Gerangel um neuen Autobahn-Halbanschluss im Kanton Zug

Autobahnbau in Rotkreuz wird wohl aufgeschoben

Mitglieder der IG Halbanschluss Nein demonstrieren zum zweiten Mal vor dem Zuger Kantonsrat. (Bild: mam)

Erstmals ist die IG Halbanschluss Nein von einer politischen Instanz angehört worden – von der zuständigen kantonalen Kommission. Erstmals taucht ein Lösungsvorschlag in den Papieren auf, welche den Bedenken der Anschlussgegner Rechnung trägt. Diese sind trotzdem nicht zufrieden.

Ob der Bau eines Autobahn-Halbanschlusses Rotkreuz Süd oder der Halbanschluss Steinhausen Süd vom Kanton Zug weiter gefördert werden soll, ist unklar. Das Zuger Kantonsparlament wollte diese Frage und andere Verkehrsprojekte am Donnerstag mit einer Richtplananpassung behandeln. Dies verhiess viel Knatsch und lange Debatten.

Weil man aber verschiedene Vorstösse aufzuarbeiten hatte und auch lange über den Datenschutz diskutierte, wurde die Behandlung der Vorlage um einen Monat aufgeschoben.

Nächste Kundgebung ist angekündigt

Darüber waren die Gegner des Halbanschlusses Rotkreuz Süd, die am Donnerstag morgen ein zweites Mal vor dem Zuger Regierungsgebäude demonstrierten, nicht entzückt. Denn sie müssen nun ein drittes Mal in Zug aufmarschieren.

Eine weitere Demo ist sicher. Doch der Zeitaufschub könnte ihnen nützen – indem nämlich immer mehr Kantonsräte über die Argumente der Anschlussgegner nachzudenken beginnen.

Kantosnratskommission hört Streithähne an

Seit der ersten Kundgebung im vergangenen Juli (zentralplus berichtete) konnte die IG Halbanschluss Nein vor der kantonalen Kommission für Raum, Umwelt, Verkehr ihre Sichtweise darlegen – ebenso wie der Rischer Gemeinderat.

«Das ist das erste Mal, dass wir von einer politischen Instanz wirklich angehört wurden», sagt Pius Hefti von der IG. Bekanntlich liegt die Interessengemeinschaft mit dem Gemeinderat über Kreuz und fühlt sich von ihm nicht ernst genommen (zentralplus berichtete).

Roche will expandieren

Die Raumplanungsexperten des Kantonsrats indes haben über das grundsätzliche Problem diskutiert. Dass nämlich eine Verkehrsentlastung im Norden von Rotkreuz nötig ist. Dort ist neben andern Unternehmen der grösste Arbeitgeber im Kanton ansässig: Roche Diagnostics. Die Firma will ihren Campus kräftig ausbauen und hat dazu auch schon Land erworben.

Mit dem neuen Halbanschluss Rotkreuz Süd indes würden die Arbeitspendler im Südosten von Rotkreuz landen. Viele müssten sich über das verkehrsberuhigte Dorfzentrum, wo auch die Schule steht, nach Norden kämpfen. Die Anschlussgegner befürchten enorme Verkehrsströme durch die Tempo-20-Zone und Schleichverkehr durch Wohnquartiere.

Der Ausweg heisst «Bügel»

Eine Lösungsmöglichkeit wäre der «Bügel». Das ist Umfahrungsstrasse vom Halbanschluss Rotkreuz Süd zum Kreisel Forren, welcher das Tor zum Norden von Rotkreuz darstellt. Der «Bügel» könnte allenfalls auch ins Hünenberger Industriequartier Bösch verlängert werden.

Die von CVP-Kantonsrat Heini Schmid präsidierte Kommission des Kantonsrats möchte nun, dass nicht nur der Autobahnanschluss Rotkreuz Süd im Richtplan festgeschrieben wird – sondern auch der «Bügel» bis zum Kreisel Forren.

Sankt Florian steht Pate

Ausserdem sollen flankierende Massnahmen geplant werden, welche den Zubringerverkehr durchs Dorfzentrum unattraktiv machen. Damit wird eine Idee des Rischer Gemeinderats aufgenommen.

