Verkauft sich Zuger Gemeinde an Amerika?

Baupläne von US-Velofabrik lösen Streit in Hünenberg aus

So soll das Firmengelände von Specialized einst aussehen. Wann gebaut wird, steht in den Sternen. (Bild: KEEAS Raumkonzepte / Gemeinde Hünenberg)

Der amerikanische Velobauer Specialized hat in der Gemeinde Hünenberg Grosses vor. Auf einer Fläche von rund 9'000 Quadratmetern soll das europäische Hauptquartier gebaut werden. Der Landkauf hätte im Dezember vor das Stimmvolk kommen sollen. Es regt sich allerdings Widerstand.

Eigentlich klingt alles ziemlich gut. Ein Velohersteller aus Amerika hat weltweit Erfolg mit seinen Mountainbikes. Die Firma zählt zu den fünf erfolgreichsten in der Branche. Der europäische Ableger, die «Specialized Europe GmbH», hat den Hauptsitz in Cham und möchte nun in Hünenberg ein riesiges Hauptquartier bauen. Der Gemeinderat erwartet, dass dadurch um die 300 Arbeitsplätze entstehen werden (zentralplus berichtete).

Kalifornische Firma will 9'000 Quadratmeter Land kaufen

Für die grossen Pläne braucht «Specialized» viel Platz. Auf 9'000 Quadratmetern soll im Arbeitsgebiet Bösch, wo die Firma heute schon präsent ist, gebaut werden. Nicht nur das Hauptquartier, auch ein Entwicklungs- und Testzentrum soll auf dem Land hinter Gemüse Müller entstehen.

Was sagt die Gemeinde Hünenberg dazu? Gegenüber zentralplus schreibt sie: «Der Gemeinderat hat sich zum Ziel gesetzt, die Anziehungskraft der Hünenberger Arbeitsgebiete und damit deren Wettbewerbsfähigkeit zu steigern und so zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen. Damit will man auch mehr Steuereinnahmen generieren.»

Weiter betont die Gemeinde, dass es durch diesen Bau auch Freizeitangebote für die Bevölkerung und einen Ausbau des Bildungsstandortes gäbe. «Der Gemeinderat freut sich deshalb sehr über die mögliche Ansiedlung von Specialized im Bösch. Diese würde bis zu 300 neue Arbeitsplätze nach Hünenberg bringen.»

So bewirbt Hünenberg seine Pläne bei der Bevölkerung.

Warum das Geschäft (noch) nicht an die Urne kommt

Am 18. Dezember hätte das Stimmvolk über das Geschäft und die nötige Änderung des Bebauungsplans abstimmen sollen. Daraus wird aber nichts. Es gab mehrere Einsprachen von Privatpersonen und eine eines Umweltverbands.

Dies sei aber nicht der Hauptgrund für den Nothalt. So erklärt die Gemeinde gegenüber zentralplus: «Alle drei Einwendungen sind mit der Verlegung der ökologisch wertvollen Wiese nicht einverstanden. Einwendungen stellen keine formellen Rechtsmittel dar, die weitergezogen werden können. Sie werden aber in der Abstimmungsvorlage erwähnt werden. Mit dem Beschluss der Stimmbevölkerung gelten die Einwendungen als erledigt.»

Der Hauptgrund seien Verzögerungen bei Verhandlungen mit Drittparteien, die noch nicht abgeschlossen sind. «Das Wahl- und Abstimmungsgesetz gibt verbindliche Fristen für Wahlen und Abstimmungen vor. Diese können für eine Urnenabstimmung im Dezember 2022 nicht mehr eingehalten werden. Deshalb kommt das Geschäft dieses Jahr nicht mehr an die Urne», schreibt die Gemeinde.

Wann die Hünenberger Bevölkerung über das Geschäft bestimmen kann, ist noch nicht klar. Allerdings seien alle direkt am Projekt beteiligten Parteien «an dessen zeitnahem Abschluss interessiert», so die Gemeinde weiter. «Der neue Abstimmungstermin hängt vom positiven Abschluss der Verhandlungen ab und wird so bald wie möglich kommuniziert.»

Das sorgt hinter den Kulissen für rote Köpfe

Wir haben uns durch die (zukünftige) Nachbarschaft telefoniert. Und anscheinend ist nicht nur der Umweltschutz ein Punkt, der für Kopfschütteln sorgt. Eine Politikerin aus der Region habe einige scharfe Fragen an die Gemeinde gestellt. Welche es sind, will sie uns noch nicht sagen, da sie noch offen seien.

Ein Anwohner regte sich auf, dass die Gemeinde ihr Land «an die Amerikaner» verkauft. Mit dem Geschäft gehen rund 9'000 Quadratmeter Fläche an einen ausländischen Eigentümer. Die Gemeinde sagt zu diesem Vorwurf: «Das amerikanische Mutterhaus spielt eine untergeordnete Rolle. Die Planungen erfüllten die vom Gemeinderat formulierten Vorgaben für die Überbauung des gemeindlichen Grundstücks GS-Nr. 2200 optimal.» Dass auf diesem Land ein Campus für Bildung, Forschung und Entwicklung entstehe, sei im Sinne der Gemeinde.

Der Gemeinderat sei überzeugt, mit der Ansiedlung dieser Firma in Hünenberg eine «ideale Partnerin mit Weltruf und damit auch eine Türöffnerin für weitere ansiedlungswillige Firmen» gefunden zu haben. Die Gemeinde verweist darauf, dass es im Übrigen im Kanton Zug und auch in Hünenberg sehr viele ausländische Firmen gibt. «Diese leisten – nebst reinen Schweizer Firmen – einen grossen Beitrag an den prosperierenden Wirtschaftsstandort Kanton Zug.»

Warum der Quadratmeterpreis ein Geheimnis ist

Ein weiterer Anwohner stört sich daran, dass der Quadratmeterpreis bei der Informationsveranstaltung der Gemeinde nicht offengelegt worden ist. Der Vorwurf: Da wird im Hinterzimmer irgendwas gemischelt.

Die Gemeinde Hünenberg erklärt auf unsere Nachfrage, dass sie den Verkaufspreis bewusst an der Infoveranstaltung nicht publiziert habe. «Das ganze Geschäft ist ein Gesamtpaket und wird umfassend in der Abstimmungsvorlage vorgestellt. Ohne Erklärung des Zusammenhangs macht es keinen Sinn, einzelne Punkte, wozu auch der Kaufpreis gehört, vorgängig zu kommunizieren und andere ebenfalls wichtige Aspekte nicht.»

Es bleibt also spannend, ob dieses Geschäft bald an die Urne kommt oder nicht.

Verwendete Quellen
  • Kontakt mit der Gemeinde Hünenberg per Telefon und Mail
  • Augenschein vor Ort
  • Telefonischer Kontakt mit mehreren Anwohnern
  • Website der Gemeinde mit den Bauplänen
  • Informationen aus der Pressekonferenz Grundstücksverkauf an Specialized
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1 Kommentar
  • Profilfoto von SanTaCruz
    SanTaCruz, 02.11.2022, 19:17 Uhr

    Süüüper! Werden dadurch die spezis auch günstiger? Wäri de hammer

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