Deutliches Ja zum Zurlaubenhof-Kauf – und nun?

Das planen die Zuger Parteien mit dem Zurlaubenhof

Das Ja zum Kauf des Zurlaubenhofs hat sich durchgesetzt. Nun beginnt die Diskussion um den Verwendungszweck. (Bild: cbu)

Ein Nein kam nicht infrage: Alle grossen Stadtzuger Parteien sagten einstimmig «Ja» zum Kauf des Zurlaubenhofs. Dem folgte nun auch die Zuger Bevölkerung. Nun gehen die Diskussionen darüber los, was mit dem Bijou geschehen soll.

«Perle», «Juwel», «Bijou»: Allein die verschiedenen Bezeichnungen für den Zurlaubenhof geben Aufschluss darüber, wie sehr die Zuger Parteien den Hof schätzen. Zur Kauffrage gab der Grosse Gemeinderat einstimmig grünes Licht (zentralplus berichtete). So verwundert es kaum, dass auch die Stadtzuger Bevölkerung an diesem Sonntag mit 5’928 zu 600 Stimmen Ja zum Kauf des Zurlaubenhofs gesagt hat.

Nachdem der Kauf der barocken Hof- und Gartenanlage in trockenen Tüchern ist, stellt sich die nächste Frage: Was tun mit dem 65 Millionen teuren Grundstück? Denn hier sind sich die Parteien ganz und gar nicht einig.

SP: Zurlaubenhof soll für Öffentlichkeit zugänglich werden

Die SP hat mit Plakaten für ein Ja geworben – entsprechend freut sie sich auch über das Abstimmungsresultat. Die Investition von 65 Millionen Franken ist für die SP jedoch auch mit Pflichten verbunden: «Die SP erwartet vom Stadtrat, dass er das Potenzial ausschöpft, das die Anlage für die Zuger Bevölkerung bietet: Es geht um Kultur, Erholung und Wohnen», so Parteipräsident Rupan Sivaganesan auf Anfrage.

Der Zurlaubenhof solle deshalb der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Beispielsweise könnte sich die SP «Platz für die kritische Darstellung der Geschichte der Sölderbusiness-Familie Zurlauben» vorstellen. Die Gartenanlagen sollten hingegen als Freiraum für die Öffentlichkeit genutzt werden – ein rares Gut in der Stadt Zug, so Sivaganesan.

«Vor allem aber bleibt die Nachfrage nach Wohnraum ungebrochen.» Die grossen Landreserven des Zurlaubenhofs sollen ausgenutzt werden – jedoch mit Bedacht: «Auf die Anlage gehören Mietwohnungen und keine Spekulationsobjekte; und unsere erste, zweite und dritte Priorität sind Wohnungen im preisgünstigen Segment.» Ein Teil der Wohnungen soll dabei für Alterswohnungen reserviert werden. Eilig mit der Überbauung hat die SP es jedoch nicht: «Die Stadt Zug soll zuerst bei den freien Parzellen bauen, die sie schon seit Längerem besitzt.»

GLP: Wohnungen und neues Quartierzentrum

Die GLP freut sich ebenso über den Kauf: «Der Zeitpunkt hätte kaum besser sein können, wenn man den goldenen Stadtsäckel anschaut und die anstehende Ortsplanrevision», so Fraktionschef David Meyer. Die Stadt solle den Hof selbst möglich authentisch bewahren. Bleibt also noch der Umschwung für mögliche Nutzungen. Ein weiteres Naherholungsgebiet lehnt die GLP entschieden ab: «Der nahe Wald und einen Steinwurf entfernt das Seeufer wecken ausreichend Parkgefühle.»

Für die GLP ist die Devise deshalb Wohnraum, besonders im oberen Parzellenbereich. «Mit guter Architektur lässt sich dort auch etwas mehr Wohnraum kreieren als das, was bisher etwas stakig geplant war.» Denkbar wäre für Meyer auch, in Zusammenarbeit mit dem Kanton mit der nahen Athene und dem Theilerhaus ein «integrales Quartier» entstehen zu lassen. «Die Liste der Begehrlichkeiten an die Stadt für Raum für Handwerk, Vereine, Betreuung, Quartierzentrum und weitere ist lang und könnte damit um die eine oder andere Zeile gekürzt werden.»

ALG: Gärten des Zurlaubenhofs nicht antasten!

Hingegen mahnt die ALG an den Umgang mit bisherigen Perlen wie dem Rötelberg und dem Salesianum. Beide würden durch Neubauten arg bedrängt. «Beim Zurlaubenhof haben wir die Chance, dem baulichen Ensemble den Platz zu lassen, der nötig ist, damit die Perle weiterhin zur Geltung kommt», so ALG-Co-Präsident Stefan Hodel. «Deshalb möchten wir, dass in den nächsten Jahren das landwirtschaftlich genutzte Umgelände nicht angetastet wird.»

Der Zurlaubenhof samt Umschwung besitzt eine stattliche Fläche – umso weniger verwundern die vielen Ideen zur Verwendung.
Der Zurlaubenhof samt Umschwung bildet eine stattliche Fläche – umso weniger verwundern die vielen Ideen zur Verwendung. (Bild: zvg)

Stattdessen sollen die vielen markanten Bäume und auch die Obstbäume so stehen bleiben. Die nicht mehr landwirtschaftlich genutzten Bauten könnte die Stadt hingegen für andere Zwecke verwenden. «Was sicher so schnell wie möglich nach der Übernahme verschwinden soll, sind die Verbotsschilder. Die Zugerinnen und Zuger sollen den Fussweg durch das Gelände nutzen können.»

