Der zweite Wahlgang in Luzern steht an – das musst du wissen
Fünf Kandidaten kämpfen im zweiten Wahlgang um den Einzug in die Luzerner Regierung. Die Linke will nach acht Jahren wieder zurück in die Exekutive – die GLP hält dagegen. Ein Politologe ordnet ein.
2015 trat Yvonne Schärli aus dem Luzerner Regierungsrat zurück. Ihre Partei, die SP, schaffte es daraufhin nicht, den Sitz zu verteidigen. Kandidatin Felicitas Zopfi blieb im zweiten Wahlgang deutlich hinter ihren Konkurrenten zurück. Und auch vier Jahre später verpassten die Linken – dieses Mal im zweiten Wahlgang mit der Grünen-Kandidatin Korintha Bärtsch – den Wiedereinzug in das fünfköpfige Gremium.
Bald könnte die achtjährige Phase der rein bürgerlichen Luzerner Regierung vorbei sein (zentralplus berichtete). Heute Sonntag findet der zweite Wahlgang statt. Bereits gewählt sind Fabian Peter (FDP), Reto Wyss und Michaela Tschuor (beide Mitte, zentralplus berichtete). Um die zwei verbleibenden Sitze kämpfen Armin Hartmann (SVP), Claudia Huser (GLP), Ylfete Fanaj (SP), Chiara Peyer (Junge Grüne) und Jürgen Peter (parteilos) – wobei gemeinhin davon ausgegangen wird, dass Peyer und Peter chancenlos sind, da sie schon im ersten Wahlgang auf den letzten Plätzen landeten.
Hartmann kann SVP-Sitz wohl verteidigen
Für den Politologen Reto Mitteregger ist «ziemlich klar, dass Armin Hartmann gewählt wird. Es wäre ein kleines Wunder, wenn er es nicht schafft.» Der Grund: Hartmann wird neben seiner eigenen Partei – die am Wähleranteil gemessen zweitstärkste im Kanton – auch von der Mitte und der FDP unterstützt. «Da er die Wahl im ersten Wahlgang nur wegen knapp 4000 Stimmen verpasste, sollte er nun komfortabel gewählt werden.» Er könnte damit den Sitz der SVP, den diese der SP vor acht Jahren mit Paul Winiker abjagte, verteidigen.
«Die SP hat einen leichten Vorteil, weil das linke Lager voraussichtlich geschlossen Fanaj und Peyer wählen wird.»
Reto Mitteregger, Politologe
Anders ist die Ausgangslage für den letzten Sitz: «Hierzu eine definitive Prognose zu treffen, käme Kaffeesatzlesen gleich», sagt Politologe Mitteregger, der an der Uni Zürich doktoriert. Denn es gebe keine Umfragedaten dazu, welche Wahlabsichten die Wähler im Kanton Luzern vor dem zweiten Wahlgang haben. Trotzdem sagt er: «Die SP hat einen leichten Vorteil, weil das linke Lager voraussichtlich geschlossen Fanaj und Peyer wählen wird. Die Strategie, mit Chiara Peyer eine zweite linke Kandidatin zu nominieren, war diesbezüglich strategisch geschickt.»
Hinzu komme die Wahlempfehlung der Mitte. Zur Erinnerung: Die grösste Luzerner Partei beschloss an ihrer Delegiertenversammlung, Ylfete Fanaj zu unterstützen. Die GLP-Kandidatin Claudia Huser hatte das Nachsehen (zentralplus berichtete). «Eine solche Wahlempfehlung ist nicht zu unterschätzen, gerade angesichts der Relevanz der Mitte-Partei im Kanton Luzern.»
Ein dritter Grund, der für die SP-Frau spreche, sei die Konkordanz und damit die Einbindung sämtlicher politisch relevanten Meinungen im Regierungsrat. «Es gibt auch bei vielen nicht-linken Wählern ein grundsätzliches Einverständnis für eine konkordant zusammengesetzte Regierung, welche damit den rechnerisch gegebenen Sitzanspruch der linken Parteien anerkennen.»
