Deponie Ebikon: Streit schwappt über die Gemeinde hinaus
Im Gebiet Stuben in Ebikon soll eine Deponie für unverschmutztes Aushubmaterial entstehen. Nicht nur in Ebikon ist deswegen eine lebhafte Debatte entflammt.
Es gibt Dinge, die sich in einem Abstimmungskampf ziemlich einfach verkaufen lassen. Ein Park beispielsweise, vielleicht auch ein neues Schulhaus. Eine Deponie hingegen gehört nicht in diese Kategorie. Die Vorstellung einer riesigen Baugrube, in der Lastwagen tonnenweise Material ablagern, ist schlicht nicht charmant.
Der Gemeinderat Ebikon ist sich dessen bewusst. Am 15. Mai stimmt die Bevölkerung über eine Umzonung im Gebiet Stuben an der Gemeindegrenze zu Adligenswil ab. Bei einem Ja entsteht dort eine befristete Deponie für unverschmutztes Aushubmaterial. Rund 400'000 Kubikmeter Erde und Fels sollen im Gebiet Stuben in den nächsten sechs bis acht Jahren deponiert werden. Ein Thema, das Ebikon seit Jahren bewegt (zentralplus berichtete).
Gemeinderat betont die Vorteile
Im Abstimmungskampf ist der Gemeinderat bemüht, die positiven Seiten der Deponie zu betonen. Dank der Deponie verbessere sich die Bodenqualität im Gebiet, wo bis 1996 schon einmal Bauschutt deponiert wurde. Mit dem neuen Material lasse sich gar zusätzliches Land gewinnen, das später für die Landwirtschaft genutzt werden könne.
Die geplante Deponie sei weiter eine Reaktion auf die rege Bautätigkeit im Rontal. Weil heute in der näheren Umgebung aber keine Deponie für den anfallenden Bauschutt bestehe, sei die Deponie Stuben auch eine ökologische Vorlage. Der zuständige Bauchef von Ebikon, Hans Peter Bienz (Mitte), erklärt: «Die jetzige Situation führt dazu, dass Lastwagen mit Material aus dem Rontal weite Strecken zurücklegen, um dieses Material abzulagern. Diese Situation ist weder nachhaltig noch ökologisch sinnvoll.»
Zuletzt winkt der Gemeinde auch ein schöner Batzen Geld. Mit der zukünftigen Betreiberin der Deponie, der Gloggner Familien AG, konnte der Gemeinderat einen Preis von 3.50 Franken pro Kubikmeter deponiertes Material aushandeln. Die Gemeinde rechnet darum mit zusätzlichen Einnahmen von 200'000 Franken jährlich.
Vorlage sorgt für viel Gesprächsstoff
Wie eingangs erwähnt, lässt sich eine neue Deponie aber nur schwer verkaufen. Das bekommt nun auch der Gemeinderat zu spüren, trotz seiner ökologischen und finanziellen Argumente. In der «Luzerner Zeitung» oder auch im «Rontaler» ergiesst sich eine ganze Fülle von kritischen Leserbriefen über dessen Pläne.
So schreibt eine Einwohnerin im «Rontaler»: «Anstatt Ebikon und die schöne Umgebung attraktiver zu machen, soll unser schöner Ort nun mit einer völlig unnötigen Deponie belastet werden. Ist das eine Aufwertung der Gemeinde Ebikon? Nein – es ist das Gegenteil.» Eine andere schreibt gar, dass die geplante Deponie illegal sei, und verweist auf den Richtplan. Doch dazu später mehr.
Die Gegnerschaft der Deponie hat nun auch ein Gesicht. Ein Komitee wirbt mit dem markanten Slogan gegen die Umzonung des Gebiets: «Nein zu mehr Lärm, Staub und zur Gefährdung unserer Schulkinder!»
Das Nein-Komitee rechnet vor, dass wegen der Deponie über 10'000 zusätzliche Lastwagenfahrten pro Jahr anfallen. Weil sich diese Fahrten aber auf die Wochentage und die normalen Arbeitszeiten beschränkten, würden so rund sechs Lastwagenfahrten pro Stunde anfallen. Ausgerechnet auch auf der Schlösslistrasse, die vielen Kinder als Schulweg diene.
Gemeinderat relativiert die Zahlen
Gemeinderat Hans Peter Bienz entgegnet, dass mit der Gloggner AG während der Stosszeiten und vor Schulbeginn eine Betriebsbeschränkung vereinbart wurde: «Mit anderen Worten fahren in dieser Zeit keine Lastwagen von und zu der Deponie. Bei einem Ja werden genaue Zeitvorgaben zu einem späteren Zeitpunkt in der Betriebsbewilligung geregelt.»
«Die Verkehrsbelastung ist im Vergleich zum vorhandenen Verkehrsaufkommen sehr gering.»
Hans Peter Bienz, Bauvorsteher Ebikon
Zudem führt Bienz aus, dass auf der Adligenswiler- und der Ebikonerstrasse, den Zufahrtsstrassen zur Deponie, bereits heute rund 7'000 Autos pro Tag verkehren. «Die Verkehrsbelastung, die durch zusätzliche 29 Lastwagenfahrten pro Tag entsteht, ist deshalb im Vergleich zum vorhandenen Verkehrsaufkommen sehr gering.» Dass die Gemeinde mit anderen Zahlen argumentiert als die Gegnerschaft, ist nicht der letzte Widerspruch in der Debatte.
