Luzerner Spardirektor räumt Fehler ein

«Der bisherige Prozess hat nicht funktioniert»

Marcel Schwerzmann gibt den Medien nach den Regierungsratswahlen Auskunft. «Dank» der schwierigen finanziellen Lage des Kantons dürfte er auch künftig im Rampenlicht stehen. (Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Nach der heftigen Budgetdebatte im Kantonsrat räumt Säckelmeister Marcel Schwerzmann Fehler in der Kommunikation ein. Und er macht klar, dass auch in Zukunft nur eins angesagt ist: Sparen. Das tönt dann so: «Die Politik der knappen Kassen werden wir fortführen.»

Der grösste Teil der grossen Luzerner Spardebatte ist abgeschlossen. Letzten Montag und Dienstag hat der Kantonsrat den Finanz- und Aufgabenplan sowie das Budget 2016 debattiert. Bis auf ein paar wenige, von der Regierung beschlossene Sparmassnahmen im Umfang von rund 4 Millionen Franken sind alle Sparanträge vom bürgerlich dominierten Kantonsrat abgesegnet worden. Doch der Kanton hat noch kein rechtskräftiges Budget. Denn am Dienstag zeigte sich, dass die gesetzlich vorgeschriebene Schuldenbremse um 2,5 Millionen Franken nicht eingehalten werden kann. Um nicht ohne Budget ins 2016 zu starten, hat der Kantonsrat ein Timeout beantragt. Er wird nun diesen Montag erneut zusammen sitzen und darüber streiten, wie auch die restlichen 2,5 Millionen Franken noch gespart werden können. Der kantonale Säckelmeister Marcel Schwerzmann hat auf ein paar Fragen von zentral+ schriftlich geantwortet.

zentral+: Marcel Schwerzmann, sind Sie zufrieden, wie es bislang gelaufen ist?

Marcel Schwerzmann: Ja, mit Blick auf all die Stimmen im Vorfeld der Budgetdebatte war das Ergebnis so zu erwarten.

«Das Verhindern beinhaltet in der Regel keine Lösungen, sondern ein Weiterreichen des Problems.»

zentral+: Welches waren die Hauptgründe für das Herausstreichen der einzelnen Sparvorschläge? Hat sich die CVP als Mehrheitsbeschafferin für die Linke dem Druck der Öffentlichkeit gebeugt und deshalb unpopuläre Massnahmen wie die Einstellung der Fachklasse Grafik gestrichen?

Schwerzmann: Ich kann hier nicht für eine Partei sprechen. Es gehört aber zum politischen Prozess auf allen Staatsebenen, dass Parteien, Lobbyisten oder andere Interessengruppen versuchen, sich oder ihre eigene Klientel möglichst von Sparvorschlägen zu verschonen. Das Verhindern beinhaltet in der Regel aber noch keine Lösungen, sondern ein Weiterreichen des Problems nach dem «St. Florian-Prinzip».

zentral+: Nun geht es noch um 2,5 Millionen Franken. Was passiert nun? Was ist noch denkbar?

Schwerzmann: Die Regierung wird dem Kantonsrat Anträge stellen, um die noch bestehende Lücken schliessen zu können. (Anmerkung der Redaktion: Die SP hat sich diesen Freitag bereits dazu geäussert und dabei auch ein paar Spar- respektive Weniger-Ausgaben-Massnahmen durchsickern lassen, siehe Artikel. zentral+ wird diesen Freitag grösser darüber berichten.)

zentral+: Wie schätzen Sie die Chancen ein, dass das Budget schlussendlich durchkommt?

Schwerzmann: Mit dem Timeout hat der Kantonsrat zum Ausdruck gebracht, dass er ein Budget will, welches gesetzeskonform ist. Die vorzuschlagenden Massnahmen werden erfahrungsgemäss nicht überall auf Zustimmung stossen. Die Lücke beträgt rund 1 Promille des Budgets. Die wird ja wohl noch zu schliessen sein.

«Der bisherige Prozess, die Involvierten frühzeitig und adäquat zu informieren, hat zu einem grossen Teil nicht funktioniert.»

zentral+: Wie haben Sie die Budgetdebatte dieses Jahr wahrgenommen? Es gab ja grosse Kritik an der Kommunikation durch die Regierung. Wird diese in Zukunft anders vorgehen?

Schwerzmann: Ja, der bisherige Prozess, die Involvierten frühzeitig und adäquat zu informieren, hat zu einem grossen Teil nicht funktioniert. Wenn Briefe und Listen durch eine Reihe von Indiskretionen an die Medien zugestellt werden, bevor die politische Diskussion in den dafür zuständigen Gremien starten konnten, dann müssen wir den Ablauf in der Tat noch einmal überprüfen.  

zentral+: In den kommenden Jahren sind noch massivere Sparpakete angekündigt. Der Widerstand wird wohl nicht weniger. Wie schätzen Sie die Lage ein?

