Baar: Juso blockieren Glencore-Haupteingang

Demokratie ja – aber nicht auf Privatgrund?

Not my Paradise: Die Protestaktion richtet sich gegen die Enthüllungen in den Paradise Papers.

(Bild: lob)

Eine Handvoll Juso-Mitglieder protestierte am Donnerstagvormittag gegen die neusten Enthüllungen zu den Paradise Papers. Mit einem Transparent blockierten sie den Eingang zum Hauptgebäude der Glencore – und gerieten in eine angeregte Diskussion mit deren Mediensprecher.

Die Enthüllungen zu den Paradise Papers haben auch den Protest gegen die involvierten Zuger Firmen wieder befeuert. Nachdem die ALG am Montagabend vor dem Hauptsitz der Quantum Global eine Mahnwache abhielt (zentralplus berichtete), versammelten sich heute eine Handvoll Mitglieder der Juso mit Transparent und Fahnen vor dem Eingang der Glencore, um gegen deren Machenschaften zu protestieren.

Protest gegen Menschenrechtsverletzungen

«So geht es nicht weiter», meint Virginia Köpfli, Mitbegründerin der Juso Zug. Die neuerlichen Enthüllungen zur Steuerumgehung und die Menschenrechtsverletzungen rund um die Mine im Kongo hätten das Fass neuerdings zum Überlaufen gebracht. Die Partei wolle nun ein Zeichen setzten – und den Eingang zum Gebäude besetzen. «Bis sie sagen, dass sie die Polizei holen», meint Köpfli. Nur gerade sechs Juso-Mitglieder trotzen der Kälte und versperren mit Banner und Fahnen den Eingang zum Glencore-Hauptquartier in Baar.

Glencore bietet Gespräch an – ohne Medienanwesenheit

Kaum haben sich die Demonstranten positioniert, kommt ein Herr mit Krawatte dazu und fordert die Aktivisten auf, zu verschwinden. Das sei Privatgrund, ansonsten würde die Polizei verständigt. «Wir bleiben noch etwas», erwidert Juso-Präsidentin Tamara Funiciello. Nur Sekunden später tritt Glencore-Mediensprecher Charles Watenphul aus dem Gebäude und weist auf Englisch nochmals darauf hin, dass die Aktion nicht erlaubt sei.

«This is democracy», erwidert Funiciello – «not on private ground», erwidert Watenphul. Er bietet ein Gespräch mit ihm und weiteren Verantwortlichen an – off the record, also ohne Medien. Die Juso lehnt ab. «Hätten Sie die Medien zugelassen, hätten wir Ja gesagt», sagt Funiciello nach der Aktion.

 

Watenpuhl (links) und Tamara Funiciello angeregt im Gespräch, anwesend sich auch zwei Abteilungsleiterinnen der Glencore.

Watenphul (links) und Tamara Funiciello angeregt im Gespräch, anwesend sind auch zwei Abteilungsleiterinnen der Glencore.

(Bild: lob)

 

Medienmann Watenphul tritt neuerlich aus dem Gebäude, diesmal mit Begleitung. Er hat zwei Abteilungsleiterinnen dabei, die ebenfalls am Gespräch teilnehmen sollen, beisst aber auf Granit. «Ich möchte festhalten, dass Sie die Gelegenheit hatten und sie ausgeschlagen haben», gibt Watenphul zu Protokoll. «It’s a shame they don’t come in», fährt er fort. Sie hätten hochkommen und einen Tee trinken können. «You missed an opportunity», wendet er sich beim Hineingehen nochmals an die Demonstranten.

Trotzdem wird vielleicht ein Gespräch zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden: Kontakte wurden ausgetauscht, man könnte sich in naher Zukunft möglicherweise doch zum Dialog treffen.

«Nur eine Strategie, um abzuwimmeln»

Nach dem Protest wollen wir von der Juso-Präsidentin wissen, ob sie angesichts der Reaktion von Glencore mit der Aktion zufrieden und das Ziel erreicht sei. «Unser Ziel ist es, dass sie aufhören, solche Verbrechen zu begehen, und Menschenrechte einhalten – das ist sicher heute nicht erreicht worden», sagt Funiciello. Aber es sei wichtig, dass man die Machenschaften immer wieder in die Öffentlichkeit trage und den Druck auf diese Unternehmen erhöhe.

Dass das Unternehmen reagiert und den Mediensprecher zu den Demonstranten geschickt hat, sehen Funiciello wie auch Köpfli als Abwimmelungsstrategie. Natürlich komme der geschulte Kommunikationsexperte daher, würde ein paar Floskeln formulieren und Tee anbieten. «Das ist eine sektiererische Haltung, alles wird schön verpackt, wahrscheinlich hätten sie uns am Gespräch ein vorgedrucktes PDF heruntergelesen.»

Nur wenig Beteiligung

Auch die Aktion der Juso ist illegal – für die Jungpolitiker aber trotzdem legitim? «Es ist eine Frage des Verhältnisses», sagt Präsidentin Funiciello. Man rede von einer Firma, die nicht vor Korruption halt mache und Menschenleben aufs Spiel setze. Vor einem Eingang ein paar Fahnen zu schwenken, stünde dazu in keinem Verhältnis. «Widerstand wird zur Pflicht», findet die 27-Jährige. 

Juso-Präsidentin Tamara Funiciello (rechts) und die Mitbegründerin der Juso Zug, Virginia Köpfli, stehen nach dem Protest Rede und Antwort.

Juso-Präsidentin Tamara Funiciello (rechts) und die Mitbegründerin der Juso Zug, Virginia Köpfli, stehen nach dem Protest Rede und Antwort.

(Bild: lob)

Zur Demonstration sind gerade mal sechs Personen aufgekreuzt – hätte sich Funiciello nicht mehr Beteiligung erhofft? «Die Aktion war sehr spontan, von dem her war es mal ein Anfang.» Eigentlich sollten jeden Tag Tausende Leute hier stehen und protestieren. War also wichtig, dass man vor Ort war – egal, mit wie vielen Personen? «Genau. Wir waren da, und wir werden auch wiederkommen», sagt die Juso-Präsidentin abschliessend.

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