Michèle Blöchliger kandidiert

Bundesrat: Nidwaldnerin stellt sich Tännler in den Weg

Die Nidwaldner Regierungsrätin Michèle Blöchliger will in den Bundesrat – und konkurrenziert damit den Zuger Heinz Tännler. (Bild: Screenshot Youtube)

Ein Vertreter der Geberkantone muss im Bundesrat sein, fordert der Zuger Finanzdirektor Heinz Tännler. Und meint damit sich selber. Nun bekommt er mit Michèle Blöchliger eine Konkurrentin, die mit dem gleichen Argument in die engere Auswahl kommt.

Der Nationale Finanzausgleich (NFA) stellt die Solidarität innerhalb der Schweiz sicher. Die reichen Kantone ziehen den Karren in unserem Land. Das sollte sich auch durch eine Vertretung in der Landesregierung ausdrücken. Mit diesem Argument macht der Zuger Finanzdirektor Heinz Tännler im Hinblick auf die Bundesratswahlen Werbung in eigener Sache (zentralplus berichtete).

Er bekommt dafür viel Lob. «Es kann nicht sein, dass in unserer Landesregierung nur noch Leute sitzen, die aus Kantonen stammen, die zu den Virtuosen der hohlen Hand zählen, und die Leistungsträger unseres Landes dürfen zusehen, wie ihr Geld in Bern verbrannt wird», kommentierte beispielsweise Markus Somm in der «Sonntagszeitung» (zentralplus berichtete).

Michèle Blöchliger ist seit über zwanzig Jahren in der Politik

Nun aber gibt es für Heinz Tännler mit der Nidwaldner Regierungsrätin Michèle Blöchliger Konkurrenz, die ebenfalls von sich behaupten kann, einen Geberkanton zu vertreten. Die SVP Nidwalden hat am Montag bekannt gegeben, dass sie ihre Gründungspräsidentin als Kandidatin für die Nachfolge von Bundesrat Ueli Maurer nominiert.

Die Anwältin arbeitete für Grossbanken und Kanzleien – unter anderem in Zug. Sie ist wie Tännler Finanzdirektorin, nachdem sie während der Corona-Pandemie Gesundheits- und Sozialdirektorin war. In dieser Zeit fiel sie als differenziert auf. Sie distanzierte sich von den Äusserungen gewisser Parteikollegen, die Schweiz sei eine «Diktatur» geworden. Wobei sie den Bundesrat für seine Corona-Politik und die damit einhergehenden Machtverschiebungen durchaus kritisierte. Die 55-Jährige vertrat vor ihrer Wahl in die Regierung die SVP 16 Jahre lang im Kantonsrat.

Regierungserfahrung, NFA, Zentralschweiz: Remis nach drei Zügen

Letztmals war mit Kaspar Villiger vor 19 Jahren ein Vertreter aus der Zentralschweiz im Bundesrat. Sowohl Tännler als auch Blöchliger können für sich in Anspruch nehmen, dies zu ändern. Als Zwischenergebnis ergibt sich damit zwischen den beiden im direkten Konkurrenzvergleich ein «Remis».

Michèle Blöchliger hat allerdings noch zwei Asse im Ärmel: Erstens ist sie eine Frau. Zweitens hatte die SVP – weil sie Eveline Widmer-Schlumpf nach deren Wahl ausschloss – noch nie eine Bundesrätin. Das missfällt sogar prominenten Stimmen aus der Partei selber. SVP-Parteipräsident Marco Chiesa äusserte gegenüber dem «Blick» den Wunsch, dass nicht nur Männer ins Rennen geschickt werden. Auch der frühere Parteichef Toni Brunner hat sich öffentlich dafür ausgesprochen, dass eine Frau aufs Ticket soll.

Verbindungen des Kantons zu Russland: ein Risiko für Tännler?

In Anbetracht der aktuellen Weltlage könnten Tännlers Chancen zudem durch die Tatsache geschmälert werden, dass der Kanton Zug jahrelang enge wirtschaftliche Verbindungen zu Russland hatte. Dem Zuger Finanzdirektor wird von linker Seite immer wieder vorgeworfen, er pflege eine fragwürdige Willkommenskultur gegenüber ausländischen Wirtschaftskräften. Als es darum ging, aufgrund des Angriffs auf die Ukraine Sanktionen gegen Russland zu ergreifen, reagierte die Zuger Regierung zudem zögerlich (zentralplus berichtete). Michèle Blöchliger ist diesbezüglich unbelastet.

Bei der Schweizerischen Volkspartei immer ein Thema ist das Verhältnis zu Übervater Christoph Blocher, der nach wie vor grossen Einfluss hat. Wie steht es diesbezüglich bei den beiden Kandidaten für den Bundesrat aus der Zentralschweiz? Tännler sagt dazu, das Verhältnis sei «absolut korrekt und unbelastet». Gleichzeitig geht er eher auf Distanz: «Ich war noch nie bei ihm in Herrliberg», sagte er in der «Zuger Zeitung» am Freitag.

