Studien zeigen, wo Probleme und Potenziale liegen

Das will die Stadt Zug gegen das Ladensterben tun

Samstagmorgen im Metalli: Hier steppt der Bär trotz verschärfter Coronamassnahmen. (Bild: wia)

Der Wandel der Zeit spielt den Detailhändlern übel mit. In Zug ist das nicht anders. Dieser Entwicklung will die Stadt entgegentreten. Sie hat mehrere Untersuchungen gemacht, um herauszufinden, wo der Schuh drückt – und dabei unerwartetes Potenzial bei den Expats entdeckt.

Hand aufs Herz. Du brauchst einen neuen Pullover, eine neue Küchenmaschine, neue Pantoffeln. Ist es realistischer, dass du diese Güter geschwind, in den flauschigen Trainerhosen und ohne einen Fuss in den Regen zu setzen, im Internet suchst – oder machst du dich auf nach Zug, um Laden für Laden abzuklappern und nach drei Stunden Bummelei allenfalls frustriert nach Hause zurückzukehren? Und hier liegt der Hund begraben.

Der traditionelle Detailhandel, insbesondere Geschäfte, die unter der Woche nur bis um 18.30 Uhr geöffnet haben, spürt diesen Wandel stark. Dabei stellt der Einkaufsstandort Zug keine Ausnahme dar.

Auch die Stadt Zug ist sich dieses Problems bewusst. Deshalb hat die Stadtentwicklung im letzten Jahr verschiedene Grundlagen für die Aufwertung des Einkaufsstandorts Zug erarbeitet.

Zunächst im März 2020 mit einer Studie von Wüest Partner. Diese hielt etwa fest, dass der Beschäftigungsgrad im Detailhandel in der Einkaufszone Zug zwischen 2011 und 2017 um insgesamt 2,4 Prozent gesunken ist. In der gesamten Gemeinde Zug ging dieser um 3,7 Prozent zurück.

Umfrage bei Detaillisten und Kundschaft

Im Herbst wurde eine Umfrage bei Zuger Detailhändlern gemacht, wobei 137 Fragebögen ausgefüllt wurden. In einer weiteren Umfrage wurde die städtische Kundschaft befragt. Die Quintessenz: «Zusammengefasst lässt sich sagen: Die Stadt Zug wird als attraktiver Einkaufsstandort wahrgenommen. Aus Kundensicht ist das entspannte Einkaufen ein Zuger Plus. Man finde alles, was man brauche. Es wird ein gesunder Mix konstatiert», sagt Stadtpräsident Karl Kobelt auf Anfrage.

Insbesondere das Metalli, der See und die Altstadt würden als Anziehungspunkte genannt. «Auf der Negativseite werden echte Fussgängerzonen vermisst und die Fragmentierung von Metalli/Neustadtpassage/Bundesplatz sowie Bahnhofstrasse/ Neugasse und Altstadt bemängelt», sagt der Stadtpräsident (zentralplus berichtete).

«Die Stadt Zug wächst. Grundsätzlich hilft dies dem Detailhandel.»

Karl Kobelt, Stadtpräsident

Zwar würden auch zwei Drittel (62 Prozent) der befragten Detailhändler Zug als attraktiv für Einkaufskunden einstufen. «Kritik wurde indes auch geübt, etwa beim schleichenden Verlust der Diversität im Angebotsmix oder im wenig emotionalen Einkaufserlebnis», fasst Kobelt zusammen. Kontrovers sei die Wahrnehmung betreffend oberirdischen Parkplätzen in der Zuger Innenstadt. «Wie in der Politik und der Gesellschaft ja auch», sagt Kobelt. In der Tat sind Parkplätze immer wieder ein Thema im Stadtparlament und werden nicht selten inbrünstig diskutiert.

Die Grenzen des städtischen Einflusses

Geografische Zersplitterung, Verlust von Diversität, ein zu wenig «emotionales Einkaufserlebnis». Das sind Themen, bei denen die Stadt nur wenig Einfluss hat. Karl Kobelt relativiert: «Wenn es um die Verbesserung der Aufenthaltsqualität geht, hat die Stadt einen gewissen Einfluss. Hier sind Verbesserungen punktuell bereits erfolgt. Dies etwa mit der Aufwertung der Zeughausgasse oder des Kolingevierts.» Beim emotionalen Verkaufserlebnis jedoch sei der Einfluss der Stadt tatsächlich begrenzt.

Vielmehr könne die Stadt den Detailhandel in der Zusammenarbeit unterstützen «und das tut sie auch», so der Stadtpräsident. «Die Stadt Zug wächst. Grundsätzlich hilft dies dem Detailhandel. Zudem gilt es, die sogenannt öffentlichen Erdgeschossnutzungen zu hinterfragen. Und zwar in beiden Richtungen.» So würden etwa Läden an wenig frequentierten Lagen wenig Sinn machen.

