Luzerner Abstimmungskampf

Klimastrategie: Gegenvorschlag soll Parkplätze retten

Das Komitee wurde vertreten durch (von links aus gesehen) Lucas Zurkirchen, Benjamin Koch, Rieska Dommann, Mirjam Fries, Lukas Blaser und Markus Mächler. (Bild: PLU)

Mit welcher Strategie soll Luzern das Klima schützen? Ende September kann die Stimmbevölkerung über die Klima- und Energiestrategie der Stadt abstimmen. Mitte und FDP setzen auf einen gemässigten Gegenvorschlag. Das Komitee steigt nach anfänglicher Verwirrung in den Abstimmungskampf ein.

Mit gewissem Aufsehen wurde der Gegenvorschlag im Februar «geboren». Im Grossen Stadtrat machten damals FDP und Mitte einigen Wirbel, als sie der von Stadtrat und Parlament ausgearbeiteten Klimastrategie-Vorlage nicht zustimmten. Sie bezeichneten diese als zu extrem und nicht realisierbar (zentralplus berichtete). Im März hat sich das Komitee «wirksamer Klimaschutz» gegründet. Dieses steigt jetzt so richtig in den Abstimmungskampf ein.

Das Komitee will Klimaschutz, aber ...

Das Komitee «JA! zum Gegenvorschlag» hat am Mittwoch die Medien ins Hotel Flora eingeladen, um seine Argumente zu präsentieren. «Wir sagen ebenfalls klar, dass gehandelt werden muss», sagt Mirjam Fries, «Die Mitte»-Fraktionschefin. Klimaschutz sei wichtig, es brauche einfach Regelungen, welche auch tatsächlich umsetzbar seien.

«Das würde bedeuten, dass beispielsweise das neue Boot der Feuerwehr Stadt Luzern gar nicht mehr von Luzern aus betrieben werden dürfte.»

Rieska Dommann, FDP-Grossstadtrat

Markus Mächler, Vizepräsident des Luzerner Hauseigentümerverbands, sagte diesbezüglich, dass die vom Grossen Stadtrat gewünschten Regelungen gar nicht umsetzbar seien. Dabei geht es um den neuen Gebäudeenergieausweis der Kantone (GEAK-Plus). «Es gibt schlicht zu wenig Fachleute, um alle Gebäude der Stadt noch innerhalb der geforderten sechs Jahre zu beurteilen.»

Als ebenso problematisch wird die Absicht des Grossen Stadtrats betrachtet, dass bis 2040 alle in der Stadt eingelösten Fahrzeuge elektrisch oder mit erneuerbaren Energien angetrieben werden sollen. «Das würde bedeuten, dass beispielsweise das neue Boot der Feuerwehr Stadt Luzern gar nicht mehr von Luzern aus betrieben werden dürfte», sagt FDP-Grossstadtrat Rieska Dommann. «Auch kein Oldtimer dürfte damit künftig in der Stadt betrieben werden.» Das Komitee sagt, dass eine solche Regelung einem Verbot von Verbrennern gleichkomme und dies zu bestimmen, liege gar nicht in der Kompetenz der Stadt.

Der Gegenvorschlag will den Klimaschutz mit einer massiven Erhöhung der Fördermittel unterstützen. So will der Vorschlag beispielsweise den Solarstrom bis ins Jahr 2050 um das 18-fache ausbauen. Die Photovoltaikanlagen in der Stadt deckten 2020 nur rund zwei Prozent des jährlichen Stromverbrauchs. Auch soll die Stadt mit mehr Seewasser und Abwärme arbeiten.

Mit Startschwierigkeiten in den Abstimmungskampf

In zwei Punkten stiftete das Komitee Verwirrung: Der Stadtrat will mit seiner Klimastrategie den Autoverkehr bis 2040 deutlich reduzieren. Ganze 15 Prozent weniger Autos sollen im Vergleich zu 2010 durch Luzern fahren. FDP und Mitte fanden dies übertrieben und verlangten im Referendum, das Verkehrsaufkommen auf dem Niveau von 2020 zu halten. Da in dem Jahr die Pandemie den Verkehr jedoch lahmgelegt hatte, würde diese Forderung noch weiter gehen als jene der Stadt Luzern (zentralplus berichtete).

«Damit der Verkehr um 15 Prozent abnimmt, braucht es Massnahmen. Eine Massnahme ist die Reduktion der Parkplätze.»

