Luzern: Kanton fehlen 50 Sonderschulplätze

Aus Utenberg-Hallenbad soll Sonderschule werden

Im ehemaligen Schwimmbad der Kinder- und Jugendsiedlung Utenberg (vorne rechts) sollen zukünftig verhaltensauffällige Jugendliche unterrichtet werden.

(Bild: gwi)

Unterrichten statt Planschen: Die Kinder- und Jugendsiedlung Utenberg (KJU) prüft die Umnutzung ihres stillgelegten Hallenbads in eine Sonderschule für Jugendliche und Kinder mit schweren Verhaltensauffälligkeiten. Obwohl die Institution unter dem Luzerner Spardruck leidet, hilft sie dadurch dem Kanton, ein altes Problem zu lösen.

Ein beschädigtes Fenster ist abgeklebt, im Innern säumt ein Absperrband den Beckenrand: Das Hallenbad der Kinder- und Jugendsiedlung Utenberg (KJU, siehe Box) am Fusse des Utenbergs ist seit Ende 2014 ungenutzt, weil niemand die Kosten für die fünf bis sechs Millionen teure Sanierung tragen will.

Doch jetzt tut sich etwas: Im Schwimmbad planen Stadt und Kanton Luzern eine Sonderschule. Dem Kanton fehlen seit Jahren 50 Sonderschulplätze für verhaltensauffällige Jugendliche mit erhöhtem Sonderschulbedarf. Und da kommen die Räumlichkeiten des geschlossenen Hallenbades gerade recht. Laut der aktuellen Gesamtplanung des Stadtrates soll das Projekt 2019 umgesetzt werden.

Eventuell wird’s günstiger

Charles Vincent amtet beim Kanton als Dienststellenleiter Volksschulbildung. Er sagt: «Gegen 50 Jugendliche aus dem Kanton Luzern sind derzeit in anderen Kantonen fremdplatziert.» Das Schwimmbad der KJU könnte Abhilfe schaffen: «Wir rechnen mit etwa 15 Sonderschulplätzen, die im leerstehenden Hallenbad angeboten werden können.» Ob das strapazierte Budget des Kantons auf diese Weise langfristig entlastet wird, wenn die Jugendlichen statt in der Fremde in Luzern selbst Platz finden, ist laut Vincent noch nicht klar, aber wahrscheinlich. «Auf jeden Fall entfällt ein Teil der Reisekosten», so Vincent.

Im Gegensatz zur normalen Volksschule bieten Sonderschulen ein Angebot für Kinder und Jugendliche mit besonderem Bildungsbedarf, erklärt Armina Raffeiner, Stabschefin der Sozialdirektion der Stadt Luzern: «Diese können in der Regelschule nicht ihren Möglichkeiten entsprechend gefördert werden.» Sonderschulen zeichneten sich durch ein spezifisches Know-how aus und würden dadurch gewährleisten, dass die Kinder mit besonderem Bildungsbedarf von kompetenten Fachteams betreut würden, so Raffeiner.

Die Kinder- und Jugendsiedlung Utenberg ist von den Sparmassnahmen des Kantons betroffen.

Die Kinder- und Jugendsiedlung Utenberg ist von den Sparmassnahmen des Kantons betroffen.

(Bild: giw)

«Sonderschule passt zum bestehenden Angebot»

Die vom KJU betreuten 45 Kinder und Jugendlichen wohnen derzeit im Utenberg, die Bildung jedoch kriegen sie auswärts. In der Regel gehen sie in die öffentlichen Schulen oder absolvieren eine berufliche Grundausbildung. Laut Armina Raffeiner passt eine Sonderschule zum bestehenden Angebot der KJU: «Eine Sonderschule mit Internat ist eine gute Ergänzung. Insbesondere, da das Internat einer Sonderschule Utenberg ganzjährig geöffnet wäre.» Bereits heute seien Wohngruppen der KJU schon an 24 Stunden und 365 Tagen offen.

«Die Verknappung der Mittel durch den Kanton verlangt vom Personal und der Organisation viel Beweglichkeit.»

Armida Raffeiner, Sozialdirektion Stadt Luzern

Zum detaillierten Umbauprojekt, dem genauen Zeitplan sowie den Projektkosten äussern sich die Verantwortlichen noch nicht. Dafür sei es noch zu früh. In der Gesamtplanung hat der Stadtrat für den Umbau einen Bruttokredit von 2,3 Millionen Franken eingestellt, die Vorlage soll diesen Frühling im Grossen Stadtrat behandelt werden.

Heimat für 45 Kinder und Jugendliche

Das Angebot der KJU umfasst Dienstleistungen für Kinder, Jugendliche und Familien. Unter anderem werden in den stationären Wohngruppen rund 45 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene von sechs bis 22 Jahren bei der Bewältigung von Entwicklungsaufgaben begleitet. Sie können aus diversen Gründen vorübergehend nicht zuhause leben.

Eine weitere Dienstleistung ist die Notaufnahme Krisenintervention. Hier betreut die KJU Kinder und Jugendliche in akuten Gefährdungs- und Krisensituationen. Als solche zählen etwa körperliche Gewalt, sexuelle Ausbeutung, psychische Misshandlung oder Verwahrlosung.

Sparmassnahmen treffen die Mitarbeiter

Während das Kinder- und Jugendheim die Umnutzung des Hallenbades plant, steht die Institution unter grossem finanziellem Druck. Obwohl die Stadt Luzern Trägerin der Siedlung ist, wird sie hauptsächlich durch Leistungsvereinbarungen mit dem Kanton finanziert. Und der Kanton spart bekanntlich beim Personal und den sozialen Einrichtungen (zentralplus berichtete), so auch bei der KJU, bestätigt Armina Raffeiner: «Die Auswirkungen der Sparprogramme des Kantons sind knappere Ressourcen und jährlich angestiegene Belegungsvorgaben der Angebote.» Die Sparübungen spüren insbesondere die Mitarbeiter der Siedlung im Utenberg: «Die Verknappung der Mittel und Hilfestellungen, die dem Bedarf angepasst sind, verlangen vom Personal und der Organisation viel Beweglichkeit», so Raffeiner.

Ausserdem habe die Siedlungsleitung der KJU eine Strategieüberprüfung vorgenommen, welche laut Raffeiner ergab, dass es für Heime wichtig ist, über unterschiedliche sozialpädagogische Angebote zu verfügen. Diese seien auf die individuellen Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen und deren Familien zugeschnitten. So hat die KJU bereits 2015 die Fachstelle Berufliche Integration (FBI) aufgebaut (zentralplus berichtete). Diese berät und begleitet Jugendliche beim Einstieg in die Arbeitswelt.

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