Öko-Allianz findet beim Luzerner Stadtrat Gehör

200 Millionen fürs EWL-Areal: Gemeinnützige Wohnungen statt Büros

Brachland mitten im Stadtzentrum: das EWL-Areal mit dem Hauptsitz des Energieversorgers hinten rechts im Bild.

(Bild: jal)

Ursprünglich plante die EWL grosse Büroflächen und teure Wohnungen auf ihrem Areal an der Industriestrasse. Nun vollzieht die Luzerner Regierung eine Kehrtwende – und will viel Geld investieren. Die Pläne sehen unter anderem ein grosses Einsatzzentrum für alle Blaulichtorganisationen sowie gemeinnützige Appartements vor.

Der Stadtrat steht unter Druck – er muss den Anteil gemeinnütziger Wohnungen in Luzern von 13 auf 16 Prozent erhöhen. So lautet der Auftrag des Volkes, welchen der Stadtrat innerhalb von 25 Jahren umzusetzen hat (zentralplus berichtete). Die geplante Überbauung auf dem EWL-Areal soll nun einen Beitrag zu diesem politischen Ziel leisten – so wie es GLP, Grüne und SP in einem gemeinsamen Vorstoss forderten (zentralplus berichtete).

Nutzmischung vorgesehen

Ursprünglich war geplant, grosse, zusammenhängende Dienstleistungsflächen zu schaffen. Von diesem Plan nimmt man nun Abstand. Der Stadtrat spricht von einem eigentlichen Strategiewechsel. Er begründet diesen Schritt mit der fehlenden Nachfrage nach zusammenhängenden Dienstleistungsflächen. Dies würde unter anderem das Projekt in der Rösslimatt zeigen (zentralplus berichtete).

Wie dem Bericht und Antrag an den Grossen Stadtrat zu entnehmen ist, befürwortet die Regierung eine Nutzmischung des 21’524 Quadratmeter grossen Areals. Das macht den Weg frei für rund 60’000 Quadratmeter nutzbare Fläche, rechnet man alle Stockwerke zusammen. Zulässig ist nach bestehender Bau- und Zonenordung eine maximale Fassadenhöhe von 21 Metern. Viel Platz, für den bereits klare Verwendungszwecke vorgesehen sind.

Das EWL-Areal: Das Dreieck zwischen Geissensteinring, Industrie- und Fruttstrasse.

Das EWL-Areal: Das Dreieck zwischen Geissensteinring, Industrie- und Fruttstrasse.

(Bild: zvg)

Grosses Sicherheitszentrum geplant

Ein gewichtiger Teil des Areals dient zukünftig den Blaulichtorganisationen als Sicherheits- und Dienstleistungszentrum. Dazu gehören der Rettungsdienst und die Sanität Zentralschweiz, die Einsatzleitzentrale der Polizei sowie die Feuerwehr und der Zivilschutz. Letztere sind derzeit neben dem Neubad stationiert. Doch deren Einsatzbasis ist veraltet und nicht erdbebensicher, ein Umzug deshalb notwendig. Dies würde die Türen für die angedachte Gesamtüberbauung an der Biregg- respektive Eschenstrasse öffnen (zentralplus berichtete).

Die Zusammenlegung von kantonalen und städtischen Blaulichtorganisationen sowie der technischen Dienste der Stadt ermöglichen laut dem Stadtrat diverse Synergien und damit Kosteneinsparungen. Weitere öffentliche Bereiche finden Platz, etwa das Tiefbauamt inklusive Strasseninspektorat, die Dienstabteilung Umweltschutz sowie das Geoinformationszentrum GIS.

Die EWL bleibt

Einen weiteren Bereich wird die Liegenschaftsbesitzerin EWL für ihre technischen und administrativen Bereiche nutzen. Einzig auf das bisherige Aussenlager, auf dem Röhren oder Bauelemente lagern, verzichtet das Unternehmen mit seinen rund 270 Mitarbeitern. Während der gesamten Bauphase wird der EWL-Betrieb stehts ungehindert weitergeführt werden können.