«Wir wollen nicht einen verzögerten oder verbesserten Halbanschluss, wir wollen überhaupt keinen.»

Pius Hefti, Rotkreuz

Schliesslich soll mit dem Bau des Autobahn-Halbanschlusses gewartet werden, bis der A4-Anschluss Küssnacht am Rigi im Fänn saniert ist. Das bedeutet einen Aufschub um mindestens 15 Jahre. Falls sich die Rotkreuzer Verkehrsprobleme also gegen alle Erwartungen von selber lösen sollten, kann man den Anschluss in ferner Zukunft wieder aus dem Richtplan streichen.

Grösster gemeinsame Nenner

So regt die Kommission eine Lösung an, welche den grössten gemeinsamen Nenner darstellt. Denn das Bundesamt für Strassen Astra will partout nicht auf der A14 Zug–Luzern bauen, wo ein hohes Verkehrsaufkommen herrscht. Ein neuer Halbanschluss ist für den Bund nur auf der A4 Richtung Schwyz denkbar.

Doch natürlich bedeutet der «Bügel» auch Kulturlandverlust – und würde besonders in seiner verlängerten Form bis in den Bösch Kosten hervorrufen, die einst auf rund 70 Millionen Franken geschätzt wurden. Dies wird Opposition in verschiedenen politischen Lagern erzeugen.

Abwarten, was Bundesbern sagt

Auch Pius Hefti von der IG Halbanschluss Nein kann sich über die Fortschritte nicht so recht freuen. «Wir wollen nicht einen verzögerten oder verbesserten Halbanschluss, wir wollen überhaupt keinen neuen Autobahnanschluss», sagt er.

Sollte der Halbanschluss in den Richtplan gelangen, kündigt Hefti an, dass sich die IG Halbanschluss Nein direkt ans Bundesamt Astra wenden wolle. «Mal sehen, was die dazu sagen, dass die Zubringerstrasse zum Autobahnanschluss direkt in die Tempo-20-Zone führt.»

Hefti glaubt, dass das Problem im Prinzip ohne neuen Anschluss gelöst werden könnte – durch Optimierungen von Kreiseln und neuen Kreiseln auf der Chamerstrasse, durch neue Buslinien und Haltestellen und die Verlegung des ÖVs weg von der Hauptverkehrsachse ins Industriequartier hinein. Zudem durch eine Verlängerung der Industriestrasse bis zum Kreisel bei der Autobahneinfahrt.

Sieger der «Kosten-Wirksamkeits-Analyse»

Hefti sagt, er sei keinesfalls gegen die Wirtschaft. «Ich bin froh, dass Roche Diagnostics in Rotkreuz ist und hier weiter investiert.» Deshalb solle auch eine nachhaltige Lösung für die Verkehrs- und Erschliessungprobleme gefunden werden.

Anschlussgegner glauben, dass mit dem Eintrag des Halbanschlusses im Richtplan der Roche eine einfache und günstige Lösung präsentiert werden soll.

Tatsächlich hat der Gemeinderat gegenüber den Kantonsräten dargelegt,  «dass die Variante Halbanschluss Rotkreuz bei der Nutzwertanalyse und der Kosten-Wirksamkeits-Analyse klar als Bestvariante hervorgegangen» sei.

Widerstand in Rotkreuz ist heftig

Auf der andern Seite hat der Gemeinderat ein Gesamtverkehrskonzept vorgelegt, das neben dem neuen Anschluss Wert auf punktuelle Verkehrsberuhigungen und flankierende Massnahmen legt und mit einem Bypass auch eine Stauumfahrung der Chamerstrasse realisieren will (zentralplus berichtete).

Fazit: Ob die Verkehrsprobleme im schnell wachsenden Rotkreuz ohne lange neue Strassenabschnitte gelöst werden können, bleibt unklar. Klar ist einzig: Der Widerstand in Rotkreuz gegen einen Autobahn-Anschluss ist im Moment ziemlich heftig.

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