Zuger Stapi-Kandidatin Eliane Birchmeier im Interview

«Die Aufwertung ist ohne abgespeckten Tunnel nicht zu schaffen»

«Ich habe bald gemerkt, dass ich kandidieren will und das Zeug dazu habe»: Stapi-Anwärterin Eliane Birchmeier. (Bild: bic)

Sie war im Herbst die Erste, die erklärte, zum Rennen ums Zuger Stadtpräsidium anzutreten. FDP-Stadträtin Eliane Birchmeier tut dies nicht primär, um ihrer Partei den Sitz zu sichern, sondern um etwas zu bewegen. Auch wenn dies in der Politik meist länger geht, als ihr lieb ist.

Nach nur einer Legislatur im Zuger Stadtrat will sich die 59-jährige Eliane Birchmeier (FDP) am 2. Oktober den Präsidialsitz schnappen. Allein ist sie mit diesem Ziel nicht. Auch die beiden Exekutivmitglieder Urs Raschle (Mitte) und André Wicki (SVP) buhlen um das Amt, das Karl Kobelt (FDP) Ende Jahr abgibt. Im Interview mit zentralplus erklärt die Zuger Bauchefin, warum sie den Sitz ihres Parteikollegen übernehmen möchte.

zentralplus: Eliane Birchmeier, als erste Kandidatin haben Sie im Herbst angekündigt, im Rennen ums Stapi-Amt mitzumachen. Steckt dahinter mehr als nur das Bedürfnis, den FDP-Sitz zu verteidigen?

Eliane Birchmeier: Zunächst muss ich sagen, dass ich es bedaure, dass Karl Kobelt abtritt. Der Stadtrat ist in seiner heutigen Aufstellung ein gutes Team. Und natürlich wünsche ich mir, dass wir den FDP-Sitz im Stadtpräsidium halten können. Für eine Kandidatur wäre dies allein jedoch nicht die richtige Motivation.

zentralplus: Was motiviert Sie dann, das Stadtpräsidium zu übernehmen?

Birchmeier: Ich habe einen grossen Willen zu gestalten und möchte Spuren hinterlassen. Nicht für mich, sondern für die Stadt und ihre Einwohner. Es ist ein Privileg, in einer so lebendigen und attraktiven Stadt wie Zug zu wirken, die gleichzeitig internationale Dimensionen aufweist. Das Amt als Bauchefin macht mir unglaublich viel Freude und in den letzten drei Jahren konnte ich beweisen, dass ich über die nötigen Fähigkeiten verfüge.

zentralplus: Die da wären?

Birchmeier: Ich habe eine lange, erfolgreiche Berufskarriere hinter mir und habe dort sehr gut gelernt, mit Erfolgen und Misserfolgen umzugehen. Ich bringe die nötigen Führungskompetenzen mit und schätze den Umgang mit Menschen, auch mit anspruchsvolleren Persönlichkeiten. (Sie schmunzelt.) Ich interessiere mich für die Anliegen der Leute und es ist mir wichtig, gemeinsame Lösungen zu erarbeiten.

zentralplus: Das klingt, als hätten Sie nicht lange gebraucht, um sich für diese Kandidatur zu entscheiden.

Birchmeier: Nachdem Karl Kobelt seinen Rücktritt bekannt gegeben hatte, habe ich mir den Sommer Zeit genommen für den Entscheid. Und habe bald gemerkt, dass ich kandidieren will und das Zeug dazu habe. In diesem Entscheid hat mich mein Umfeld bestärkt.

«In den kommenden Jahren können zwischen 800 und 1'000 kostengünstige Wohnungen entstehen.»

zentralplus: Auf welche Themen würden Sie als Stadtpräsidentin den Fokus legen?

Birchmeier: Es gibt vier Bereiche, die ich prioritär behandeln würde. Erstens: Wohnen in Zug für Zuger. Viele Menschen, die hier aufgewachsen sind, würden gerne in Zug bleiben, können sich jedoch den Wohnraum nicht leisten. Dafür gibt es Lösungen, bei denen die Stadt Hand bieten kann. Besieht man sich alle Bebauungspläne, die in den kommenden Jahren realisiert werden sollen, können zwischen 800 und 1'000 kostengünstige Wohnungen entstehen. Dadurch könnten sich Familien, ältere Personen auch ein Leben in Zug leisten. Zweitens: Als Betriebswirtschafterin liegen mir die gesunden Stadtfinanzen am Herzen. Obwohl die Situation aktuell gut aussieht, können wir uns nicht darauf ausruhen und weiterhin auf gute Steuererträge hoffen. So müssen wir etwa die Ausgaben in der Verwaltung im Griff behalten und eine aktive Standort- und Wirtschaftspflege betreiben.

zentralplus: Was sind die weiteren zwei Punkte?

