Knatsch um Flüchtlingszentrum

In Cham drängt sich zweite Flüchtlingsunterkunft auf

Die SVP-Kantonsrätin könnte mit einer Flüchtlingsunterkunft in Cham leben – solange der Sportplatz Röhrliberg erhalten bleibt. (Bild: zvg)

Der Kanton Zug plant, auf der Röhrlibergwiese in Cham eine temporäre Flüchtlingsunterkunft aufzustellen. Nach einer Anfrage der SVP zeigt sich: Obwohl es mit der Stadt Zug einen alternativen Standort gebe, werden wohl beide Plätze benötigt.

Ukrainische Flüchtlinge sind in der Schweiz bisher grosser Solidarität begegnet. Besonders im Kanton Zug. Rund 70 Prozent der Ukrainerinnen sind bei Privaten untergekommen. Doch die Solidaritätswelle ebbt ab. Gegen die geplante Flüchtlingsunterkunft auf der Röhrlibergwiese in Cham regt sich massiver Widerstand (zentralplus berichtete). Eine entsprechende Petition der SVP Cham haben rund 1300 Chamer unterzeichnet (zentralplus berichtete).

Unterkunft ist auf Flüchtlinge mit Schutzstatus S beschränkt

Zudem haben die SVP-Kantonsräte Brigitte Wenzin Widmer und Rainer Suter der Regierung einige kritische Fragen dazu gestellt. So etwa, wieso sich die Befristung der Flüchtlingsunterkunft in Cham von der in Zug unterscheide. Oder ob der Kanton genügend Abklärungen getroffen habe. Dessen Antwort liegt nur vor.

Die unterschiedlichen Befristungen haben die Gemeinden selbst so eingefügt, schreibt der Regierungsrat. Da niemand sagen könne, wie lange der Krieg in der Ukraine dauert, habe die Regierung die Nutzungsdauer bewusst offengelassen. Die Unterkunft ist aber strikt an den Zweck der Unterbringung von Flüchtlingen mit Schutzstatus S gebunden. «Sollte beispielsweise der Modulbau in drei Jahren nicht mehr benötigt werden, so würde er zu diesem Zeitpunkt zurückgebaut, obwohl in
der Bauausschreibung der Gemeinde Cham eine Nutzungsdauer von fünf Jahren angegeben ist.»

Wunschlos glücklich mit dieser Antwort ist Wenzin Widmer nicht: «Kritisch finden wir, dass laut Aussage des Regierungsrats im Modulbau nur Flüchtlinge mit dem Status S untergebracht werden dürfen.» Heute seien damit nur ukrainische Flüchtlinge gemeint. Ungeklärt sei es aber, was passiere, wenn beispielsweise der Schutzstatus S auf Flüchtlinge anderer Herkunft ausgeweitet werde.

Zweiter Modulbau könnte nötig werden

Der Beschwichtigung punkto Nutzungsdauer folgt jedoch ein regelrechter Hammer. Anfangs hiess es noch, dass mit den zwei Baugesuchen in Cham und der Stadt Zug beide Standorte für die Flüchtlingsunterkunft miteinander abgewogen werden. Nun schliesst der Kanton Zug nicht aus, dass sowohl auf dem Röhrliberg als auch in der Äusseren Lorzenallmend eine temporäre Flüchtlingsunterkunft gebaut wird.

«Da über 20 Einsprachen und eine Petition mit 1280 Unterschriften zum Standort Röhrliberg eingegangen sind, rückt ein möglicher Alternativstandort sicher in den Fokus.»

Rolf Ineichen, Bauvorsteher Cham

Grund dafür sind schwindende Unterkünfte von Privaten. Bereits Ende Jahr laufen die ersten Nutzungs- und Mietverträge aus. In der Folge muss der Kanton Zug in naher Zukunft für mehrere Hundert Ukrainerinnen neue Unterkunftsmöglichkeiten schaffen.

«Nach aktueller Einschätzung können mit einem Modulbau die wegfallenden Plätze kompensiert werden», führt Stefan Ziegler, der Leiter des Zuger Sozialamts auf Anfrage aus. «Dies kann sich jedoch je nach geopolitischer Lage rasch ändern und weitere Plätze werden benötigt.» Ein weiterer Modulbau werde gemäss Antwort der Regierung jedoch nur gebaut, wenn dafür ein ausgewiesener Bedarf bestehe.

Der Bau auf dem Röhrliberg hat in Cham einen schweren Stand

Diese Nachricht hat auch den Chamer Bauvorsteher Rolf Ineichen überrumpelt, wie er auf Anfrage erzählt. Es sei der Gemeinde zwar bewusst gewesen, dass je nach Kriegsverlauf ein weiterer Modulbau nötig werden könnte. «In dieser Klarheit» wusste er davon bisher aber nichts.

Ist denn ein Modulbau in Cham angesichts des ganzen Widerstands noch realistisch? In Baar hat der massive Widerstand der SVP eine geplante Asylunterkunft 2016 verhindert (zentralplus berichtete). Doch Rolf Ineichen meint schon: «Der Widerstand hatte sich gegen den Standort bei der Sportwiese gerichtet und nicht gegen den Bau generell. Daher bin ich der Ansicht, dass bei der Wahl eines geeigneten Standorts der Widerstand, wenn überhaupt, wesentlich kleiner sein wird.»

Die Zuger Regierung will den Modulbau neben dem Sportplatz auf dem Röhrliberg aufstellen. (Bild: Hans Jörg Villiger)

Selbiges bestätigt auch die Sturmspitze des Widerstands, die Chamer SVP-Präsidentin Brigitte Wenzin Widmer. Zwischen dem Fall in Baar und dem jetzigen Asylknatsch in Cham sehe sie keinen Zusammenhang. «Das Ziel der Petition war es nicht, die Flüchtlingsunterkunft zu verhindern.» Sondern nur zu verhindern, dass die Sportwiese im Röhrliberg verbaut werde. Und der Kanton die Standortwahl nochmals überdenke.

Ein alternativer Standort für die Flüchtlingsunterkunft ist im Gespräch

Offenbar mit Erfolg. Wie der Bauvorsteher Rolf Ineichen bestätigt, habe Cham dem Kanton einen Kontakt für ein Privatgrundstück vermittelt. Zum genauen Standort ist von Ineichen nichts zu erfahren. Jedoch räumt er der Alternative gute Chancen ein: «Da über 20 Einsprachen und eine Petition mit 1280 Unterschriften zum Standort Röhrliberg eingegangen sind, rückt ein möglicher Alternativstandort sicher in den Fokus.»

Diesbezüglich hält sich der Kanton Zug jedoch noch bedeckt. Auf die Frage, ob die Alternative infrage käme, antwortet Ziegler: «Die notwendigen Abklärungen sind noch am Laufen.»

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch mit Stefan Ziegler, Leiter Zuger Sozialamt
  • Antwort der Regierung auf die Kleine Anfrage von Brigitte Wenzin Widmer und Rainer Suter
  • Schriftlicher Austausch mit Chamer Bauvorsteher Rolf Ineichen
  • Schriftlicher Austausch mit SVP-Kantonsrätin Brigitte Wenzin Widmer
Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


0 Kommentare
    Apple Store IconGoogle Play Store Icon