Abstimmung zur Stempelsteuer

Zug, das «kleine gallische Dorf» der Schweiz

Zugs Birgitt Siegrist (FDP) und Barbara Gysel (SP) nehmen Stellung zum Resultat.

Der Kanton Zug will als einziger Kanton die Stempelsteuer abschaffen. Das Ergebnis der Abstimmung freut die Liberalen, aber auch die Linken. Denn mit einem so knappen Resultat hat selbst in Zug niemand gerechnet.

Die Schweiz lehnte die Abschaffung der Stempelabgabe gestern Sonntag deutlich ab (zentralplus berichtete). Keinen einzigen Kanton konnte die Vorlage überzeugen – bis auf einen. Mit knappen 51,1 Prozent Ja-Stimmen hat der Kanton Zug die Vorlage angenommen. Weniger als tausend Stimmen haben den Ausschlag gegeben und dafür gesorgt, dass der Kanton Zug auf einer in dunkles Rot gefärbten Schweiz als einziger in blauer Farbe hervorsticht.

«Der Kanton Zug ist eine liberale Hochburg», jubelte die Kantonalpartei der Liberalen auf Facebook. Und Birgitt Siegrist, Präsidentin der FDP Frauen Zug, twitterte die Karte mit den Ergebnissen:

Gegenüber zentralplus sagt Birgitt Siegrist: «Schön, dass das Anliegen im Kanton Zug angenommen worden ist.» Es mache keinen Sinn, dass auf die Aufnahme von Eigenkapital eine Steuer bezahlt werden muss und auf die Aufnahme von Fremdkapital nicht, argumentiert sie.

Und zum schweizweiten Resultat: «Es mag so sein, dass manche Grosskonzerne übertrieben haben in ihrem Gebaren. Aber den meisten Leuten in der Schweiz ist bewusst, dass es Arbeitsplätze braucht. Arbeitsplätze sind unsere Lebensgrundlage.»

Im Kanton Zug kommt ein Unternehmen auf vier Einwohner

Zur Frage, ob sich die Wirtschaft im Kanton Zug zu sehr auf Unternehmen abstützt, die sich aus steuerlichen Gründen in Zug niederlassen, erwidert Siegrist: «Der Kanton Zug hat eine grosse wirtschaftliche Diversifikation. In der Stadt Zug gibt es sogar noch industrielle Produktion.»

Auf nicht einmal vier Einwohner des Kantons Zug kommt ein Unternehmen. Im Kanton Luzern ist die Unternehmens-Dichte mit einem Unternehmen pro 13 Personen wesentlich tiefer.

Die ersten Weichen für diese Entwicklung hat der Kanton bereits vor gut hundert Jahren gestellt, berichtete die NZZ letzten November in einer Reportage aus dem globalisierten Zug. In den Sechzigerjahren schliesslich begannen die Reformbemühungen des damals wenig entwickelten Landkantons zu greifen. Innert weniger Jahrzehnte stieg er auf zu den Vermögendsten.

Das Bruttoinlandsprodukt in 35 Jahren verdoppelt

Heute hat der Kanton Zug das zweitgrösste Bruottinlandprodukt pro Kopf, nur Basel-Stadt liegt weiter vorne. Allein zwischen 1981 und 2016 hat es sich verdoppelt. So steht es in einem Bericht von Statistik Zug zur sozialen Lage der Bevölkerung im Kanton Zug.

Diese wirtschaftsfreundliche Haltung zeigt sich auch im Abstimmungsverhalten auf nationaler Ebene. So wurde beispielsweise die Konzernverantwortungsinitiative im Kanton Zug beinahe diskussionslos im Boden versenkt. Mit 65 Prozent Nein-Stimmen war die Ablehnung der Vorlage in Zug wesentlich grösser als in der gesamten Schweiz, wo die Vorlage sogar hauchdünn angenommen wurde – letztlich aber am Ständemehr scheiterte.

Ist die heuerliche Annahme der Abschaffung der Stempelsteuer eine Bestätigung für den liberalen Weg des Kantons Zug? Weniger als tausend Stimmen haben im Kanton den Ausschlag gegeben.

In Baar mit mehr als 25’000 Einwohnern führte eine Differenz von nur gerade elf Stimmen zur Ablehnung der Vorlage, sechs weitere Gemeinden lehnten sie ebenfalls ab. Wie kam es dazu?

Resultate Kanton Zug nach Gemeinde, Quelle: Kanton Zug

«Das Ergebnis in den Zuger Gemeinden dürfte damit zusammenhängen, wie wirtschaftlich geprägt eine Gemeinde ist», sagt Birgitt Siegrist. «Das zeigt sich mit der Annahme der Vorlage in der Stadt Zug. Es wird wahrgenommen, dass hier viele Start-ups ihren Sitz haben, die von der Abschaffung der Emissionsabgabe natürlich profitiert hätten.»

Schweizweite Entwicklung komme verlangsamt in den Kanton Zug

Freude löst das knappe Resultat auch auf linker Seite aus. SP-Kantonsrätin Barbara Gysel: «Wir sind positiv überrascht, wie deutlich das Nein in der Schweiz ausgefallen ist. Zug hat die Vorlage zwar angenommen, aber doch viel knapper als erwartet und nicht über alle Gemeinden hinweg.»

Im November argumentierte die NZZ in der erwähnten Reportage, dass das Verständnis für internationale Konzerne in der Schweizer Bevölkerung abgenommen habe. In Zug hingegen würden die Uhren noch anders ticken.

«Das zeigt, dass sogar im Kanton Zug die Kritik steigt.»

Barbara Gysel, Kantonsrätin und Präsidentin SP Kanton Zug

Widerlegt das knappe Abstimmungsresultat die Sicht der NZZ auf Zug? «In Zug geschieht diese Entwicklung wahrscheinlich verlangsamt. Das gestrige Abstimmungsergebnis zeigt, dass sogar im Kanton Zug die Kritik steigt», sagt Barbara Gysel.

Sie fühle sich von dem Resultat bestärkt: «Umso überzeugter werden wir fortfahren, mit Gleichgesinnten Gegensteuer zu einseitigen Steuerprivilegien zu geben.»

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Stefan Ernst
    Stefan Ernst, 14.02.2022, 19:46 Uhr

    Wenn dasselbe Parlament gleichzeitig die Mehrwertsteuer ständig erhöhen will, ist es eben nicht glaubwürdig sondern macht einfach nur leicht durchschaubare Klientelpolitik.

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