Pendenzen stapeln sich 2018 wie selten

«Desaströse Situation» im Luzerner Stadtparlament

Daniel Furrer ist seit diesem Sommer Präsident des Grossen Stadtrates von Luzern.

(Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Stau im Luzerner Stadtparlament: Weil aus Zeitgründen in der letzten Sitzung alle parlamentarischen Vorstösse liegen blieben, nimmt der Rat fünfmal mehr Geschäfte mit ins 2019 als vor Jahresfrist. Ratspräsident Daniel Furrer erklärt die Gründe – und sagt, wieso ihm die Hände gebunden sind.

Der Jahreswechsel ist immer auch mit einem Neustart verbunden. Beim Luzerner Stadtparlament stapeln sich hingegen die Altlasten. 15 hängige Vorstösse nimmt der Grosse Stadtrat mit ins neue Jahr. Sie alle konnten an der letzten Sitzung aus Zeitgründen nicht mehr behandelt werden.

Das ist ein Vielfaches der üblichen Menge. In den letzten zehn Jahren konnte das Stadtparlament im Dezember in der Regel reinen Tisch machen und alle Geschäfte abschliessen. Wenn doch noch etwas anfiel, wie in den beiden Vorjahren, handelte es sich nur um jeweils zwei beziehungsweise drei Vorstösse.

Nun sind es fünfmal mehr. Ratspräsident Daniel Furrer sprach am Ende der letzten Sitzung mit Blick auf die lange Liste denn auch von einer «desaströsen Situation».

Ratspräsident nennt mehrere Gründe

Die Formulierung sei als Witz gemeint gewesen, sagt Furrer am Tag danach. «Aber es stimmt schon, dass sich die Geschäfte aufgestaut haben.» Die Gründe dafür ortet er zum einen im System: «Jeder Vorstoss, der parat ist, gelangt auf die Traktandenliste, egal, wie lange diese dadurch ausfällt.»

Zum anderen standen zuletzt intensive Debatten über grosse Themen auf dem Programm, wie am letzten Donnerstag die Bahnhofstrasse oder die Subventionsverträge (zentralplus berichtete). Und diese Geschäfte des Stadtrates werden gegenüber Vorstössen aus den Fraktionen jeweils priorisiert.

Hier bodigen SP, Grüne und GLP im Luzerner Stadtparlament gerade das Projekt Parkhaus Musegg. (Bild: lwo)

Das Stadtparlament hat zuletzt lang über einzelne Themen diskutiert. (Archivbild: lwo)

Dennoch: Einzelne Geschäfte sind bereits seit November in der Warteschlaufe, etwa ein Vorstoss der SP für kostenlose Einbürgerungen für Jugendliche oder eine Motion zum Thema Parkplatz-Sharing. Ein akutes Problem sieht Daniel Furrer darin aber nicht. Denn die vorgeschriebene Frist, innert der ein Vorstoss behandelt werden muss, sei in allen Fällen eingehalten.

Und auch thematisch drängt sich kein Thema derart auf, dass die Verschiebung Schwierigkeiten verursachen würde. «Sonst hätte ich das natürlich vorgezogen», sagt der SP-Grossstadtrat. Eine Sondersession ist deshalb kein Thema.

Einfluss der Wahlen?

Klar ist aber auch: Die Bevölkerung wird es kaum goutieren, wenn wichtige Themen in der Warteschlange verharren. Das zeigte sich zuletzt bei der Neugestaltung der Bahnhofstrasse, wo sich der Stadtrat einige Kritik anhören musste, weil fünf Jahre nach der Abstimmung noch nichts davon zu sehen ist (zentralplus berichtete).

Auch Daniel Furrer begrüsst es, wenn gewisse der hängigen Themen bald behandelt werden, beispielsweise die Forderung nach einer Vision zum Luzerner Tourismus. Das dürfte im Januar der Fall sein. Der 48-Jährige ist optimistisch, dass dann auch die lange Traktandenliste vollständig abgearbeitet werden kann. Denn über die Feiertage zum Jahreswechsel erarbeitet die Stadtverwaltung in der Regel nicht allzu viele neue grosse Sachgeschäfte, die im Januar ins Parlament kommen.

Zwar rechnet Furrer damit, dass die Parteien aufgrund der kantonalen Wahlen Ende März 2019 in nächster Zeit mehr Vorstösse einreichen, um ihre Themen auf den Radar der Öffentlichkeit zu heben. Doch bis diese parat sind für die Beratung im Parlament, dürfte der Urnengang bereits vorüber sein – und die Traktandenliste wieder etwas kürzer.

Eine spezielle Sitzung steht an

Dass es im Januar vorwärtsgeht, ist auch aus einem anderen Grund wichtig: Im Februar wird es voraussichtlich eine spezielle – und auf jeden Fall kürzere – Sitzung geben. Wie angekündigt, will Daniel Furrer diese nämlich nicht wie üblich tagsüber, sondern am Abend ansetzen. Der Grund: Auch wer tagsüber arbeitet, soll die Gelegenheit haben, die Diskussionen im Stadtparlament mal hautnah zu verfolgen (zentralplus berichtete).

«Ich habe keine Mittel, um jemandem vorzuschreiben, mit dem Reden aufzuhören.»

Zwar ist jede Sitzung des Stadtparlaments öffentlich. Abgesehen von einer Handvoll Direktbetroffener finden aber jeweils kaum Interessierte den Weg ins Rathaus. Anders war es diesen Donnerstag, als die Besucherreihe zeitweise vollständig besetzt war. «Das war schön zu sehen», sagt Furrer, der seit letztem August die Sitzungen des Parlaments leitet. «Aber um das Interesse nachhaltig zu wecken, braucht es sicher seine Zeit.» 

Für die Abendsitzung im Februar ortet Furrer indes noch ein paar «logistische Herausforderungen». Denn im Saal hat es nur wenige Plätze für Zuschauer. Und ob die geplante Videoübertragung in einen anderen Raum zustande kommt, ist wegen des budgetlosen Zustandes noch offen.

Zurück zur Pendenzenliste. Fasst Daniel Furrer für 2019 den Vorsatz, die Sitzungen mit mehr Tempo durchzupeitschen? Der Ratspräsident lacht. «Ich würde das gerne machen», sagt er. Doch anders als im Kantonsrat gibt es im Grossen Stadtrat keine Redezeitbeschränkung. «Ich habe deshalb keine Mittel, um einzugreifen und jemandem vorzuschreiben, mit dem Reden aufzuhören.»

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