Grüne wollen kein Juniorpartner sein

Airbnb-Initiative spaltet die Luzerner Linke

In diesem Neubau auf dem Schlossberg sind ausschliesslich Airbnb-Wohnungen. Die SP will solche Fälle verhindern. (Bild: ewi)

Die Stadt Luzern stimmt im März über die Airbnb-Initiative ab. Die Grünen werden dabei für den Gegenvorschlag der Stadt abstimmen. Sehr zum Ärger der SP.

Normalerweise geben die Stadtluzerner SP und die Grünen ein geradezu harmonisches Paar ab. Bei fast allen politischen Geschäften sind sie einer Meinung. Dank dieses Zusammenschlusses und der entsprechenden Mehrheit im Grossen Stadtrat dominierten sie die Politik in der Stadt Luzern in den letzten Jahren.

Doch ab und zu kommt es vor, dass die beiden Parteien das Heu nicht auf derselben Bühne haben. In solchen Momenten wird einem wieder bewusst, dass links-grün längst nicht ein und dieselbe Partei ist. Und ein solcher Moment hat sich am Dienstagabend ereignet, als die Grünen ihre Parolen für die Airbnb-Initiative fassten.

Zur Erinnerung: Die Airbnb-Initiative der SP fordert eine Einschränkung bei der Vermietung von Ferienwohnungen in der Stadt Luzern. So sollen Wohnungen maximal während drei Monaten pro Jahr an Gäste vermietet werden dürfen. Der Gegenvorschlag der Stadt sieht keine zeitliche Beschränkung vor. Stattdessen will die Stadt die Zahl der Ferienwohnungen pro Quartier begrenzen. In den Innenstadtquartieren soll die maximale Quote 1,5 Prozent betragen, in allen anderen Quartieren ein Prozent (zentralplus berichtete).

Die Grünen sind gespalten

Die Grünen haben am Dienstagabend entschieden: Ja zum Gegenvorschlag, aber Stimmfreigabe für die Mitglieder. Der Schritt überrascht nicht, denn die Partei hatte auch im Grossen Stadtrat gegen die Initiative der SP votiert (zentralplus berichtete).

«Die SP kann uns nicht als Junior betrachten und vorgeben, was wir zu denken haben.»

Elias Steiner, Co-Leiter der Grünen

Doch mit der Stimmfreigabe stellt sich die Partei unter der Co-Leitung von Elias Steiner und Christa Wenger nicht so resolut gegen die Initiative, wie einige dachten. «Eine grosse Mehrheit der Grünen ist für den Gegenvorschlag. Aber es gibt auch einige Mitglieder, die Sympathien für die Initiative haben», erzählt Elias Steiner auf Anfrage von zentralplus. Das Argument der Parteimitglieder: Die Initiative sei immer noch besser als keine Regulierung. 

Elias Steiner, Co-Präsident der Grünen Stadt Luzern, erzählt, was die Entscheidung der Grünen motiviert. (Bild: zvg)

Mit dem Gegenvorschlag erhoffen sich die Grünen Vorteile für nachhaltigen Tourismus. Konkret soll verhindert werden, dass Gäste nur für einen Zwischenstopp in der Altstadt aus den Reisecars hüpfen und kurz darauf weiterfahren. Mit mehr Ferienwohnungen sei Luzern ein attraktiver Stopp für individuelle, längere Aufenthalte, schreibt die Partei.

«Auch der Gegenvorschlag ist eine sehr strikte Regelung.»

Elias Steiner

Die Initiative sei für nachhaltigen Tourismus kontraproduktiv. «Letztlich ist der Gegenvorschlag kein Komplettverbot, das ist der grosse Unterschied», ergänzt Steiner. Ob die Initiative einen positiven Einfluss auf Wohnraum in der Stadt Luzern hat, sei jedoch umstritten. Daher habe sich die Partei für die Stimmfreigabe entschieden.

Grüne wollen kein Juniorpartner sein

Dass die SP überhaupt eine Initiative ergriffen hat, wird für die Grünen zum Vorteil. «Auch der Gegenvorschlag ist eine sehr strikte Regelung», so Steiner. Nur durch die Initiative sei es den Grünen gelungen, den strikten Gegenvorschlag mehrheitsfähig zu machen. In ihrer Medienmitteilung betont die Partei, es sei ihr geglückt, «die bürgerlichen Parteien von GLP bis SVP von dieser guten Lösung zu überzeugen».

Auch wenn Grüne und SP das linke Lager gemeinsam bestreiten, sei Disharmonie manchmal nicht zu verhindern. «Wir müssen uns nicht immer einig sein. Die SP kann uns nicht als Junior betrachten und vorgeben, was wir zu denken haben», sagt Steiner resolut.

