Zuger SVP-Vorstoss findet Gehör

Asylbewerber erhalten künftig Bezahlkarten statt Bares

In Zug erhalten vorläufig aufgenommene Asylbewerber eine Bezahlkarte statt Bargeld. (Bild: Symbolbild: Adobe Stock)

Das Zuger Kantonsparlament will Asylbewerber mit Bezahlkarten stärker kontrollieren. Trotz langer Debatte und sehr unterschiedlichen Haltungen: In einem Punkt waren sich alle Parteien einig.

Ein Mittel gegen den Asylmissbrauch und für mehr Transparenz, sagen die einen. Ein Bürokratiemonster, das nur Probleme schafft und ausserdem diskriminierend ist, sagen andere. Die Idee, Bezahlkarten für Asylsuchende einzuführen, sorgte im Zuger Kantonsrat für grosse Diskussionen.

Gemäss einer SVP-Motion soll der Kanton Zug Asylsuchenden und abgewiesenen Asylbewerbern statt Bargeld eine Bezahlkarte mit einem ensprechenden Guthaben aushändigen (zentralplus berichtete). Fraktionssprecher Michael Riboni äusserte sich dazu in der Debatte wie folgt: «Immer öfter wird unser Asylwesen missbraucht. Geld, das eigentlich den Menschen im Asylbereich hier in der Schweiz zugute kommt, wird von Betroffenen in ihre Heimatländer zurückgeschickt.» Und weiter: «Eine 20er-Note ist in Syrien ein Vielfaches Wert. Das stärkt das Bild der Schweiz als Land, in dem Milch und Honig fliessen und verursacht eine Sogwirkung, die wir nicht wollen.»

Mit Bezahlkarten werde ein solcher Missbrauch von Geldern «massiv erschwert». Dass ein solches System funktioniere, sehe man nicht zuletzt am Nachbarland Deutschland, wo solche Bezahlkarten vor Kurzem gebietsweise eingeführt worden seien.

SVP, FDP und Mitte bliesen ins selbe Horn

Zuspruch für ihre Idee erhielt die SVP unter anderem von der FDP. Dies, obwohl mit der Einführung der Karte ein erheblicher Aufwand einhergeht. Gemäss Regierungsrat würde allein die Einführung Investitionskosten von 100'000 Franken mit sich bringen. Dazu kämen jährliche Betriebskosten von 90'000 Franken. Diese Aufwände halten die Freisinnigen für gerechtfertigt. Sie forderten entsprechend die Überweisung des Vorstosses.

Selbst die Mitte sieht in der Einführung einer Bezahlkarte im Asylbereich einen Vorteil. Fraktionssprecher Fabio Iten äusserte sich in der Debatte dazu: «Wer an Leib und Leben bedroht ist, der soll immer die Chance haben, in unserem Land zu leben. Einer solchen Person ist es egal, wie sie ihr Geld erhält. Sie will sich in Sicherheit wähnen und ihren täglichen Bedarf decken können.»

GLP sieht viel Aufwand und keinen Nutzen

Bei der GLP sah man die Sache anders. GLP-Sprecherin Fabienne Michel befand in ihrem Votum: «Für uns überwiegt das Negative. Es entstehen falsch gesetzte Anreize und ein unnötiger Aufwand. Denn bislang ist nicht geklärt, wie viel Geld tatsächlich in die Heimatländer geschickt wird.» Ausserdem würden Asylbewerber nur so lange Bargeld erhalten, wie sie in einem Durchgangszentrum leben. Danach stünde ihnen ein Bankkonto zur Verfügung.

Dezidiert gegen die SVP-Motion sprachen sich SP und ALG aus. Kantonsrat Andreas Lustenberger – von Berufes wegen sitzt er in der Geschäftsleitung von Caritas Schweiz – sprach von einem Bürokratiemonster, welches sich auf diskriminierende und realitätsferne Prämissen stütze. «Letztlich wollen die Befürworter doch bloss, dass Flüchtlinge sich in anderen Kantonen oder Ländern niederlassen. So viel zur Solidarität.»

ALG glaubt, dass Bezahlkarten den Schwarzmarkt ankurbeln

Der ALG-Kantonsrat sagte weiter: «Die Begründung der Motionäre, dass Geld in die Heimat geschickt werde, lasse ich nicht gelten. 9 Franken pro Tag erhält, wer im Asylbereich Nothilfe erhält. 15 Franken und 65 Rappen sind es für vorläufig Aufgenommene.» Lustenberger weiter: «Klar, kann es sein, dass jemand pro Monat 20 Franken zusammenspart, um diese seiner Familie zu schicken. Es wäre jedoch naiv zu glauben, dass das mit der Bezahlkarte nicht passieren würde.»

Viel eher würde man damit den Schwarzmarkt ankurbeln. «Die Leute kaufen einen Wertgegenstand und verkaufen diesen zu einem tieferen Preis, um an Bargeld heranzukommen», so Lustenberger. Gemäss SP-Kantonsrätin Ronahi Yener gebe es «keinerlei Beweise, dass durch die Auszahlung von Bargeld kriminelle Aktivitäten unterstützt» würden. Sie sprach von Symbolpolitik ohne jeglichen Nutzen.

Die Kritiker der Bezahlkarte im Asylbereich blieben in der Unterzahl. Mit 51 zu 24 Stimmen beauftragte die Legislative den Regierungsrat damit, ein Bezahlkartensystem für Asylsuchende, vorläufig Aufgenommene sowie Personen mit Schutzstatus S zu lancieren. Gleichzeitig wurde der Umwandlung der Motion in ein Postulat zugestimmt.

Regierungsrat schoss übers Ziel hinaus

Bei allen Parteien chancenlos blieb indes die Idee des Zuger Regierungsrats, das Bezahlkartensystem auf anerkannte Geflüchtete und Sozialhilfebezügerinnen im Allgemeinen auszuweiten. Diese Möglichkeit äusserte der Regierungsrat in Bericht und Antwort und erntete dafür vor der Ratsdebatte bereits Kritik über die Kantonsgrenzen hinaus.

So äusserten sich etwa der Berufsverband Soziale Arbeit Schweiz, Caritas Zentralschweiz sowie die Sozialvorsteherinnenkonferenz der Zugerischen Gemeinden (Sovoko) in Schreiben kritisch gegenüber der Ausweitung der Bezahlkarten auf den gesamten Sozialhilfebereich.

Andreas Hostettler, Direktor des Innern, äusserte sich relativierend dazu. «Ziel des Berichts war es, die gestellten Fragen ernsthaft zu prüfen, sie einzuordnen und umfangreiche Antworten zu liefern. Auch haben wir im Vorfeld bereits einige Abklärungen getätigt. Dies auch bezüglich juristischer Fragen.»

So habe man auch prüfen wollen, was es bedeuten würde, wenn man das Bezahlkartensystem auch auf anerkannte und vorläufig angenommene Flüchtlinge ausweiten würde. «Dies, weil der Regierungsrat darauf hinweisen wollte, dass mit dieser Ausweitung das Potenzial viel grösser wäre.» Aber: «Weil anerkannte Flüchtlinge jedoch denselben Bedingungen unterstehen wie alle anderen Sozialhilfebezüger, hätte man das Kartenzahlsystem auch auf sie ausweiten müssen.» Hostettler betonte: «Das war jedoch nicht unsere Idee. Uns geht es nur um die Asylsozialhilfe.»

Verwendete Quellen
  • Liveübertragung der Kantonsratsdebatte
  • Stellungnahmen von Caritas Zentralschweiz, Sovoko und Avenir Social
  • Bericht und Antrag der Regierung

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