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Die Proteste gegen Corona-Massnahmen reissen nicht ab. Für Montagabend haben Massnahmenkritiker einen Fackelzug durch Luzern angekündigt. Die Stadt lässt sie gewähren.
Erst vor wenigen Wochen marschierten vor dem privaten Wohnhaus der sächsischen Gesundheitsministerin Petra Köpping Fackelträger auf, um gegen Corona-Massnahmen zu demonstrieren. Die Aktion löste deutschlandweite Empörung aus. Jetzt schwappt dieses umstrittene «Stilmittel» des Corona-Protests in die Zentralschweiz über. Auf Telegram wird für Montagabend ein Corona-Fackelzug durch Luzern angekündigt.
Massive Kritik in Deutschland
Die Aktion in Sachsen hat bei vielen Deutschen böse Erinnerungen hervorgerufen. «Das sind Methoden, die hat die SA erfunden», zitierte die «Deutsche Welle» Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) in Erinnerung an die Kampftruppe der Nationalsozialisten. SPD-Chef Norbert Walter-Borjans bezeichnete die Aktion auf Twitter als in «Art und Auftritt faschistoid».
Neben dem Fackelauftritt an sich bezieht sich die Kritik darauf, dass die Politikerin an ihrem Wohnort aufgesucht worden ist. Die sächsische Staatsregierung verurteilte die Aktion als «eine Grenzüberschreitung mit dem Ziel, Verantwortungsträger einzuschüchtern».
Extremismusforscher Professor Matthias Quent ordnete das Einschüchtern der Politikerin an ihrem Wohnort im «ZDF» als «ziemlich kalt geplante rechtsradikale Form» ein, sich Aufmerksamkeit zu verschaffen. Er warnte allerdings auch ganz allgemein vor dem «polizeilichen Nichtumgang mit vielen der sogenannten Spaziergänge, die jetzt gegen die neuen Massnahmen der neuen Welle der Corona-Pandemie stattfinden.»
Fackelzug durch Luzern – aber nicht auf der Kapellbrücke
Das Feuer und der Mensch – das ist eine jahrtausendealte Beziehung, die im Kopf eines jeden Assoziationen auslösen dürfte. Siegesfeuer, Lagerfeuer, Wärme – aber auch katastrophale Brände und brutale Aufstände. Es gab in der Menschheitsgeschichte religiöse Fackelprozessionen oder solche zur Ehrung herausragender Persönlichkeiten. Klar ist aber: Fackelzüge im politischen Kontext sind fast immer negativ belastet. Sie sind damit ein starkes Symbol und eine neue Stufe des Corona-Protests.
Erst waren es Trycheln, jetzt sind es Fackeln. Die Demonstranten bedienen sich archaischer Stilmittel. Während dies in Deutschland scharf kritisiert wird, nehmen es die Luzerner Behörden gelassen. Die Kundgebung ist bewilligt – inklusive Fackelzug durch Luzern.
«Das Mittragen von Fackeln ist auf dem letzten Streckenteil, das heisst ab der Treppe Hofkirche via Nationalquai – Schweizerhofquai bis Schwanenplatz, erlaubt», teilt ein Projektleiter der Dienststelle Stadtraum und Veranstaltungen auf Anfrage von zentralplus mit. Die Einschränkung: Weder auf der Kapellbrücke noch in der Altstadt sind die Fackeln erlaubt.
Bereits der zweite Fackelzug durch Luzern
Bereits vor gut einer Woche sind Demonstrantinnen mit Fackeln vor das Luzerner Regierungsgebäude gezogen (zentralplus berichtete). Mehrere zentralplus-Kommentatoren äusserten daraufhin die Meinung, dass dies ein wenig an längst vergangene Zeiten erinnere. Zuvor hatten sich Massnahmengegner in Solothurn dieses belasteten Stilmittels bedient, wie der Lokalsender «Tele M1» berichtete.
Wer genau hinter dem Demo-Aufruf für Montag steckt, geht aus dem Flyer nicht hervor, der auf Telegram kursiert. Geteilt hat ihn unter anderem der massnahmenkritische Verein Mass-Voll. «Wir sind aber nicht die Organisatoren», sagt Präsident Nicolas A. Rimoldi auf Anfrage.
Er hält den Fackelzug durch Luzern jedoch für unproblematisch: «Fackeln geben warm und machen hell, wer will, soll das machen», meint Rimoldi. Dass Fackeln als Stilmittel belastet sein könnten, sieht er nicht. «Wenn zu Recht Assoziationen zu den dunklen Kapiteln der Menschheitsgeschichte entstehen, dann betreffen sie die Diskriminierung von Ungeimpften.»
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