mann vom Land aufgestellt, sähe die Situation anders aus.»

Jona Studhalter, Co-Präsident Junge Grüne

Anders als noch vor vier Jahren verzichten diesmal auch die Jungen Grünen darauf, weil niemand die nötigen Ressourcen für den intensiven Wahlkampf aufbringen konnte, sagt Jona Studhalter. Es liegt aber auch am Ticket der Grünen. «Mit Korintha Bärtsch haben wir eine Kandidatin, die unseren Vorstellungen entspricht und uns im Kanton Luzern gut vertreten würde», sagt Studhalter. «Hätten die Grünen einen alten Mann vom Land aufgestellt, sähe die Situation anders aus.»

Mühe mit dem Kandidaten der Mutterpartei bekundete demgegenüber die Juso (zentralplus berichtete). Trotzdem verzichtet auch sie mangels Erfolgsaussichten auf eine Kandidatur.

Überblick über die Listen der Jungparteien für die Kantonsratswahlen 2019:

 

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