CSP: Bebauung kommt nicht infrage

Für die CSP sei der Zurlaubenhof «die Perle der Perlen», weshalb das barocke Gehöft samt grosszügigem Umgelände auch in den Besitz der Stadt Zug gehöre. «Eine Bebauung wie es die Testplanung, die von der Familie Bossard in Auftrag gegeben und ausgelobt wurde, kommt für uns aber nicht infrage», so CSP-Gemeinderat Ignaz Voser. Zudem habe der Zurlaubenhof die höchste Erhaltungsstufe im Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz.

Den Hof samt Umschwung gelte es deshalb zu schützen und zu bewahren: «Hier ein paar mehr oder weniger passende um den Hof herum drapierte Wohnbauten zu realisieren schadet genau dieser Ausstrahlung.» Stattdessen gelte es den Kleinpark zu schützen und als Freiraum den Zugerinnen zugänglich zu machen. Statt Bauprojekten solle sich die Stadt erstmal dem Erhalt und den Sanierungen der Gebäude, Kunstbauten und der Gartenanlage widmen. «Nicht mehr und nicht weniger!»

SVP: zukünftige Generation soll darüber entscheiden

Die SVP wollte den Zurlaubenhof im Sinne einer strategischen Landreserve kaufen. Punkto Überbauung tritt sie jedoch auf die Bremse. «Es besteht kein Druck, die 32'000 Quadratmeter schnellstmöglich zu bebauen. Kommt Zeit, kommt Rat!», so SVP-Fraktionschef Roman Küng. Bereits an der Sitzung des Grossen Gemeinderats beantragte die SVP ein 15-jähriges Baumoratorium. Jedoch erfolglos: «Überflüssig» lautete der Tenor des Gemeinderats (zentralplus berichtete).

«Leider aber ist so eine grosse Chance vergeben worden», bedauert Küng. In 15 Jahren sehe die Welt wieder anders aus. «Stadtrat und GGR sind bis dann neu besetzt und neue Köpfe hätten neue Ideen realisieren können.»

Mitte: erstmal keine Überbauung

Laut Co-Präsidentin Manuela Leemann stehe für die Mitte der Erhalt des Zurlaubenhofs samt Umgebung im Zentrum. «Wir sind der Meinung, dass das Areal - zumindest in den nächsten Jahren - nicht weiter überbaut werden soll», schreibt die Gemeinderätin. Der Zurlaubenhof sei eine «einzigartige Perle der Stadt». Auch ohne Überbauung dürfte die Stadt mit den Mieteinnahmen eine Rendite von 1,2 Prozent erreichen.

«Hohe Renditen sollen an anderen Orten erzielt werden, nicht beim Zurlaubenhof.» Gerade damit das Areal erhalten bleibe, wollte die Mitte den barocken Hof kaufen. «Der Zurlaubenhof und die schöne Umgebung sollen für die nächsten Generationen erhalten bleiben.»

FDP: Wohnungsbau – sonst droht Wertverlust

Geht es nach den Stadtzuger Freisinnigen, war dies nicht die letzte Abstimmung punkto Zurlaubenhof: «Wir würden es begrüssen, falls die StimmbürgerInnen betreffend Überbauung das letzte Wort haben.» Schliesslich seien die 65 Millionen Franken auch für eine wohlhabende Stadt wie Zug viel Steuergeld. Zudem müsse der Stadtrat im Falle eines Verzichts auf eine Überbauung auch klar und transparent die 35 Millionen Franken abschreiben. Denn: Ohne eine Überbauung mit Mietwohnungen ist der Zurlaubenhof gemäss Schätzungen «nur» rund 30 Millionen Franken wert (zentralplus berichtete).

Lieber wäre es der FDP jedoch, «dass rasch anhand des bestehenden Richtprojekts ein Angebot für mittelständische Familien geschaffen wird». Denn so könne die Stadt dem Wohnungsmangel entgegenwirken.

Stadtrat will sich genügend Zeit lassen

Stadtrat André Wicki freut sich über das deutliche Resultat. Der Stadtrat hat nun die Aufgabe, zusammen mit dem Grossen Gemeinderat die zukünftige Nutzung festzulegen. Möglich sei eine «moderate, teilweise Überbauung» des Grundstücks auf Basis eines bereits erstellten Richtprojektes.

Durch eine massvolle Bebauung könnte Wohnraum für unterschiedliche Anspruchsgruppen entstehen und der Zurlaubenhof mit seinem barocken Garten und den Kulturgütern von nationaler Bedeutung als öffentlicher Raum bestehen bleiben, teilt die Stadt Zug am Sonntag in einer Mitteilung mit. Doch das dauert noch eine Weile: Der Stadtrat will sich hier genügend Zeit lassen für den politischen Prozess.

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch mit Ignaz Voser, Gemeinderat CSP Stadt Zug
  • Schriftlicher Austausch mit Manuela Leemann, Co-Präsidentin Die Mitte Stadt Zug
  • Telefonat mit Rupan Sivaganesan, Präsident SP Stadt Zug
  • Schriftlicher Austausch mit Stefan Hodel, Co-Präsident ALG Stadt Zug
  • Schriftlicher Austausch mit Elisabeth Glas, Präsidentin FDP Stadt Zug
  • Wahl-Resultate der Abstimmung
  • Schriftlicher Austausch mit Roman Küng, SVP-Fraktionschef des GGR
  • Schriftlicher Austausch mit David Meyer, GLP-Fraktionschef des GGR
  • Medienmitteilung Stadt Zug
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