Samstagmorgen in der Altstadt: Gähnende Leere. (Bild: wia)

Nicht immer sind sich Detaillisten einig

Betrachtet man die Auswertung der Detailhändlerbefragung, fällt auf, dass die Meinungen in einigen Bereichen diametral auseinandergehen. Beispielsweise in Sachen Ladenöffnungszeiten. Wie geht man mit solchen Diskrepanzen um? «Indem man das Gespräch sucht. Die Stadt hat dies anfangs Oktober mit einer Informationsveranstaltung wieder angestossen», führt Kobelt aus. Es gebe viele Gruppen, die teils unterschiedliche Interessen hätten. So etwa wolle die Stadt auch Grundeigentümer ansprechen.

«Expats, die im Rahmen der Studie befragt wurden, zeigten sich erstaunt über das vielfältige Angebot in der Stadt Zug.»

Aus der Studie

Das klingt ein wenig so, als wolle die Stadt den lokalen Detailhandel retten. Dieser These widerspricht Kobelt: «Das ist nicht der Job der Stadt Zug. Doch kann sie die Rahmenbedingungen optimieren. Viele davon sind bereits heute gut, etwa betreffend Kaufkraft und hohen Frequenzen durch die vielen Unternehmen, welche in Zug angesiedelt sind, sowie die Menschen, die hier leben und arbeiten.»

Fokus auf erstaunte Expats

Eine überraschende Erkenntnis hat die Umfrage zutage gefördert. Nämlich, dass eine grosse Mehrheit der Detaillisten (83 Prozent), dazu bereit wäre, Zuzüger sowie Expats aktiver zu umwerben. Diese Haltung gründet in einer Erkenntnis aus der Kundenbefragung: «Expats, die im Rahmen der Studie befragt wurden, zeigten sich erstaunt über das vielfältige Angebot in der Stadt Zug. Aus diesem ‹Erstaunen› könnte man ableiten, dass Expats noch stärker beworben werden können.»

«Das Hauptproblem liegt darin, dass die Hausbesitzer Profit machen wollen und derart hohe Mieten verlangen, dass kleinere Läden oder Start-ups gar keine Chance haben.»

Eine Zuger Detailhändlerin

In nächster Zukunft wollen die Stadt Zug sowie die Vereinigung Pro Zug Workshops durchführen. In mehreren Sitzungen sollen Strategien, Projekte und Massnahmen ausgearbeitet werden. Die Themenbereiche? Zusammenarbeit unter den Detailhändlern, Nutzung der Digitalisierung, Mietmodelle, Regulatorien sowie die Nutzung und Belebung des öffentlichen Raums.

Einige Türen bleiben selbst am eigentlich umsatzstarken Samstag geschlossen. (Bild: wia)

Profitorientierte Vermieter verursachen Bauchweh

Wir unternehmen eine samstagmorgendliche Exkursion nach Zug. Trotz heiligem Einkaufstag tummeln sich in der Zuger Altstadt kaum Menschen. Eine Kundin steht im Kaffeeladen, der neueröffnete Coiffeurladen ist leer. Wir fragen eine Detailhändlerin nach einer Einschätzung. «Das Hauptproblem liegt darin, dass die Hausbesitzer Profit machen wollen und derart hohe Mieten verlangen, dass kleinere Läden oder Start-ups gar keine Chance haben. Auf diese Situation hat die Stadt keinen Einfluss.» Den Fragebogen hat sie zwar ausgefüllt, doch sagt sie etwas desillusioniert: «Für mich sind das eher Lippenbekenntnisse des Stadtrats. Ob sich etwas ändern wird, ist fraglich.»

Deutlich optimistischer klingt es bei Detailhändlern im Zuger Einkaufs-Epizentrum, also in der Nähe des Bahnhofs. Der Geschäftsführer eines kleineren Ladens erklärt, den Fragebogen der Stadt gar nicht ausgefüllt zu haben. Dem Geschäft gehe es – trotz Corona – sehr gut. Bei der Frage, welche Massnahmen den Betrieb zusätzlich unterstützen würden, zuckt er nur mit den Schultern.

Es dürfte für die Stadt entsprechend anspruchsvoll werden, in Sachen Detailhandel auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen, scheinen die Betroffenen teils doch sehr unterschiedliche Wahrnehmungen zu haben.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von mebinger
    mebinger, 02.11.2020, 11:45 Uhr

    Vielleicht könnte man ja zuerst alle diese sinnlosen unnützen Massnahme aufheben und corona einfach akzeptieren, bevor man weiter denkt

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