GLP-Kandidatin mit schwerem Stand in der Stadt Luzern
Doch es gebe auch Gründe für eine Wahl von Claudia Huser. «Gerade in der FDP und SVP gibt es viele Personen, die keine linke Vertretung im Regierungsrat möchten. Deswegen dürften einige von ihnen, auch wenn die Parteien selber keine Wahl empfehlen, die ihnen ideologisch näherstehende GLP-Kandidatin neben Armin Hartmann wählen. Diese Wähler werden das Zünglein an der Waage spielen.»
Dennoch sei klar: Nur wenn Huser es schaffe, die Bevölkerung auf dem Land besser zu mobilisieren als Fanaj die urbane, habe sie Chancen, gewählt zu werden. In den ländlicheren Wahlkreisen lagen die beiden Kandidatinnen meist nur ein paar Hundert Stimmen auseinander, gibt er zu bedenken. Doch in der Stadt Luzern habe Huser einen sehr schweren Stand: «Im ersten Wahlgang erhielt sie von allen elf Kandidierenden in der Stadt am drittwenigsten Stimmen. Sogar in der nicht gerade als SVP-Hochburg bekannten Stadt Luzern erhielt sie im ersten Wahlgang weniger Stimmen als Armin Hartmann. Ylfete Fanaj war in der Stadt dafür die mit Abstand erfolgreichste Kandidatin.»
An diesem Sonntag wird im Kanton Luzern nur über die Zusammensetzung des Regierungsrats entschieden. Es finden anders als beispielsweise vor vier Jahren keine sonstigen nationalen oder kantonalen Abstimmungen statt. «Die generelle Mobilisierung wird voraussichtlich also nicht sehr gross sein», sagt Reto Mitteregger. Doch wem diese voraussichtlich tiefe Wahlbeteiligung helfe, sei unklar. «Das hängt schliesslich davon ab, wer sich beteilige, also davon, ob beispielsweise die Stadt- oder Landbevölkerung eher an die Urne geht.»
Hinweis: Der Artikel wurde erstmals am 4. Mai publiziert. Weil an diesem Sonntag der zweite Wahlgang bevorsteht, hat zentralplus den Text aus dem Archiv geholt und kleinste Anpassungen bei den Zeitangaben vorgenommen.
- Telefongespräch mit Politologe Reto Mitteregger
- Resultate erster Wahlgang
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Marie-Françoise Arouet, 14.05.2023, 09:32 Uhr Schon wieder dieser „Politologe“ Mitteregger, der eigentlich noch nie Substanzielles zu sagen wusste. Diesmal: „Die SP hat einen leichten Vorteil, weil das linke Lager voraussichtlich geschlossen Fanaj und Peyer wählen wird.“ Jaja, bloss: Was bedeutet im Kanton Luzern schon „das linke Lager“?
👍1Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎1Daumen runterWähler, 04.05.2023, 06:19 Uhr Für den Kanton Luzern kann man (Frau) nur hoffen das es Bürgerlich bleibt.
👍1Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎5Daumen runterMarie-Françoise Arouet, 04.05.2023, 08:09 Uhr Ausserhalb der Blase im Umkreis von 200 Metern um den Bundesplatz zweifelt daran auch niemand. Dann wird Frau Fanay im Herbst eine tüchtige Nationalrätin und Herr Roth kann endlich fertig studieren.
👍1Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎8Daumen runterKommentarschreiber, 04.05.2023, 08:27 Uhr @Wähler
Eher werden Frauen zu Päpsten, als dass der Kanton Luzern «links» wird. Und logisch, mit einer linken Regierungsrätin, wäre dieser dann nicht mehr bürgerlich….👍2Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎0Daumen runterstefan holzer, 04.05.2023, 09:20 Uhr Warum? Was soll gut daran sein, wenn nur ein Teil des politischen Spektrums regiert? Bitte erläutern.
👍6Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎0Daumen runterMarie-Françoise Arouet, 04.05.2023, 13:13 Uhr Als in der Luzerner Regierung noch sieben Herren sassen und die „Mitte“ noch „CVP“ hiess, pflegte diese die absolute Mehrheit zu haben und all ihre vier Regierungskandidaten im ersten Wahlgang durchzubringen. Sie hätte auch alle sieben durchgebracht. Aus Freundlichkeit offerierte sie zwei Sitze der FDP (um die Stadt einzubinden) und einen der SP (um den Genossen die Illusion der Teilhabe zu geben). Die heurige Wahlempfehlung ist ein kleiner Abglanz dieser heroischen Zeiten. Ansprüche bestehen nun mal nicht, auch wenn immer wieder davon geredet wird, was bloss den Versuch darstellt, die Demokratie mittels Quoten auszuhebeln.
