Grosse und kleine Geheimnisse um hohe Beträge

So viel müssen Zuger Richterinnen ihren Parteien bezahlen

Parteiabgaben von Richterinnen und Richtern sind höchst umstritten. (Bild: Adobe Stock)

Auf Nachfrage von zentralplus hin geben die Zuger Parteien bekannt, wie viel ihre Richterinnen und Richter ihnen für deren Mandat bezahlen müssen: Es sind teilweise erhebliche Beträge. Eine Ausnahme gibt es aber: Eine Partei will diese Zahlen weiterhin nicht veröffentlichen.

Der Vorwurf ist nicht ohne: Keine Zuger Partei gebe bekannt, wie viel ihr die Richter für das Amt bezahlen müssen. Dass die Richterinnen den Parteien, die sie zur Wahl aufstellen, sogenannte Mandatsabgaben machen müssen, ist eine schon lange umstrittene Praxis.

Das Ganze sei «total intransparent», meinte der Zuger Jurist Stefan Thöni kürzlich an dieser Stelle (zentralplus berichtete). zentralplus hat nachgefragt und kommt nun aber – direkt oder indirekt –  doch zu den meisten Angaben.

In einigen Fällen sind es die konkreten Zahlen, in anderen ist es zumindest die Berechnungsweise. Was aber stimmt: Von sich aus gibt ein Teil der Zuger Parteien die entsprechenden Beträge eher ungern preis. Auf Anfrage hin kommt dann schon mal die Rückfrage, ob da auch die anderen Parteien mitmachen.

Die FDP macht’s mit Pauschalbeträgen

Die Frage der Mandatsabgabe der Richter steht derzeit wegen der nationalen Justizinitiative im Fokus. Im Kanton Zug interessiert das Thema aktuell aber auch in Zusammenhang mit der Wahl ins Verwaltungsgericht.

Einfach ist die Berechnung bei der FDP: Für eine Richterstelle im Vollamt verlangt die Partei pauschal 3'000 Franken. Die Mandatsabgaben seien in den Statuten der Partei festgelegt, erklärt Marc Reinhardt, Kommunikationsverantwortlicher der Zuger FDP, auf Anfrage.

Ebenfalls auf die Parteistatuten verweist Thomas Aeschi von der Zuger SVP; Emil Schweizer, Leiter der SVP-Parteifinanzen, liefert in der Folge die aktualisierten Zahlen. Die SVP differenziert leicht: Richterinnen am Ober- und am Verwaltungsgericht bezahlen 5'750 Franken, beim Kantons- und beim Strafgericht 4'403 Franken.

GLP und SP: Mit etwas Rechnerei zu den Zahlen

«Unsere Mandatsabgaben sind in unseren Statuten zu finden», sagt auch Tabea Estermann, Co-Präsidentin der Grünliberalen (GLP) des Kantons Zug. «Für Richter planen wir künftig den gleichen Satz anzuwenden wie für Exekutivämter. Da wir bis anhin keinen Richter hatten, war das bisher noch nicht definiert.» Man werde diesen Punkt an der kommenden Versammlung ebenfalls in die Statuten aufnehmen.

Für Exekutivämter verlangt die GLP fünf Prozent vom Nettogehalt. Kleine Rechenhilfe: Gemäss kantonalem Personalgesetz beträgt das Jahresgehalt der hauptamtlichen Richterinnen und Richter des Obergerichts und des Verwaltungsgerichts 230'489 Franken. Die GLP nehme jeweils den Nettolohn vom Lohnausweis, erklärt Tabea Estermann. Grob gerechnet kommt man so in den Bereich um die 10'000 Franken.

Eine einigermassen komplizierte Rechnerei sieht die SP vor. Präsidentin Barbara Gysel verweist ebenfalls auf die Statuten. Dort ist festgehalten, dass «vollamtliche Richter» –  das Reglement ist sprachlich offensichtlich etwas angejahrt – «für das 100'000 Franken übersteigende Nettoeinkommen» 15 Prozent zu überweisen haben.

Die Mitte nennt keine Zahlen

Die Mitte Kanton Zug gibt nicht bekannt, wie viel ihre Mandatsträgerinnen der Partei abzugeben haben. «Zur Höhe der Mandatsbeiträge kann ich aus Gründen der Vertraulichkeit keine konkreten Angaben machen», schreibt Präsidentin Laura Dittli auf Anfrage.

Die Beträge seien aber grundsätzlich abhängig vom Gehalt und würden sich in einem «geringen Bereich» bewegen. Wenn man generelle Transparenz wolle, so stosse unser Milizsystem an seine Grenzen: «Dann muss man sich Gedanken über eine staatliche Parteienfinanzierung machen.»

Andreas Lustenberger, Präsident der Alternative – die Grüne Kanton Zug, sagt, die Mandatsabgaben der ALG seien in einem Anhang zu den Parteistatuten zu finden. Zum Start der letzten Amtsperiode war dieses Reglement aber noch nicht in Kraft. «Deshalb haben wir die Mandatsabgaben mit unseren Richterinnen und Richtern individuell festgelegt. Sie bewegen sich zwischen 7'000 bis 12'000 Franken.»