SP enttäuscht von den Grünen

Auch SP-Grossstadtrat Mario Stübi konnte die Grünen nicht von ihrem Entscheid abbringen. An der Mitgliederversammlung präsentierte er im Vorfeld der Parolenfassung das Anliegen des Initiativkomitees. «Wir sind enttäuscht, dass wir nicht auf die Unterstützung der Grünen zählen können.» Dass die Partei die Initiative nicht ablehnt, sondern immerhin Stimmfreigabe erteilt, sei wohl wenig hilfreich.

SP-Grossstadtrat Mario Stübi vertritt die Interessen der Initiative. (Bild: bic)

Die ökologische Argumentation der Grünen kann Stübi zwar nachvollziehen: «Es kann durchaus sein, dass mit Airbnb-Tourismus die Gäste länger in Luzern bleiben», und relativiert sogleich: «Doch was ist mit den Bewohnerinnen von Luzern?»

SP will mehr Wohnraum für Luzerner

Aus seiner Sicht geht es bei der Abstimmung letztlich um die Frage, was für Luzern wichtiger ist: Bezahlbarer und genügend Wohnraum für die Stadtbewohnerinnen oder der Tourismus. Die SP hat hierzu eine klare Meinung: «Unsere Initiative stellt das Wohl der Luzerner über die wirtschaftlichen Interessen von professionellen Airbnb-Vermietern.»

Zumal die meisten dieser Vermieter nicht mal in Luzern Steuern zahlen würden, wie Stübi anmerkt. Die SP kritisiert diese Unternehmen, die teilweise die Wohnungen eines ganzen Blockes zu Ferienzwecken vermieten, seit Jahren (zentralplus berichtete).

Das Argument der Gegner, dass die Initiative Airbnb in Luzern faktisch verhindere, kann der Grossstadtrat zumindest teilweise nachvollziehen: «Ja, mit der Initiative machen wir das Geschäftsmodell kaputt, ganzjährig Apartments zu vermieten.» Die damit frei werdenden Wohnungen sollen wieder auf den Wohnungsmarkt gelangen, sodass sie den Stadtbewohnern zur Verfügung stehen.

«Doch die ursprüngliche Idee von Airbnb, die Sharing-Economy, bleibt erhalten», betont Stübi. Wer also für ein paar Wochen verreist und seine Wohnung in dieser Zeit nicht leer lassen will, hat auch mit Annahme der Initiative die Möglichkeit, die Wohnung zu vermieten. Auch die Vermietung einzelner Zimmer ist von der Initiative ausgenommen.

Verwendete Quellen
  • Medienmitteilung der Grünen
  • Telefonat mit Elias Steiner, Grossstadtrat Grüne
  • Telefonat mit Mario Stübi, Grossstadtrat SP
  • Informationen der Stadt Luzern
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6 Kommentare
  • Profilfoto von Gabriel
    Gabriel, 02.02.2023, 15:12 Uhr

    Es ist nicht wahr, dass die Besitzer von Ferienwohnungen (Airbnb) in Luzern nicht aus Luzern kommen.
    *Jeder kann im Internet recherchieren und sehen, dass die meisten Ferienwohnungsbesitzer und ihre Angestellten in Luzern Steuern zahlen (und wer nicht – es ist ein kleiner Betrag, der nicht vergleichbar ist mit den Einwohnern von Luzern, die in anderen Kantonen arbeiten und in Luzern Steuern zahlen)

    Es ist nicht wahr, dass die Ferienwohnungen den Bewohnern «nachhaltigen Wohnraum wegnehmen».
    In der ganzen Stadt Luzern gibt es 49ֿֿ’000 Wohnungen, 300 davon werden als Ferienwohnungen genutzt.

    Nur im Stadtzentrum von Luzern (Zona A – gemischte Gewerbe- und Wohnzone) gibt es Hunderte von Gewerbewohnungen (Büros, Kliniken, Lagerräume, Geschäfte, etc.), die für Bewohner genutzt werden können. ABER aus irgendeinem Grund hat die SP nur ein Problem mit den Ferienwohnungen.

    SP hat einen Rachefeldzug gegen die Ferienwohnungen ohne gesunden Menschenverstand.
    Leider sind alle ihre Publikationen Propaganda, deren Zweck es ist, die Öffentlichkeit in die Irre zu führen, so dass sie JA zu ihrer Initiative stimmen werden.

    Unsere Stadt Luzern im Speziellen und die Schweiz im Allgemeinen sind auf dem Tourismus aufgebaut und gegründet. Ein nachhaltiger Lebensraum ist ein wesentlicher Faktor für die Existenz jeder Siedlung. In grösseren Siedlungen (wie z.B. in unserer Stadt Luzern) muss ein nachhaltiger Lebensraum und ein nachhaltiger Wirtschaftsraum in Einklang gebracht werden. In den Zentren der Weltstädte, wo Harmonie herrscht, entstehen Synergien. In der Tat muss es ein Gleichgewicht geben, denn ohne Gewerbeflächen gibt es keine Einwohner (und umgekehrt). Aber es ist nicht möglich, eine Diskriminierung zu schaffen, wie es die SP tut, und weiterhin Wohnungen zuzulassen UND gewerblich zu betreiben (als Büros, Kliniken, Lager, verschiedene Arbeitsräume usw.) und nur Ferienwohnungen auszuschliessen, wenn der Tourismus das pulsierende Herz von Luzern ist.