Im Übrigen war die Schweiz wahrscheinlich in den frühen Zeiten des Bundesstaates, also mit der Diktatur der Liberalen (FDP) am erfolgreichsten.
Hoppla! Analyse, nicht Postulat.👍0Gefällt mir👏0Applaus🤔2Nachdenklich👎5Daumen runterPSCHT, 05.05.2023, 01:07 Uhr Jaja früher war alles besser und so. Den «Seich» kennen wir langsam zur Genüge. Nur leider taumeln nicht alle in der Vergangenheit herum. Das Leben findet im Jetzt und Hier statt und wir gestalten die Zukunft nicht das Gestern. Das dies zu erkennen und zu akzeptieren einigen schwer fällt ist völlig normal. Aber auch die pefekten schweizer Uhren laufen vorwärts, daran kann man rütteln und schütteln wie man will, verändert wird nur das Tempo, denn das Ziel ist klar, der Weg ist beschlossen. Und wir gehen ihn zusammen.
👍4Gefällt mir👏0Applaus🤔1Nachdenklich👎0Daumen runtertore, 05.05.2023, 09:22 Uhr Ein paar Anmerkungen:
Ich denke, dass das Einbinden der Liberalen nicht Ausdruck von Freundlichkeit war – zumindest nicht nur.
Beim Einbinden der SP dann von «Illusion der Teilhabe» zu sprechen … nun; Teilhabe war gegeben. Wie stark die ausfiel, lag an den RR-Mitgliedern der anderen Parteien. Es wäre spannend (aber nicht ganz einfach), zu analysieren, inwieweit die SP Einfluss nehmen konnte. Wäre ein spannendes und aufschlussreiches Unterfangen für eine Diss.
Zur «Diktatur der Liberalen»: Der Begriff Diktatur ist anders besetzt und scheint mir für eine «Analyse», wie Sie Ihren Beitrag bezeichnen, nicht wirklich gerechtfertigt. Aber bemerkenswert ist schon, was die Liberalen (die ursprünglich Oppositionellen, Linken) damals zustande brachten.
Und zuletzt: Liberal ist und war in keinster Weise FDP.👍3Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎1Daumen runterManuel, 05.05.2023, 09:32 Uhr Genau, der Hobbyhistoriker hat gesprochen, bitter.
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Wähler, 05.05.2023, 02:20 Uhr Weil bei Frau Ylfete Fanaj vor allem Frauen und linke Kreise profitieren. So wie ich erlebt habe: meine Ex-Frau bekam bei der FABIA Unterstützung und Hilfe, ich wurde als Mann negativ beurteilt und im Regen stehen gelassen, obwohl ich für die Kinder aufgekommen bin. Aber natürlich Fragen sie jetzt, was hat Frau Fanaj mit FABIA? Sie war dort eine leitende Angestellt.
👍0Gefällt mir👏1Applaus🤔0Nachdenklich👎4Daumen runtertore, 05.05.2023, 09:25 Uhr Dass Sie «negativ beurteilt» wurden, tut mir leid für Sie. Aber wurde die Einschätzung von Frau Fanaj vorgenommen?
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Christian Scherrer, 04.05.2023, 09:33 Uhr Evolutionsbremser*innen wählen Evolutionsbremser*innen!
👍2Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎1Daumen runtertore, 04.05.2023, 10:01 Uhr Links-Grün ist im Kt. Luzern klar in der Minderheit, auch wenn Frau Fanaj gewählt würde. Im Regierungsrat wären dann immer noch vier Politiker*innen der Mitte und der Rechten vertreten.
Eine Frau aus der SP hat somit wenig «direkte» Macht, kann aber (und das finde ich entscheidend) andere Sichtweisen ins Spiel bringen. Und das ist für eine Demokratie sehr wertvoll.Noch zum Begriff «bürgerlich»: Der ist sehr in die Jahre gekommen und ist sehr sperrig, weil ja alle unabhängig von sozialer Herkunft, religiöser und politische Einstellung Bürger des Staates sind.
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