Rieska Dommann, FDP-Grossstadtrat

Das Komitee betont, dass es sich bei der Zahl zwar um den Stand des motorisierten Individualverkehrs von 2020 handle, allerdings beziehen sich die Zahlen auf das Jahr 2019. Also auf die Zahlen vor der Pandemie.

Der zweite Punkt, der schon im Juni zu reden gab, betrifft die Parkplätze. Das Komitee kämpft gegen die Aufhebung von 3'600 Parkplätzen in der Stadt. Also von rund der Hälfte des heutigen Bestandes im öffentlichen Raum (weisse und blaue Zone). Dies habe massive Auswirkungen auf die Wirtschaft.

Der Kampf um 3'600 Parkplätze

Stadtrat Adrian Borgula sagte gegenüber zentralplus, dass zwischen dem Parkplatzargument des Komitees und dem Inhalt des Gegenvorschlags kein direkter Zusammenhang bestehe. «Die Argumente des konstruktiven Referendums, die auf den Parkplatzabbau Bezug nehmen, betreffen keinen der Beschlüsse der Vorlage (...) deshalb kann sich aus einer allfälligen Annahme des konstruktiven Referendums keine rechtlich bindende Wirkung ergeben. Der Stadtrat wird erst nach der Abstimmung über das Ergebnis beraten und das weitere Vorgehen festlegen.» (zentralplus berichtete)

Grossstadtrat Rieska Dommann erklärt gegenüber zentralplus: «Natürlich geht es im Vorschlag auch um Parkplätze.» Der Grosse Stadtrat will eine Reduktion des Verkehrs um 15 Prozent. «Damit der Verkehr um 15 Prozent abnimmt, braucht es Massnahmen. Eine Massnahme ist die Reduktion der Parkplätze», fügt er an.

Dem Argument von Stadtrat Adrian Borgula, dass die Parkplätze in der Kompetenz des Stadtrates sind, stimmt Dommann zu. «Allerdings gehen wir davon aus, dass der Stadtrat den Volkswillen respektiert.» Wenn der Gegenvorschlag angenommen werde, sei dies ein klares Zeichen, dass die Stossrichtung des Stadtrates nicht unterstützt werde. «Damit gäbe es auch keine Legitimation, die Hälfte aller Parkplätze zu streichen – auch wenn der Stadtrat dies durchaus könnte.»

Am 25. September entscheidet die Bevölkerung, wie es mit der Klimapolitik in den nächsten Jahrzehnten weitergeht. Am 31. August findet am Abend ein Podium mit Vertretern von allen Lagern statt. Informationen dazu gibt es auf der Website des Komitees. Über die Argumente der Strategie-Befürworter hat zentralplus bereits berichtet.

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3 Kommentare
  • Profilfoto von Marcel Budmiger
    Marcel Budmiger, 25.08.2022, 12:25 Uhr

    Das Referendumskomitee verkauft sein Anliegen als «seriöse Politik». Gleichzeitig interpretieren sie ihren schluddrig geschriebenen Text noch vor der Abstimmung neu (Verkehrsreduktion) und wollen sie über etwas abstimmen, das gar nicht Teil der Vorlage ist (Parkplätze). Die Vorlage von Stadtrat und Stadtparlament erscheint dann doch realistischer und glaubwürdiger. Und vor allen: Sie bekämpft die Klimakrise besser und schneller.

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  • Profilfoto von Heinz.B
    Heinz.B, 24.08.2022, 17:01 Uhr

    «Damit der Verkehr um 15 Prozent abnimmt, braucht es Massnahmen. Eine Massnahme ist die Reduktion der Parkplätze.» Die Parkplätze der Büros die meist unterirdisch sind. Sind der Hauptverkersgrund. Oder schon Vergessen wie es beim Lock-down war?

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    C. Bucher, 24.08.2022, 14:44 Uhr

    Das Plakat mit dem niedlichen E-Autöli sagt eigentlich alles: Der Sektor Verkehr wird kleingeredet, schöngeredet und soll aus der Strategie ausgeblendet werden.
    Was man in der Gebäudetechnik und mit Photovoltaik gewinnt, gibt man dann im (Mehr-)Verkehr doppelt und dreifach wieder aus.

    «Das ist unrealistisch» meint: Wir wollen an der Politik von vorgestern festhalten.

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