    Lassen Sie sich nicht von der Propaganda der SP täuschen. Der Vorschlag des Gemeinderates ist richtig.

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  • Profilfoto von Hans Peter Roth
    Hans Peter Roth, 02.02.2023, 14:19 Uhr

    Die Erfahrungen aus andern Städten – auch ausserhalb der Schweiz – zeigen, dass Kurzzeitmieten (inkl. Air BnB) das Angebot an bezahlbaren Wohnungen mindern und die Wohnungsnot vergrössern. Schliesslich können profitgierige Vermieter mit Kurzzeitmieten wesentlich mehr Geld pro Quadratmeter erwirtschaften, als mit Langzeitmieten. Entscheidend müsste die Lehrwohnungsziffer in einem Ort sein, d.h. unterhalb von 2% sind Kurzzeitmieten nicht gestattet. In diesem Sinne ist die Parole der Grünen ein gurkengrüner Fehlläufer. Aber die melonengrünen Mitglieder und Sympis können dies korrigieren.

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  • Profilfoto von Libero
    Libero, 02.02.2023, 13:22 Uhr

    Im Tagi vom 11.1.2023 beklagt sich Andrea Züger, dass über ihrer Familienwohnung aus der Airbnb-Wohnung im Zürcher Seefeld die Sexparty tobt.
    Wollen wir das auch in Luzern?
    Wollen wir jede Woche Fremde und zwielichtige Personen in unserem Quartier?
    Alle, auch Grüne wollen freundliche Nachbarn, die wir kennen!
    Im Interesse der Luzerner-Mieter und auch unserer Hotellerie müssen wir der Airbnb-Initiative zustimmen.
    In der Pflege, im Detailhandel und Gastgewerbe tätige und ältere Personen finden in der Stadt Luzern kaum noch Wohnraum.
    Es ist in unserm Interesse darum stimmen auch wir Grüne
    am 12.März 2023 Ja für die Airbnb-Initiative.

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    • Profilfoto von Peter Bitterli
      Peter Bitterli, 02.02.2023, 14:15 Uhr

      „Wollen wir jede Woche Fremde und zwielichtige Personen in unserem Quartier?“ Uiuiui, eine eher grenzwertige Aussage und Formulierung, gerade für einen Grünen, nicht? Ich meine, kürzlich gelesen zu haben, dass diese Kreise gerne mehr Ausländer in ihren Genossenschaftssiedlungen hätten. Zu welcher Gruppe würden Sie die in Ihre Nachbarschaft quotierten Mitbewohner dann zählen? Fremde oder Zwielichtige? Ihre Worte, nicht meine.

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    • Profilfoto von Gabriel
      Gabriel, 02.02.2023, 15:42 Uhr

      Lieber Herr Libro

      Wieder einmal benutzen Sie Pathos?! -Es ist sehr nett, ein Datum und einen Namen zu schreiben, aber es fällt schwer, Ihnen zu glauben. Du schreibst es so, als ob es nie zu Unterbrechungen durch Nachbarn käme.

      Also… In dem Haus, in dem ich wohne, in der Kasimir-Pfyffer-Straße – ich habe einen Nachbarn, der alle paar Monate Partys schmeißt, die Nachbarn rufen die Polizei, er zahlt die Strafe und macht weiter mit der Party.
      In einem anderen Wohnhaus, in meiner Nachbarschaft, wird ein Bordell betrieben (rund um die Uhr) – ist das in Ordnung?!

      Sie können sicher sein, dass das, was Sie geschrieben haben, nur sehr selten in Ferienwohnungen/Hotels usw. vorkommt, und Sie können sicher sein, dass «normale lokale Nachbarn» viel größere Probleme verursachen können als Touristen, die unser schönes Land besuchen. (Wir sind in Luzern in der Schweiz – es ist nicht Ibiza hier)

      Alles, was Sie tun, ist Propaganda – veröffentlichen Sie Fehlinformationen und versuchen Sie, die Einwohner mit Lügen zu verängstigen (in Ihren vielen Worten gibt es sogar eine Diskriminierung von Ausländern) und Sie sind eine Partei, die unser Volk vertreten soll

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    • Profilfoto von Roli Greter
      Roli Greter, 03.02.2023, 14:25 Uhr

      Sind anonyme Kommentarschreibende auch fremde und zwielichtige Personen?
      Oder eher konservative Linke?

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