Für kleinere Parteien besonders wichtig

Einzelne Parteien äussern sich auch zu den Gründen für diese Abgaben. So sagt Andreas Lustenberger von der ALG: «Ich bin ein klarer Befürworter von Mandatsabgaben, auch bei den Richterinnen und Richtern. Ihre Unabhängigkeit ist damit in keiner Weise beeinträchtigt.» Für eine Veränderung wäre eine Anpassung des heute erprobten Systems nötig. «Das halte ich für unpassend. Andernfalls müsste man auf den Vorschlag der Jungen Grünen umschwenken, welche zwar fordern, dass das System angepasst wird, aber gleichzeitig die Parteienfinanzierung eingeführt werden muss.» 

«Unsere Philosophie ist es, dass Personen, die dank der Partei in ein Amt kommen, dieser auch etwas zurückgeben müssen.»

Andreas Lustenberger, Präsident ALG

Gerade für kleinere Parteien seien die Mandatsabgaben sehr wichtig. «Zudem ist unsere Philosophie, dass Personen, die dank der Partei in ein Amt kommen, dieser auch etwas zurückgeben müssen. Unsere Partei funktioniert nur dank unzähligen freiwillig engagierten Mitgliedern und Sympis.» Diese würden viel Arbeit leisten – und vielleicht ohne je in ein Amt zu gelangen.

Gesundes Gleichgewicht

«Die Richter erhalten – anders als zum Beispiel ein Kantonsrat – eine angemessene finanzielle Vergütung für ihr Amt», erklärt Tabea Estermann von der Zuger GLP. Im Gegensatz zu den vielen Freiwilligen würden Richter ihrer Partei nicht einen Teil ihrer freien Zeit, sondern einen Teil ihres Lohns zur Verfügung stellen. «Die Diskussion um die Abhängigkeit der Richter, die so oft geführt wird, vernachlässigt den Aspekt der Abhängigkeit der Parteien von den Mandatsabgaben. Daher besteht meines Erachtens ein gesundes Gleichgewicht.»

Laura Dittli von «Die Mitte Zug» betont derweil, dass diese Mandatsbeiträge ausschliesslich für Wahlen verwendet werden: «Dies sowohl bei den politischen Personen als auch bei den Richtern, da auch diese vom Volk gewählt werden.»

Auch am Obergericht ein Thema

Die Schweizerische Vereinigung der Richterinnen und Richter (SVR) hat sich in der Vergangenheit gegen diese Form der Parteiensteuer gewehrt. Verwaltungsgerichtspräsident Aldo Elsener meint dazu: «Die Frage der Mandatsbeiträge ist begreiflicherweise immer wieder Gegenstand von Diskussionen in der Öffentlichkeit. Sie muss in einer gesamthaften Betrachtung der Parteienfinanzierung beurteilt werden.» Das Ganze sei wohl eine typisch schweizerische Einrichtung. 

Er selber habe sich zu dieser Frage noch nie öffentlich geäussert. «Es wurde mir – aber auch dem gesamten Gericht –  noch nie von einer Prozesspartei unterstellt, bei einem Entscheid parteipolitisch befangen gewesen zu sein.»

«Es ist uns klar, dass diese Zahlungen für die politischen Parteien offenbar eine Finanzquelle sind. Die Richterinnen und Richter haben dafür ein gewisses Verständnis, könnten aber auch ohne diese Abgaben leben.»

Felix Ulrich, Präsident Zuger Obergericht

Felix Ulrich, Präsident des Zuger Obergerichts bestätigt derweil, dass diese Mandatsabgaben bei den Richterinnen auch am Obergericht von Zeit zu Zeit ein Thema sind. Unter anderem werde – je nach Partei – über die unterschiedliche Höhe dieser Abgaben gesprochen. «Es ist uns klar, dass diese Zahlungen für die politischen Parteien offenbar eine Finanzquelle sind. Die Richterinnen und Richter haben dafür ein gewisses Verständnis, könnten aber auch ohne diese Abgaben leben», so Ulrich.

Ein möglicher Alternativvorschlag

Die Mandatssteuern im Justizwesen bleiben also umstritten. Martin Hilti von Transparency Schweiz sagt: «Wir stehen der Mandatssteuer sehr kritisch gegenüber. Sie schafft heikle Abhängigkeiten, führt zu Interessenkonflikten und stellt die Unabhängigkeit der Justiz infrage.» Bleibt aber das Problem, dass vorab die kleineren Parteien auf diese Abgaben offensichtlich angewiesen sind. Und würden die Mandatsabgaben nur im Bereich der Justiz gestrichen, so hätte dies innerhalb der einzelnen Parteien eine gewisse Ungleichbehandlung von Amtsträgern zur Folge.

Eine Möglichkeit könnte sein, dass Richterinnen ihre Abgabe in einen allgemeinen Fonds einzahlen, dessen Betrag nach einem zu bestimmenden Verteilschlüssel den Parteien zugute kommt. Dazu Martin Hilti: «Ein solcher Vorschlag einer Abgabe in einen allgemeinen Topf könnte dem Problem zweifelsohne entgegenwirken, sollte er denn politisch mehrheitsfähig sein.»

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2 Kommentare
  • Profilfoto von Eribert Fürstlich
    Eribert Fürstlich, 26.11.2021, 11:14 Uhr

    Corruption à la Suisse.

    Und verdienen auch gleich für vier ordentliche Büezer: CHF 230’489.-

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  • Profilfoto von Hegard
    Hegard, 26.11.2021, 08:23 Uhr

    Ich finde diese Korupte Machenschaften total daneben,Ein Richter sollte Neutral sein und nicht abhängig von Parteien sein.Zudem ist es sein Verdienst und nicht der Parteien. Diese Korupte vorgehensweise ist ein Justiz Skandal.

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