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Ein wüster Knatsch im Stadtparlament zeigt: Die Beziehungen zwischen der Stadt Zug und dem sportlichen Aushängeschild der Region müssen dringend neu geregelt werden. Stadtrat André Wicki hat dafür nicht nur einen Plan, sondern auch einen zeitlichen Horizont.
250’000 Franken für die Winteruniversiade, die ab 12. Dezember die Eishockey-Wettbewerbe der Männer in der Zuger Bossard-Arena abhält: Dagegen hat an sich wohl niemand in Zug etwas. Und dennoch gingen die Wogen vergangene Woche im Zuger Stadtparlament (GGR) hoch.
Denn eigentlich handle es sich «einmal mehr um eine indirekte Subventionierung der multimillionenschweren EVZ-Holding-Gruppe», wetterte der grünliberale Gemeinderat Stefan W. Huber. Offiziell werde der EV Zug zwar durch die Stadt nicht mit einem einzigen Franken gefördert. Tatsächlich übernehme die Stadt aber seit über einem Jahrzehnt praktisch die gesamten Fixkosten. Der Transparenz halber solle daher der städtische Beitrag direkt an den EVZ bezahlt werden, da dieser ihn ja ohnehin von der Winteruniversiade erhalte.
Gewachsene Strukturen
Der GLP-Vorschlag wurde abgelehnt, ebenso ein Antrag der SP, den Beitrag an die Universiade im Falle einer erneuten Absage nicht auszurichten. Die Hintergründe aber verdienen eine Erklärung. Es geht einmal mehr um historisch gewachsene Strukturen und Verflechtungen zwischen Gemeinwesen und Spitzensportunternehmen.
Bekanntlich hat die Stadt nach der Jahrtausendwende den Bau des neuen Zuger Eishockeystadions finanziert. Dies weil weder der EV Zug noch die frühere Besitzerin der Anlagen, die Kunsteisbahn Zug AG (KEB), dazu finanziell in der Lage gewesen wären. Der Betrieb wurde dann an die KEB übergeben.
Eigentlich eine unabhängige Aktiengesellschaft ist sie nun faktisch der verlängerte Arm der Stadt. Die KEB beschäftigt das technische Personal, die Eismeister, ansonsten läuft vieles im Betrieb der Bossard-Arena über den eigentlichen Mieter, den EVZ und seine Firmen.
EVZ Gastro organisiert Vermietungen
Zum Beispiel organisiert die Vermietung des Stadions für Grossanlässe die EVZ Gastro AG, denn die KEB hat dafür keine Leute angestellt. Pro Jahr dürfen maximal vier Grossanlässe wie Generalversammlungen, Sportanlässe oder Konzerte durchgeführt werden, bestätigt Stadtrat André Wicki. Dies ist auch so im Fall der Winteruniversiade, an welcher die EVZ Gastro AG gleichzeitig auch als Caterer auftritt.
Was die Politiker in diesem Zusammenhang beschäftigt, ist, dass die EVZ Gastro der Winteruniversiade einen Teil der Mietkosten verrechnet hat, obwohl der Anlass wegen der Pandemie im Januar ausfiel. Es ist etwa ein Drittel – gut 70’000 Franken.
Stadt übernimmt Ausfallszahlung
Rechtlich gesehen hätte EVZ Gastro auch noch die beiden andern Drittel eintreiben können. Was aber schon in der Geschäftsprüfungskommission (GPK) des Stadtparlaments zu reden gegeben hatte: Dass diese 70’000 Franken fällig wurden, ohne dass dafür irgendeine Dienstleistung erbracht wurde. Und natürlich auch ohne die Aussicht, dass der EVZ das Stadion während der Pandemie an eine andere Partei hätte untervermieten können.
Vor allem stiess einzelnen GPK-Mitgliedern auf, dass es die Stadt Zug ist, welche die Mietkosten für den Ausfall der Winteruniversiade de facto übernimmt, da diese den Beitrag an den EVZ als ihre Mieterin bezahlt. Denn der städtische Beitrag ist genau so hoch, dass damit der Mietausfall und die Mietkosten für die Eishockey-Veranstaltungen im Dezember bezahlt werden können. Die geplanten Spiele kommen übrigens günstiger zu stehen, weil ein Teil wegen der Corona-Situation in der Trainingshalle und nicht im Stadion ausgetragen wird.
Stadtrat findet Preise «absolut angemessen»
Dieser Eindruck entsteht: Die Stadt besitzt ein Stadion, das ihre Mieterin untervermietet. Dies ist für einzelne Politiker deshalb stossend, weil die Untermiete anteilsmässig viel teurer ist als die eigentliche Miete. Gemäss Geschäftsbericht der Kunsteisbahn AG bezahle der EVZ eine Nettomiete von 885’000 Franken pro Jahr, was einer Tagesmiete von rund 2’450 Franken gleichkomme, rechnete Stefan W. Huber im GGR vor. «Die Winteruniversiade bezahlt dem EVZ eine Kaltmiete von rund 81’750 Franken, was einer Tagesmiete von 12’570 Franken gleichkommt», so der Grünliberale.