Birchmeier: Drittens: Natürlich das Thema Umwelt und Klima. Ich bin gegen Ideologien und Verbote. Vielmehr soll die öffentliche Hand die Rahmenbedingungen schaffen, dass umweltfreundliche Projekte überhaupt umgesetzt werden können. Ich denke da beispielsweise an ein Zuger Industrieunternehmen, das aktuell eine Wasserstoff-Produktionsanlage für Lastwagen realisieren will. Das ist ein Novum und braucht entsprechende Bedingungen. Auch verfügt die Stadt Zug gemeinsam mit den anderen Zuger Gemeinden über eine der modernsten Kläranlagen der Schweiz, die sogenannte Mikroverunreinigungen herausfiltert und so einen wichtigen Beitrag zum Gewässerschutz leistet. Auch wenn das nicht weltbewegend klingt: Wir müssen uns überlegen, wo wir im Alltag, in den Details, besser werden können. Etwa im Einsatz von ressourcenschonenden Baumaterialien oder der Förderung von nachhaltiger Energie. Als vierter Schwerpunkt stünde für mich als Stadtpräsidentin die Verkehrspolitik auf der Liste.

zentralplus: Stichwort Stadttunnel?

Birchmeier: Ein für mich wichtiges Anliegen. Als ehemalige Gemeinderätin war ich eine der Ersten, die nach der abgelehnten Stadttunnel-Abstimmung mittels Motion 2019 forderte, dass man sich weiterhin Gedanken mache zum Thema. Auch als Stadträtin beschäftigte mich das Thema vom ersten Tag an. Eine Verkehrsentlastung und Aufwertung im Zentrum ist ohne einen abgespeckten Tunnel nicht zu schaffen. Der Stadtrat ist sich einig, dass ein einfacher Zentrumstunnel wieder in den kantonalen Richtplan gehört und hat den Kanton entsprechend zum Handeln aufgefordert.

«Es wäre schade, hätten die Wähler keine richtige Auswahl.»

zentralplus: Sie treten das Rennen um den Präsidialsitz gegen Urs Raschle und André Wicki an. Beide haben bereits mehr Erfahrung in der Exekutive gesammelt. Raschle steckt in seiner zweiten, Wicki in der dritten Legislatur. Schüchtert Sie das ein?

Birchmeier: Nein, ich nehme das sportlich und freue mich, gegen die beiden anzutreten. Es wäre schade, hätten die Wähler keine richtige Auswahl.

Die Zuger Bauchefin Eliane Birchmeier will Stadtpräsidentin werden. (Bild: zvg)

zentralplus: Im Baudepartement, dem Sie vorstehen, gab es kürzlich Umstrukturierungen, insbesondere in der Abteilung Städtebau (zentralplus berichtete). Wieso wurden diese Änderungen vorgenommen?

Birchmeier: Das ist bereits im Sommer 2020 passiert. Wir haben damals gemerkt, dass wir insbesondere bei den städtischen Wettbewerben nicht vorwärtskommen. Entsprechend haben wir die Wettbewerbe neu der Abteilung Hochbau zugeordnet. Dieser Schritt hat sich ausgezahlt und wir konnten seither zahlreiche Wettbewerbsvorhaben auf den Weg bringen, unter anderem für die Erweiterung des Strandbads und für neue Schulhäuser.

zentralplus: Die Abteilung Städtebau wurde in der Folge kleiner. Dadurch wurde dem Stadtarchitekten Verantwortung entzogen.

Birchmeier: Mit dieser Umorganisation fand auch eine Entlastung statt, damit sich die Abteilung Städtebau auf ihre Aufgaben konzentrieren konnte. Man muss ausserdem sagen: Das Interesse an der vakanten Position des Stadtarchitekten ist sehr erfreulich. Versierte Fachleute scheinen die städtebauliche Zukunft von Zug spannend zu finden.

«Anfangs war es gewöhnungsbedürftig, dass in der Politik alles sehr langsam geht.»

zentralplus: Blicken wir zurück auf Ihre bisherige Amtszeit. Wo verorten Sie Ihre grössten Erfolge?

Birchmeier: Dass es mir gelingt, die Stadt Zug vorwärtszubringen, konnte ich insbesondere mit drei Abstimmungen unter Beweis stellen: mit dem Ökihof, den Notzimmern und der Schulhauserweiterung Loreto. Dort erreichten wir jeweils eine sehr hohe Zustimmung. Auch betreffend Schulraumplanung haben wir einen grossen Schritt vorwärtsgemacht. Heute wissen wir nicht nur, wo wir hinwollen, sondern auch, wie wir dorthin kommen. Auch bei der Ortsplanungsrevision geht es planmässig voran. Dort ist uns das erste Etappenziel, nämlich die räumliche Entwicklungsstrategie, gelungen.

zentralplus: Und wo gab’s Niederlagen einzustecken?

Birchmeier: Eine richtige Niederlage musste ich bisher zum Glück noch nicht einstecken. Als Person, die aus der Privatwirtschaft kommt, war es anfangs gewöhnungsbedürftig, dass in der Politik alles sehr langsam geht. Durch die längeren Zeithorizonte tauchen teilweise Unwägbarkeiten auf, die man nicht voraussehen kann. Darum ist es wichtig, dass man sich kleinere Etappenziele steckt. Unser System mag zwar kompliziert sein und die GGR-Sitzungen manchmal herausfordernd, doch kann ich nach den letzten dreieinhalb Jahren ohne Pathos sagen: Ich habe das Schweizer Politsystem in dieser Zeit noch mehr schätzen gelernt.

Verwendete Quellen
  • Persönliches Gespräch mit Eliane Birchmeier
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