Emotionale Abstimmung in der Gemeindeversammlung

Chamer erteilen Kiesabbau in der schönen Natur eine Abfuhr

Schluss mit solchen Mondlandschaften wie im Äbnetwald: Das Chamer Stimmvolk votierte gegen einen Kiesabbau in Hatwil-Hubletzen.

(Bild: mam)

Kies sind nicht nur viele Steine, die fürs Bauen gebraucht werden. Kies steht auch für viel Geld und Landschaftszerstörung. Letzteres lehnten die Chamer bei der Gemeindeversammlung am Montag grossmehrheitlich ab. 

Wer die tristen Mondlandschaften der ausgehöhlten Kiesgruben im Äbnetwald schon einmal gesehen hat, kann die Chamer und ihre Beziehung zum Kiesabbau verstehen. Denn einerseits tolerieren sie dort seit Jahren den Abbau. Andererseits ist es ihnen arg um die zerstörte Landschaft.

Nun haben die Gemeinde Cham und die meisten ihrer Stimmbürger offensichtlich endgültig genug. Genug von neuen Kiesabbaugebieten mit riesigen Löchern und Gruben.

Motion «Kein Kiesabbau Hatwil-Hubletzen»

Denn als es deshalb am Montag in der Gemeindeversammlung im Lorzensaal darum ging, über die Erheblicherklärung der Motion «Kein Kiesabbau Hatwil-Hubletzen» abzustimmen, waren die Meinungen quasi schon gemacht.

Kein Wunder. Hatten doch im März des Jahres alle Ortsparteipräsidenten sowie alle Kantonsräte ihr Votum in einer gemeinsamen Motion zum Ausdruck gebracht. Sprich, dass man das Gebiet Hatwil-Hubletzen, welches in der Nähe des Klosters Frauental liegt, eben nicht mehr in den kantonalen Richtplan für einen zukünftigen Abbau verankern lassen will.

«Für die Gemeinde ist es wichtig, wenn sie ein Zeichen nach aussen setzen kann.»

Rolf Ineichen, Bauchef Cham, SVP

Zwar entscheidet letztendlich über den künftigen Chamer Kies zuerst der Regierungsrat im Herbst und danach der Kantonsrat.

So ein Kieswerk wie im Äbnetwald bei Niederwil will Cham nicht mehr in Hatwil-Hubletzen.

So ein Kieswerk wie im Äbnetwald bei Niederwil will Cham nicht mehr in Hatwil-Hubletzen.

(Bild: mam)

«Doch für die Gemeinde ist es wichtig, wenn sie ein entsprechendes Argumentarium zur Hand hat und ein Zeichen nach aussen setzen kann», sagte Bauchef Rolf Ineichen zu den 182 anwesenden Stimmbürgern. Denn rein rechtlich habe die Motion keine Wirkung.

«Abbau ist ineffektiv» und zerstört Naherholungsraum

Er erklärte auch, warum die Gemeinde gegen den Abbau in Hatwil-Hubletzen ist. «Der Abbau und der Ertrag stehen in krassem Gegensatz und ist ineffektiv», so der SVP-Gemeinderat. Man würde eine schützenswerte Landschaft, die sich in kantonalen und gemeindlichen Schutzzonen befindet und innerhalb eines Perimeters des Bundesinventars der Landschaften von nationaler Bedeutung liegt, zerstören. Man würde zudem ein Naherholungsgebiet und landwirtschaftliche Fruchtflächen dem Kies opfern.

Gleichzeitig übte Ineichen Kritik an der Kiespolitik des Kantons, indem er die hohe Exportrate (33 Prozent) und den schnellen Verlust der heimischen Kiesreserven ankreidete. «Man muss künftig einfach viel mehr auf Recycling-Baustoffe setzen.»

«Mir langt das, was über Jahre im Äbnetwald passiert ist und was man dort gemacht hat.»

Markus Jans, SP Cham

Auch Hans Baumgartner von der Chamer CVP und Vertreter der Motionäre, betonte, dass man in Zukunft eben nur noch einen massvollen Kiesabbau betreiben könne. «Wir Chamer haben den Kiesabbau jahrzehntelang unterstützt, doch diese gewaltigen, drohenden Erdbewegungen und die Gefährdung der Trinkwasserreserven für unsere Kinder und Kindeskinder können wir nun nicht mehr riskieren.» Er erhielt Applaus auf offener Szene.

Einem platzte dann wohl stellvertretend für viele in der Gemeindeversammlung so richtig der Kragen – Markus Jans von der SP Cham. «Mir langt das, was über Jahre im Äbnetwald passiert ist und was man dort gemacht hat.»

182 Chamer waren bei der Gemeindeversammlung anwesend: Grossmehrheitlich wurde die Motion gegen weiteren Kiesabbau abgelehnt.

182 Chamer waren bei der Gemeindeversammlung anwesend: Grossmehrheitlich wurde die Motion gegen weiteren Kiesabbau abgelehnt.

(Bild: woz)

Denn die dort entstandene Industriezone sei so nie geplant gewesen. «Wir würden Arbeitsplätze vernichten, wenn wir dem Kiesabbau in Hatwil-Hubletzen zustimmen – und zwar Arbeitsplätze in der Landwirtschaft, die für unsere Ernährung verantwortlich ist.»

Es gab auch aber Widerstand gegen die Erheblicherklärung der Motion. Sebastian Meier, langjähriger Verwalter des Klosters Frauental, führte ins Feld, dass man den Kiesabbau in Hatwil-Hubletzen durchaus sehr sorgfältig und naturschonend geplant habe und dass dieser ja erst ab 2032 vorgesehen sei.

Gewerbevereinspräsident: Von Arbeitsplätzen und Renaturierungen

Und Chams Gewerbevereinspräsident Erich Herzog appelierte an die anwesenden Stimmbürger, dass es ja noch viel zu bauen gebe in Cham und man dafür Kies benötige. Ausserdem gehe es um Arbeitsplätze. Für entsprechende Renaturierungen sei gesorgt.

Doch die Meinungen des Stimmvolks waren, wie gesagt, gemacht. Für die Natur. Und nicht mehr für weiteren Kies. Die Gemeindeversammlung stimmte deshalb grossmehrheitlich für die Erheblicherklärung und Abschreibung der Motion. Ein Antrag Meiers auf Nichterheblicherklärung wurde klar abgelehnt.

Weitere Entscheidungen der Chamer Gemeindeversammlung

Die Gemeindeversammlung verabschiedete noch weitere Traktanden. Der Jahresrechnung mit einem Gewinn von 9,2 Millionen Franken wurde bei einer Enthaltung zugestimmt. Das Geld fliesst komplett in das Eigenkapital der Gemeinde.

Der Gemeinderat erhält künftig 280 Stellenprozent für den gestiegenen Arbeitsaufwand in der gewachsenen Gemeinde sowie höhere Spesenpauschalen. Es gab eine Enthaltung.

Für den neuen Fuss- und Radweg Kirchbühl wurde ein Planungs- und Baukredit von rund 484’000 Franken grossmehrheitlich angenommen. Mehrere Änderungsanträge des alternativ-grünen Krifos lehnten die Stimmbürger ab.

Die Gemeinde stimmte zudem der Weiterführung der Buslinie 42 bis zum Bahnhof Knonau zu.

Dagegen lehnten die Stimmbürger ein in einer Motion vorgeschlagenes Baumschutzgesetz ab.

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