Der für Immobilien zuständige Stadtrat und Finanzvorsteher André Wicki (SVP) gibt indes zu bedenken, dass man so nicht rechnen könne, das sei eine Milchbüechli-Rechnung. Es seien nur vier Grossveranstaltungen pro Jahr in der Bossard-Arena erlaubt. Vergleiche man die Mietpreise vergleichbarer Einrichtungen wie etwa des Zürcher Hallenstadions – über 100’000 Franken – sei der Betrag von der Tagesmiete für Grossanlässe von 15’000 Franken «absolut angemessen».
«Der Kunsteisbahn AG verdankt die Stadt Zug vieles.»
André Wicki, Stadtrat
Was die komplizierte Struktur betrifft, hält Wicki fest: Die EVZ Gastro ist für die Organisation und Durchführung des Events zuständig, da sie das nötige Know-how besitzen, die KEB für die technische Unterstützung. Dies sei auch in einer Leistungsvereinbarung klar niedergeschrieben.
Wicki nimmt die KEB und den EVZ in Schutz. «Der Kunsteisbahn AG verdankt der Stadt Zug vieles.» Dank ihr sei der EVZ damals von Baar nach Zug gezogen und «ihre Angestellten machen einen super Job».
EVZ hegt Ausbauwünsche
Der EV Zug stehe heute als Schweizer Meister da, «weil er wirtschaftlich und sportlich erfolgreich gearbeitet hat». Dennoch möchte André Wicki das gewachsene Dreiecksverhältnis auflösen, das in den vergangenen Jahren verschiedentlich politische Diskussionen auslöste.
Konkreter Anlass ist das Bestreben des EV Zug, die Bossard-Arena auszubauen. Auch sollen neue Verwaltungsräume bei der Trainingshalle geschaffen werden, um zusätzlichen Platz für die Bewirtung von Gästen in der Arena zu schaffen (zentralplus berichtete).
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Die Absicht des Stadtrates ist nun, dem EVZ den Ausbau zu ermöglichen, aber er soll ihn selber bezahlen. Dazu würde die Stadt zwar das Stadion behalten, aber für einen längeren Zeitraum an den EV Zug im Baurecht abtreten. Die KEB würde dann als betriebliche Dienstleisterin nicht mehr für die Stadt Zug arbeiten, sondern für den EVZ.
«Politisch ist das Ganze noch nicht entschieden», betont Wicki. Doch die Stossrichtung sei den Stadtzuger Gemeinderäten bekannt. Der Finanzvorsteher hat den GGR in einem ersten Zwischenbericht darüber informiert, er war mit seinen Plänen in der Bau- und Planungs- sowie in der Geschäftsprüfungskommission. Beide Kommissionen und das Stadtparlament werde er mit einem zweiten Zwischenbericht bedienen. «Im vierten Quartal komme ich mit Einzelheiten zum Vorgehen ins Stadtparlament», sagt André Wicki.
Die Sache mit den Werbeflächen
So könnte in Zukunft das Verhältnis zwischen dem sportlichen Aushängeschild der Region und der Stadt etwas einfacher werden. Zumal derzeit gar alle Departemente mit dem EVZ zu tun haben. Stadtpräsident Karl Kobelt (FDP) ist bei wichtigen Repräsentationsanlässen gefragt, Finanzvorsteher André Wicki (SVP) bei Fragen der Vermietung. Gibt es bauliche Wünsche, kommt das Baudepartement von Eliane Birchmeier (FDP) ins Spiel und für alle sportlichen Aspekte ist Schulvorsteherin Vroni Straub (CSP) zuständig. Bei Sicherheitsfragen ist schliesslich Stadtrat Urs Raschle (CVP) gefragt.
Raschle war letzte Woche auch Ansprechpartner, als der EVZ zum zweiten Mal Thema im GGR wurde. Die FDP wollte zwar nach den Worten ihres Fraktionschefs Etienne Schumpf «kein EVZ-Bashing betreiben». Aber sie wollte möglichst günstige städtische Werbeflächen fürs einheimische Gewerbe. Da tat sich ihr eine Frage auf: Warum nämlich ausgerechnet der EVZ gratis auf städtischen Flächen werben dürfe. Laut Raschle ermöglicht die Stadt dies, um so den Heimverein zu fördern.
Die Verflechtungen sind also mannigfaltig und werden auch in Zukunft gelegentlich zu reden geben.