Zuger Regierung erstaunt mit Aussage

27 Prozent günstiger Wohnraum – und keiner merkt’s

Im Kanton Zug sind über ein Viertel der Wohnungen «preisgünstig». Dieser Überzeugung ist der Regierungsrat. Darüber können einige linke Politiker nur den Kopf schütteln.

 

(Bild: wia)

Der Kanton Zug verfügt über 27 Prozent bezahlbaren Wohnraum – das zumindest behauptet der Regierungsrat. Die Initianten der Vorlage «Für bezahlbaren Wohnraum», die mit diesem Argument ausser Gefecht gesetzt werden sollen, finden: Wie bitte? Wie kommt die Regierung bloss auf diese Zahl?

Mehr preisgünstigen Wohnraum, fordert eine Gesetzesinitiative der Jungen Alternativen Zug und der JUSO, die letztes Jahr zustande gekommen ist. Mit der Initiative will die Linke erreichen, dass innert 20 Jahren 20 Prozent günstiger Wohnraum entsteht.

Der Regierungsrat fordert nun deren Ablehnung. Denn er ist der Ansicht, dass «bereits 27 Prozent aller Wohnungen im Kanton Zug vom Mietzins her unter den Limiten des Zuger Wohnraumförderungsgesetzes liegen und damit preisgünstig» seien.

Erhoben worden sei dies anhand aller Personen mit einem Reineinkommen von unter 76’400 Franken, gemessen an ihren Aufwendungen für die Mietzinse ihrer Wohnungen. Laut Regierungsrat gäbe es 14’100 solcher preisgünstiger Wohnungen, wenn man die Mietzinsobergrenzen des kantonalen Wohnraumförderungsgesetzes (WFG) als Massstab nehme.

«Nicht möglich ist diese Erhebung bei steuerbaren Einkommen über 76’400 Franken, da hier kein Mietzinsabzug vorliegt. Es dürfte aber auch Personen in diesem höheren Einkommensbereich geben, welche in preisgünstigen Wohnungen leben», weshalb nicht alle möglichen Wohnungen erfasst seien, erklärt Volkswirtschaftsdirektor Matthias Michel ergänzend. Da diese Besserverdienenden steuerrechtlich nicht erfasst werden, könne man laut Michel davon ausgehen, dass die errechneten 27 Prozent die untere Grenze darstellten.

Ein «unbrauchbarer» Massstab?

Die vorberatende Kommission stimmte dem Regierungsrat in seiner Ansicht zu und empfiehlt dem Kantonsrat mit elf zu drei Stimmen, das Geschäft abzulehnen.

Die Kommissionsmitglieder Andreas Lustenberger, Rita Hofer (beide ALG) und Alois Gössi (SP) sind empört und kontern den Kommissionsbericht mit einem Minderheitsbericht. Sie finden es absurd, dass der Regierungsrat von 27 Prozent preisgünstigem Wohnraum im Kanton spricht. Den Massstab, mit dem der preisgünstige Wohnraum gemessen wurde, betiteln die Alternativen als «unbrauchbar». Zwar stehe der benutzte Massstab in der kantonalen Verordnung für Wohnraumförderung (WFV), doch handle es sich dabei um die Obergrenze bei Neubau, Sanierung oder Erwerb von Wohnraum.

«Der Zuger Kantonsrat hat nie definiert, wo die Obergrenze für preisgünstigen Wohnraum verläuft.»

Andreas Lustenberger, ALG-Kantonsrat

ALG-Kantonsrat Andreas Lustenberger erklärt: «Die WFV-Obergrenze bezieht sich nicht auf die Grenze, was bezahlbar oder nicht bezahlbar ist. Sie bezieht sich darauf, welche Wohnungen bisher unterstützt worden sind. Der Zuger Kantonsrat hat nie definiert, wo die Obergrenze für preisgünstigen Wohnraum verläuft.»

Lustenberger doppelt nach: «Die WFV definiert für eine 3-Zimmer-Wohnung die Obergrenze von 1750 Franken. Laut einer Statistik des Bundes liegen in Zug die durchschnittlichen Mietkosten einer 3- bis 3,5-Zimmer-Wohnung bei 1625 Franken pro Monat. Das würde doch bedeuten, dass viel mehr als nur die besagten 27 Prozent – laut der Definition des Regierungsrates – als preisgünstig definiert werden kann.» Dies entspreche jedoch überhaupt nicht der Realität.

«Die Kritik im Minderheitsbericht ist uns neu. Wir werden vertieft im Rahmen der kantonsrätlichen Beratung darauf eingehen.»

Matthias Michel, Zuger Volkswirtschaftsdirektor

Matthias Michel sagt zur Kritik der drei Kommissionsmitglieder: «Die Zuger Wohnraumförderungsgesetzgebung lehnt sich an die Bundesvorgaben an – das war bei der Beratung des Zuger Gesetzes allseits bekannt. Diese Obergrenzen waren bisher auch noch nie bestritten. Die Kritik im Minderheitsbericht ist uns neu. Wir werden vertieft im Rahmen der kantonsrätlichen Beratung darauf eingehen.»

Die Initiative «Für zahlbaren Wohnraum» wird demnächst vom Kantonsrat beraten. Die ALG droht bereits jetzt an, das Geschäft an die Kommission zurückzuweisen.

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