Kein geeigneter Standort für eine Deponie
Die Kritik des Nein-Komitees beinhaltet aber nicht nur die Sorgen um die Schulkinder. Die Gegnerinnen sehen sich auch aus juristischer Sicht im Recht. In ihrer Argumentation verweisen sie auf den kantonalen Richtplan. In diesem sind nämlich die geeigneten Gebiete für Deponien dieses Typs festgehalten. Das Gebiet Stuben gehört nicht dazu.
«Wir sind gegen diese Deponie, weil der Standort schlichtweg nicht geeignet ist.»
Nein-Komitee
So halten die Gegner auf ihrer Website fest: «Deponien darf man nur an geeigneten Standorten bauen.» Zudem stehe im Richtplan, dass neue Deponien mindestens 100 Meter von bestehenden Siedlungsgebieten entfernt sein müssten. Das sei hier nicht der Fall. Die neue Deponie entstehe nur in zehn Meter Entfernung zu den dortigen Wohnhäusern.
Das Fazit des Nein-Komitees ist deshalb klar: «Wir sind gegen diese Deponie, weil der Standort schlichtweg nicht geeignet ist», wie es auf seiner Website schreibt.
Doch auch dieses Argument will Gemeinderat Hans Peter Bienz nicht so stehen lassen. «Entgegen der Behauptung, die von Gegnerinnen und Gegnern des Projekts ins Feld geführt wird, wird der kantonale Richtplan nicht ausgehebelt.»
Denn ebenso wie die Argumente der Gegner sei im Richtplan auch festgehalten, dass bei einer neuen Deponie immer eine Interessensabwägung vor Ort erfolgen müsse. «Diese Abwägung wurde getroffen und aus den genannten Gründen ist der Bedarf einer Deponie des Typs A klar gegeben», betont Bienz. Dies habe der Kanton bereits 2019 abgesegnet.
Adligenswil, die stille Beobachterin
Stiller Beobachter des Disputs zwischen der Gemeinde Ebikon und den Deponie-Gegnern ist der Gemeinderat Adligenswil. Aus gutem Grund: Weil die Deponie an Adligenswil grenzt, ist die Gemeinde ebenso von Mehrverkehr betroffen wie Ebikon.
Hans Peter Bienz rechnet sogar damit, dass rund zwei Drittel aller Lastwagen über Adligenswil fahren würden. Als sich die Pläne für die Deponie 2019 konkretisierten, hatte die damalige Gemeindepräsidentin Ursi Burkart-Merz (Mitte) angekündigt, sich gegen die Pläne zu wehren. Was ist von diesem Widerstand geblieben?
«Der Gemeinderat begrüsst, dass sich in Ebikon eine sehr lebhafte Debatte zu der ausgesprochen kontroversen Vorlage entwickelt hat.»
Gisela Widmer, Bauvorsteherin Adligenswil
Die Bedenken bestehen weiterhin, wie Bauvorsteherin Gisela Widmer (SP) auf Anfrage betont. Die Kritik aus Adligenswil richtet sich nicht nur gegen das Verkehrsaufkommen: «Besonders stossend ist aus Sicht des Gemeinderates, dass eine Deponie direkt an der Grenze eines Wohnquartiers einer Nachbargemeinde geplant wird.» Wegen des Betriebs der Deponie komme es zu Beeinträchtigungen, «welche die Wohnqualität im Quartier Stuben massiv vermindert», wie Widmer festhält.
Allerdings sind dem Adligenswiler Gemeinderat gewissermassen die Hände gebunden, da nur in Ebikon über die Vorlage abgestimmt wird. In diesen Abstimmungskampf wolle sich der Gemeinderat nicht einmischen. Doch Widmer führt aus: «Gleichzeitig begrüsst der Gemeinderat, dass sich in Ebikon selber eine sehr lebhafte Debatte zu der ausgesprochen kontroversen Vorlage entwickelt hat.» So würden die Argumente des Gemeinderates und der betroffenen Anwohner doch in die Diskussion einfliessen.
Debatte findet ihren Höhepunkt
Die «lebhafte» Diskussion findet am 2. Mai ihren vorläufigen Höhepunkt. Dann wird der Gemeinderat Ebikon in der Aula Wydenhof über die Vorlage informieren. Dass der Termin 13 Tage vor der Abstimmung ziemlich spät angesetzt ist, wird nicht die einzige Kritik sein, die der Gemeinderat über sich ergehen lassen muss.
- Schriftlicher Austausch mit Hans Peter Bienz
- Artikel der «Luzerner Zeitung»
- Botschaft des Gemeinderates Ebikon
- Website des Nein-Komitees
- Schriftlicher Austausch mit Markus Gabriel
- Leserbriefe im «Rontaler»
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Nimby, 02.05.2022, 13:09 Uhr Wer sich querstellt, sollte auch einen geeigneteren Ort vorschlagen.
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