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Seit Mittwoch ist dem Kantonsrat und den Medien bekannt, wo Luzern in den nächsten Jahren 210 Millionen Franken sparen will. Öffentlichkeit und Betroffene aber sollen erst in vier Wochen erfahren, wo die Regierung den Rotstift ansetzen will. Kann eine so lange Geheimhaltung bei rund 150 involvierten Personen funktionieren? Immerhin fand auch der geheime Bericht zur Polizeiaffäre den Weg an die Öffentlichkeit, und dieser wurde nur gerade 15 Kantonsräten ausgehändigt.
In einem Büchlein, das über 100 Seiten dick ist, sind die Sparmassnahmen schwarz auf weiss abgedruckt. Es handelt sich um die Botschaft des Regierungsrates an den Kantonsrat und die Medien. Es geht um viel Geld. 210 Millionen Franken sollen in den nächsten drei Jahren eingespart werden, geplant sind insgesamt 61 Massnahmen (zentral+ berichtete).
In welchen Bereichen diese Pläne umgesetzt werden sollen, bleibt aber vorerst geheim. Die Vorlage ist vertraulich und obliegt einer Sperrfrist bis Ende Oktober. Dann erst will der Kanton an die Öffentlichkeit gehen, zusammen mit dem Aufgaben- und Finanzplan (AFP) 2015–2018. Dieser ist der Grund, dass so lange nur hinter verschlossenen Türen diskutiert werden kann. Denn der AFP 2015–2018 ist noch nicht fertig. Die Budget und Sparmassnahmen sind direkt miteinander verknüpft (siehe Box).
Vertraulichkeit nicht immer gewährt
Dennoch: Die lange Sperrfrist erstaunt. Noch nicht einmal ein Jahr ist es her, als der vertrauliche Schlussbericht von Jürg Sollberger zur Luzerner Polizeiaffäre über das Fernsehen den Weg in die Öffentlichkeit fand. Involviert waren damals gerade einmal etwa 15 Personen. Obwohl im Zuge der Ermittlungen alle Kantonsräte vom Amtsgeheimnis entbunden wurden, musste die Untersuchung wegen Amtsgeheimnisverletzung letzten Mai ergebnislos eingestellt werden (siehe verwandte Artikel am Ende des Textes).
Am 4. November ist eine Sondersession des Kantonsrats einberufen, in der über die Botschaft diskutiert wird. Der Regierungsrat hat die Botschaft schon diese Woche verschickt, damit sich die Kantonsräte auf die Sondersession vorbereiten und über den Inhalt der Botschaft diskutieren können. Ein Datum für die Pressekonferenz, an der die Botschaft und der AFP 2015 – 2018 der Öffentlichkeit vorgestellt werden, gibt es noch nicht. Fest steht jedoch, dass sich die Sperrfrist auf rund einen Monat belaufen wird.
«Unüblich lange Medien-Sperrfrist»
Das Risiko, dass Inhalte der Botschaft vom Regierungsrat im laufenden Monat an die Öffentlichkeit sickern werden, ist durchaus vorhanden. Schliesslich geht es um viel Geld. Dominique Strebel, Studienleiter an der Schweizer Journalistenschule maz und Dozent für Recherche, stützt diese Einschätzung: «Mit einer so langen Dauer riskiert die Behörde, dass die Sperrfrist gebrochen wird.» «Bei einem komplexen Bundesgerichts-Urteil ist eine Sperrfrist von drei bis vier Tagen normal», fügt Strebel an und setzt die unüblich lange Sperrfrist der Botschaft in eine Relation.
Trotzdem zeigt sich die Luzerner Staatskanzlei optimistisch: «Bei einer Sperrfrist handelt es sich um ein Gentlemen’s Agreement, mit welchem wir in der Vergangenheit sehr positive Erfahrungen gemacht haben», entgegnet Philipp Berger von der Staatskanzlei. Dass die Politiker die Botschaft rund einen Monat vor der Session erhalten, ist üblich und für die Fraktionspräsidenten verständlich. Dass hingegen Journalisten eine so lange Sperrfrist auferlegt wird, ist laut Strebel nicht normal und riskant.
Grund im Gesetz zu finden
Freiwillig geschieht dies nicht. Der Grund, weshalb der Regierungsrat die Journalisten so früh informiert, ist im Kantonsrats-Gesetz zu finden. Dieses besagt, dass akkreditierte Medien zur selben Zeit wie die Kantonsräte informiert werden müssen.