Zum Schutz der Kaufkraft

Das hält ein Experte von Pfisters Gutschein-Idee

Gerhard Pfisters Partei «Die Mitte» hat das Ziel, die Kaufkraft für den Mittelstand zu erhalten (Bild: Gerhard Pfister)

Das Leben ist in den letzten Monaten teurer geworden – und es wird nicht besser. Die Aussicht auf hohe Nebenkosten bei der Wohnungsmiete macht keine Freude. Mitte-Parteipräsident Gerhard Pfister will die Kaufkraft im Mittelstand schützen. Seine Idee: Gutscheine sollen die Lage entschärfen.

Gerhard Pfister hat eine Interpellation eingereicht. Der Zuger Nationalrat sorgt sich um den Mittelstand in der Schweiz, da das Leben teuer wurde und sich noch verteuern wird. Es wird erwartet, dass die Krankenkassenprämien und die Nebenkosten massiv ansteigen (zentralplus berichtete).

«Die Mitte» sorge sich um den Mittelstand. Gerhard Pfister sagt gegenüber zentralplus: «Dazu hat unsere Partei Vorschläge gemacht wie eine Anpassung der Renten an die Teuerung oder eine Erhöhung der Beiträge für die Verbilligung der Krankenkassenprämien. In diesem Zusammenhang ist auch die eingereichte Interpellation zu sehen.»

Durch die politischen und wirtschaftlichen Verwerfungen in Europa und deren Auswirkungen auf die Schweiz handle die Partei. «Die Mitte hat dazu eine ausserordentliche Session in der kommenden Herbstsession verlangt», sagt Gerhard Pfister.

Dringende Massnahmen? Bundesbern sieht keinen Bedarf

Die Interpellation «Kaufkraft schützen! Gezielte Gutscheine für Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen» stellt mehrere Fragen. Unter anderem will der Nationalrat wissen, wie der Bundesrat die Kaufkraft im Mittelstand schützen will.

Die Antwort aus Bundesbern: «Der Bundesrat ist sich der Herausforderungen rund um die gestiegenen Energiepreise bewusst. Er sieht gegenwärtig keinen Bedarf für dringende Massnahmen zum Schutz der Kaufkraft.»

Da die weitere Entwicklung unsicher ist, seien verschiedene Massnahmen auf dem Prüfstand. Beispielsweise sei zu prüfen, wie einkommensschwächere Haushalte im Bedarfsfall unterstützt werden könnten.

Können Gutscheine die Kaufkraft retten?

Kann es tatsächlich der Kaufkraft helfen, wenn Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen Gutscheine erhalten? zentralplus fragt bei Christoph Hauser nach. Er ist Dozent für Volkswirtschaft und Wirtschaftspolitik und Projektleiter an der Hochschule Luzern.

Er ist der Ansicht, dass die Idee von Gerhard Pfister grundsätzlich funktionieren kann. «Wobei es natürlich darauf ankommt, wie viele Mittel man dafür einsetzt, dass es auch eine spürbare Wirkung hat. Die Massnahme kann dabei für die Staatskassen schnell sehr teuer werden.»

Es sei grundsätzlich sinnvoller, Haushalte zu entlasten, als einfach nur einzelne Produkte billiger zu machen. «Wenn Energie nun teurer ist, führt dieses Preissignal dazu, dass weniger davon verbraucht wird. Dem sollte nun nicht mit der Giesskanne entgegengewirkt werden, sonst entstehen Effekte, die man genau nicht will», sagt Hauser. Es sei allerdings schwer zu definieren, ab wann man von Härtefällen sprechen müsse und wie man solche dann unterstütze.

Ein weiteres Problem sieht der Experte auch bei Angebot und Nachfrage: «Inflation ist auch ein Ausdruck davon, dass die Nachfrage grösser ist als das Angebot. Darum stehen die Nationalbanken bei Inflation auf die Bremse. Wenn nun mit Gutscheinen die Nachfrage gestützt wird, fördert das die Inflation eher wieder.»

Das hilft der Kaufkraft in der Krise wirklich

Um die Kaufkraft in der Schweiz wirklich zu stärken, braucht es mehrere Faktoren. Für Christoph Hauser ist klar: Die Giesskanne kann im Garten bleiben. Der Wirtschaft hilft das Giesskannenprinzip nicht wirklich.

Denn dadurch entstehen schwierige Abgrenzungsfragen und administrative Aufwände, wenn nur einzelne Haushalte profitieren. «Daher sollte man eher darüber diskutieren, ob die bereits bestehenden Instrumente für den Einkommensausgleich hinreichend sind oder auszubauen sind.»

Die Instrumente, die Hauser anspricht, sind beispielsweise Prämienverbilligungen oder die progressiven Einkommenssteuern. «Und überhaupt das bestehende System der sozialen Sicherheit.»

Es gebe einige sehr wichtige Faktoren, die für die Stärke der Kaufkraft entscheidend seien. «Insbesondere, ob Löhne, Renten und so weiter der Teuerung angepasst werden.» Die Steuertarife sollten ebenfalls zeitnah angepasst werden, damit es keine kalte Progression gibt. «Last but not least ist ein funktionierender Wettbewerb wichtig, damit Preise nicht überhöht werden können», sagt der Dozent.

So düster ist der Blick in die Zukunft

Die Inflationsrate in der Schweiz ist bei 3,4 Prozent höher als gewünscht. Trotzdem sagt Christoph Hauser: «Im Vergleich zu anderen Ländern ist dies aber noch moderat und es gibt namhafte Ökonominnen und Ökonomen, die Inflationsraten bis 4 Prozent als noch gut vertretbar ansehen.»

In Europa sorgen die Energieträger für einen Preisschub. Dies könnte beim Strom noch ein bisschen in diese Richtung weitergehen.

Trotzdem erwartet der Experte, dass sich der Preisschub mittelfristig wieder abflacht, auch wenn Energie teuer bleibt. «Wichtig ist, dass keine langfristige Inflationserwartung entsteht. Diese Gefahr scheint in den USA grösser, deshalb geht dort die Nationalbank (das Fed) nun auch entschlossener gegen die Inflation vor.»

Verwendete Quellen
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4 Kommentare
  • Profilfoto von Albus
    Albus, 28.08.2022, 19:41 Uhr

    Vielleicht sollten wir unsere Agrarzölle doch abschaffen, dann können alle sparen – und unsere Landwirtschaft wird dann endlich angespornt effizienter zu arbeiten.

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  • Profilfoto von Armando
    Armando, 27.08.2022, 20:20 Uhr

    Krankenkassen-Prämienverbilligung massiv erhöhen, damit ist den Bedürftigen am meisten geholfen. Die Kantone haben alle relevanten Daten der IPV-Empfänger.

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  • Profilfoto von Hegard
    Hegard, 27.08.2022, 12:47 Uhr

    Gutscheine= Regentropfen auf einen Heissen Stein.
    Die Kaufkraft wird immer schwächer seit dem ich in der Schule war.
    Es Mutschli+Schoggi stängeli 0.30.-
    Und die Löhne hintennach wie 🐢🐢🐢

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  • Profilfoto von Remo Gubler
    Remo Gubler, 27.08.2022, 10:12 Uhr

    Dann haben wir halt, auf der obersten Spitze der Maslow-Pyramide, etwas weniger Kaufkraft, die Umwelt würde sich bedanken, das Geld geht bei 90% der Leute eh in den Hyperkonsum! Völlig unnötige Gießkanne. Bei den Löhnen ansetzen, ausser bei den obersten, aber das weiss Pfister selbst alles ganz genau. Seine Idee ist primär populistisch motiviert.

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