Laut Gesetz ist die Hälfte der Fläche fürs Wohnen reserviert – doch aufgrund einer Ausnahmebewilligung für die Blaulichtorganisationen werden es effektiv nur ca. 23’000 Quadratmeter sein. Entsprechend dem Wunsch von SP, Grünen und GLP soll ein Teil für den gemeinnützigen Wohnungsbau reserviert sein. Die Allgemeine Baugenossenschaft Luzern zeige grosses Interesse, diesen Wohnraum zu realisieren. Interesse zeigen ausserdem die im Jahr 2015 ausgelagerten Stadtluzerner Alters- und Pflegeheime (Viva Luzern). Viva Luzern möchte 60 bis 80 Pflegeplätze sowie 30 bis 50 Wohnungen mit Dienstleistungen für ältere Menschen an den Wohnbereich beisteuern. Der Stadtrat befürwortet dies ausdrücklich.

«Rotes Haus» wird Quartierzentrum

Im Zentrum des dreieckigen Grundstücks steht das denkmalgeschützte «Rote Haus», die ehemalige Wassergasspaltanlage. Es bleibt nach den Plänen des Stadtrates bestehen und soll zu einem Quartiertreffpunkt umgenutzt werden. Möglich sind etwa Gemeinschaftsräume, ein Begegnungszentrum sowie ein Café – dies wurde in den vorbereitenden Gesprächsrunden gewünscht. Weiter ist auf dem Gebiet ein Kindergarten, eine Kindertagesstätte, ein Restaurant im Käselager sowie ein Saal für Quartier- und kulturelle Nutzungen und für einen Mittagstisch vorgesehen.

Für die Umsetzung und Finanzierung befürwortet der Stadtrat ein Public-Private-Partnership-Modell. Die EWL wird das Areal im Baurecht abgeben, und neben der Stadt wird vermutlich eine Baugenossenschaft als Investorin auftreten. Sie gründen gemeinsam eine «EWL Areal AG» und werden Aktionäre respektive Eigentümer der Überbauung. Die derzeitige Modellrechnung geht von einer Investition von rund 200 Millionen Franken aus, die Stadt würde rund 50 Millionen investieren. Dadurch erhielten die Stadt sowie deren 100-Prozent-Tochter EWL grosse Mitsprache und könnten auf kurze Entscheidungswege vertrauen.

GLP und FDP wollen mehr Wohnungen

Die neue Überbauung soll mit Verweis auf die Zentrumsnähe und die gute Erschliessung durch den öffentlichen Verkehr möglichst autoarm gestaltet werden. Die Anzahl von 160 Parkplätzen darf laut Stadtrat auf dem Areal nicht überschritten werden. Neben den vier bestehenden Mobility-Plätzen werden Carsharing-Parkplätze geprüft. Die Überbauung soll ausserdem den 2000-Watt-Standard erfüllen.

«Das ist eine Bankrotterklärung für die städtische Wirtschaftspolitik.»

Fabian Reinhard, FDP-Grossstadtrat

Die Grünliberalen werden das politische Zünglein an der Waage sein, wenn es um die Pläne des Stadtrates geht. GLP-Fraktionschef Jules Gut ist grundsätzlich zufrieden: «Aus Sicht der Grünliberalen ist die vorgeschlagene Mischnutzung sehr zu begrüssen.» Einzig der reduzierte Anteil Wohnungen ist ihm ein Dorn im Auge: Er besteht darauf, dass mindestens 50 Prozent der nutzbaren Fläche für die Wohnnutzung eingeplant werden müssen. Dies sei aufgrund der derzeitigen Berechnungen der Regierung nicht der Fall.

Projekt-Abschluss im Sommer 2025

Wie GLP-Grossstadtrat Gut findet auch FDP-Grossstadtrat Fabian Reinhard, dass der Wohnanteil grösser sein müsste. Gar nicht einverstanden ist er mit dem Strategiewechsel: «Wenn der Stadtrat diesen mit der fehlenden Nachfrage nach zusammenhängende Büroflächen begründet, ist das eine Bankrotterklärung für die städtische Wirtschaftspolitik.» Für Reinhard ist das Areal das «Filetstück» der Stadtentwicklung – vergleichbar mit der Europaallee in Zürich. Dass hier auf gemeinnützigen Wohnungsbau und auf öffentliche Nutzung gesetzt werde, kann er nicht nachvollziehen.

Wie geht es nun weiter? Nach der anstehenden Debatte im Parlament und einem Wettbewerb kommt es nach dem Fahrplan des Stadtrates 2019 zu einer Volksabstimmung. Verläuft alles nach Wunsch des Stadtrates, wird das Projekt ab Sommer 2021 realisiert und im Sommer 2025 abgeschlossen sein.

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