Schwerzmann: Ja, die Budgetdiskussion hat dazu einen Vorgeschmack geliefert. Wenn Sie aber die Debatte anlässlich der letzten Session mit der allgemeinen medialen Berichterstattung vergleichen, wurde die Diskussion im Kantonsrat relativ moderat geführt. Wir müssen die Leute noch vermehrt vom Sinn und der Notwendigkeit einzelner Massnahmen überzeugen. Ein Kanton muss, um nicht stehen zu bleiben, sich dauernd weiterentwickeln. Also muss er auch dauernd seine Leistungen hinterfragen und wo nötig anpassen können.     

zentral+: Welchen Einfluss hat die Debatte auf das «Konsolidierungsprogramm 17», das nächsten Sommer starten soll?

Schwerzmann: Jeder Franken, welcher aus dem Budget oder der Planung herausgebrochen wird, erhöht den Druck.

zentral+: War aus heutiger Sicht der gewählte Zeitpunkt für die Steuerstrategie richtig oder hätten Sie im Rückblick einen anderen Fahrplan gewählt?

Schwerzmann: Wir sind überzeugt, dass der eingeschlagene Weg richtig ist. Zu leicht wird die Zeit der Schuldenwirtschaft um die Jahrtausendwende vergessen, als unsere Steuersätze noch zu den höchsten im ganzen Lande zählten und viele Leute und Unternehmen dem Kanton den Rücken zukehrten.

«Seit 2013 konnten mehr als 10‘000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden.»

Heute sind wir bei den Unternehmen die Attraktivsten und bei den natürlichen Personen im guten Mittelfeld. Seit 2013 verzeichnen wir die meisten Firmenansiedlungen und mehr als 10‘000 neue Arbeitsplätze konnten seither geschaffen werden. Steuerpolitik ist nie kurzfristig ausgerichtet, um damit nachhaltig Erfolg zu haben. Ich habe deshalb stets erklärt, dass wir mindestens fünf Jahren brauchen, um die Ernte einfahren zu können.

zentral+: Wie muss die Entwicklung der kommenden Jahre vorangehen, damit der Kanton Luzern um die ganzen Spardebatten herumkommt?

Schwerzmann: Indem wir das Gleichgewicht von Einnahmen und Ausgaben schaffen. Die Politik der knappen Kassen werden wir trotzdem fortführen, denn ein Staatswesen ist ständig mit neuen Forderungen, Wünschen und Begehrlichkeiten konfrontiert. Jede Steuerzahlerin und jeder Steuerzahler erwartet deshalb zu Recht, dass der Kanton mit den Mitteln sparsam umgeht. Macht er dies nicht konsequent genug, führt die Entwicklung schnurgerade in die Schuldenwirtschaft.

zentral+: Was entgegnen Sie jemandem, der den Eindruck hat, der Kanton würde sich «totsparen»?

Schwerzmann: In der ganzen Spardiskussion wird leider oft mit Ausdrücken wie dem «Totsparen» oder der «ausgepressten Zitrone» argumentiert. Das ständige Wiederholen dieser Bilder macht sie auch nicht wahrer, im Gegenteil, viele Leute sind sich dieser Rhetorik langsam überdrüssig. Das Bild vom Totsparen stimmt auch insofern nicht, als die Staatsausgaben im Kanton Luzern Jahr für Jahr gewachsen sind. Die grossen Sparanstrengungen haben bisher darin gemündet, dass wir den Ausgabenanstieg bremsen konnten: nicht mehr und nicht weniger! Aber wie gesagt, per Saldo geben wir jedes Jahr mehr Mittel aus – wie kann man da ernsthaft von totsparen sprechen?

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1 Kommentar
  • Profilfoto von p.rubatscher
    p.rubatscher, 04.12.2015, 15:15 Uhr

    Ein biederes Gefälligkeitsinterview, für das Schwerzmann hoffentlich etwas bezahlt hat!

    – Wie rechtfertigt ein gewählter Regierungsrat die Schliessung von Schulen?
    – Sollte man Schulen nicht gleich komplett privatisieren?
    – Was kommt in den nächsten drei Jahren unter den Sparhammer?
    – Wo genau sind die Firmen und die nachhaltigen Arbeitsplätze? Konkrete Beispiele? Oder sind damit die volatilen Briefkastenfirmen an der Murbacherstrasse 37 etc. gemeint?
    – Wieso steigt das Steuersubstrat nicht wie von Schwerzmann immer behauptet?
    – Wieso müssen die «Vorbilder» der neoliberalen Steuerstrategie ihre Steuern nach oben anpassen? Gibt das Schwerzmann nicht zu denken?
    – Wieso hat Schwerzmann vor den Wahlen (April 15) verlautbart, es sei kein Sparpaket geplant, wenn er doch schon damals klar sehen musste, dass ein solches kommen wird?

    Mann, Mann, Mann. Journalisten müssen unbequeme Fragen stellen und Haltungen durchleuten.
    Konkrete Nachhilfe in der aktuellen Frage gibt es hier:
    http://www.nzz.ch/meinung/kommentare/konzept–und-kopfloses-sparen-1.18656535

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