Erhöht Tännlers Distanz zu Blocher die Chance, Bundesrat zu werden?

Nicht als Hardliner zu gelten erhöht die Sympathien bei den anderen Parteien – welche letztlich über die Nachfolge von Ueli Maurer entscheiden werden. Allerdings ist die Findungskommission der SVP von der Zusammensetzung her eher geneigt, Kandidaturen zu empfehlen, die dem inneren Zirkel der Zürcher SVP genehm sind, wie der «Tages-Anzeiger» zu berichten weiss.

Sowohl Michèle Blöchliger als auch der Zuger Nationalrat Thomas Aeschi – der als Hardliner gilt – sind dort Mitglied. Die Nidwaldner Regierungsrätin dürfte Blocher etwas näher stehen, als Tännler es tut. Zum 20-Jahre-Jubiläum der Partei hatte der ehemalige Bundesrat zusammen mit ihr einen Auftritt. In kleinem und familiärem Rahmen, wie die «Nidwaldner Zeitung» damals berichtete.

Tännler hat schon mal versucht, Bundesrat zu werden

Was in der Findungskommission allenfalls Thema werden könnte: Es ist nicht das erste Mal, dass Heinz Tännler als Bundesrat gehandelt wird. 2015 hatte sich der Zuger Finanzdirektor zunächst positiv zu einer allfälligen Kandidatur geäussert. Allerdings geriet er unter Beschuss wegen seiner Vergangenheit als Direktor der Rechtsabteilung der Fifa (zentralplus berichtete). Das würde eher dafür sprechen, dass es die «unverbrannte» Michèle Blöchliger aufs Ticket schafft.

Noch bis Freitag haben die Kantonalsektionen Zeit, Kandidatinnen für die Nachfolge von Bundesrat Ueli Maurer anzumelden. Danach wird die Findungskommission unter der Leitung von alt Nationalrat Caspar Baader (68) diese anhören und der Fraktion bis zum 11. November eine Auswahl vorschlagen. Die Vereinigte Bundesversammlung wird am 7. Dezember ein neues Mitglied für den Bundesrat wählen.

Verwendete Quellen
  • Kolumne von Markus Somm in der «Sonntagszeitung»
  • Artikel im «Blick»: SVP sucht verzweifelt eine Frau
  • Artikel in der «Zuger Zeitung» zu Tännlers Kandidatur
  • Artikel in der «Nidwaldner Zeitung» zum Blocher-Auftritt am Partei-Jubiläum
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6 Kommentare
  • Profilfoto von Toni
    Toni, 19.10.2022, 17:11 Uhr

    Frau Blöchliger könnte nach diesem Faupax die Kanditatur heute schon rückgängig machen
    Erspart sich viel Nerven

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  • Profilfoto von Cory Gunz
    Cory Gunz, 17.10.2022, 17:42 Uhr

    Man soll ja Politiker, und Frauen im Besonderen, nicht auf Ausserlichkeiten reduzieren. Doch eine Regierungsrätin, die ihre Haare drogerierot färbt, das vor allem bei der deutschen Unterschicht beliebt ist, sendet doch ein etwas merkwürdiges Zeichen ans Parlament. Da könnte man dann direkt den Eindruck gewinnen, dass die SVP sie als Alibikandidatin ins Rennen schickt…

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  • Profilfoto von Jean-Jacques
    Jean-Jacques, 17.10.2022, 14:34 Uhr

    Der Mainstream wird M. Blöchliger, wie bei H. Tännler, fehlende Erfahrung als Bundesparlamentarierin und damit fehlende Vernetzung in Bundesbern ankreiden. Und unterschlagen, dass die hochgelobte Widmer-Schlumpf exakt dies auch nicht vorweisen konnte. Ausser dass sie Bundesratstochter war. Deux poids, deux mesures, auf Deutsch: doppelte Standards.

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    • Profilfoto von Kommentarschreiber
      Kommentarschreiber, 18.10.2022, 22:26 Uhr

      Frau Blöchlinger hat mit ihrer Lüge über ihre doppelte Staatsbürgerschaft die Kandidatur als BR verspielt, sie ist nicht mehr wählbar…..

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      • Profilfoto von Kommentarschreiber
        Kommentarschreiber, 19.10.2022, 07:22 Uhr

        Frage an die Redaktion von Zentral+:
        Warum wurde mein Link zum Tagi bezüglich Blöchlingers Lügengeschichte gelöscht? Zuviel Konkurrenz?

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        • Profilfoto von Redaktion zentralplus
          Redaktion zentralplus, 19.10.2022, 07:51 Uhr

          Wir haben wegen den Links derzeit ein massives Spam-Aufkommen. Ausserdem erhalten wir regelmässig Rückmeldungen von Nutzerinnen und Nutzern unserer App, dass sie auf Links in Kommentaren klicken und diese entweder nicht funktionieren oder sie nicht mehr auf zentralplus zurück kämen. Aus diesem Grund müssen wir Links vorerst leider unterbinden (so wie andere Medien auch).

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