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Sollen Luzerner Jugendliche stimmberechtigt sein? In einem Monat entscheidet das Luzerner Stimmvolk darüber. Es zeigt sich: Selbst die Jungen sind sich uneins.
Der Flaumbart wuchert, die Haut kämpft mit hyperaktiven Talkdrüsen und der erste Herzschmerz bricht sich Bahn. Mit 16 Jahren verändert sich der Körper und die Welt – zumindest aus subjektiver Sicht. Auch die legalen Handlungsmöglichkeiten werden mehr.
Die Religion kann nunmehr eigenständig gewählt werden, die sexuelle Mündigkeit ist erreicht. Bier und Tabak sind mit dem nötigen Budget erhältlich. Und wer einen Roller fahren will, kann die entsprechende Prüfung ablegen. Einiges bleibt dennoch weiterhin verboten. Unter anderem: das Abstimmen.
Eine Initiative will das im Kanton Luzern ändern. Am 9. Februar stimmt das hiesige Stimmvolk darüber ab, ob das aktive Wahl- und Stimmrecht auf 16 Jahre heruntergesetzt werden soll. Die Befürworterinnen der Vorlage haben diese Woche den Start ihrer Abstimmungskampagne verkündet. Einen leichten Stand haben die jungen Politinteressenten aber nicht, wie ein Blick in andere Kantone zeigt.
Ein Amt gibts trotzdem erst ab 18
Die Vorlage ist getragen von der Allianz «Jung und engagiert». Angeführt wird diese von den Jungparteien der Mitte, Grünen, Grünliberalen wie auch der Juso. 15 Organisationen und Verbände, beispielsweise das Jugendparlament des Kantons und die Pfadi Luzern, sind gleichfalls Teil der Allianz.
Die Forderung der Initiantinnen ist simpel: Im Kanton Luzern sollen Personen, die den 16. Geburtstag hinter sich haben, das Stimmcouvert bekommen. Ein politisches Amt dürften 16-Jährige auch bei Annahme der Vorlage nicht ausführen. Die Altersgrenze für ein Amt herunterschrauben will die Allianz aus einem Grund nicht.
In der Schweiz sind Personen erst mit 18 Jahren in zivil- und strafrechtlicher Hinsicht mündig. Für ein politisches Amt ist diese Mündigkeit unabdingbar, erklärt Florian Thalmann, Präsident der jungen Mitte Kanton Luzern und Mitglied der Allianz «Jung und engagiert». Erst mit dieser Mündigkeit können Personen rechtsgültig Verträge unterzeichnen.
Breiter gestützte Entscheide stärkten die Demokratie
Für Thalmann ist das stärkste Argument zugunsten der Vorlage, dass 16- und 17-Jährige Verantwortung übernehmen könnten und wollten. «Bereits heute tragen junge Menschen in Beruf, Vereinen, Organisationen oder Jungparteien Verantwortung für sich und ihre Mitmenschen. Wer Verantwortung übernimmt, soll auch mitbestimmen dürfen.»
Aus Sicht von Simon Koch, Präsident des Jugendparlaments des Kantons, ist das schlagfertigste Argument, dass mit einer Senkung des Stimmrechtsalters mehr Menschen bei den hiesigen politischen Entscheiden mitreden würden. «Wenn mehr Leute an der Demokratie teilnehmen können, stärkt dies die Entscheide, welche dann besser getragen sind», führt er aus.
Gegner sehen eine unüberbrückbare Lücke
Weniger begeistert von der Idee ist Quentin Zweili, Präsident der Jungen SVP. Die 16-Jährigen würden, so argumentiert er, bei einer Annahme der Initiative Rechte erhalten, ohne aber die entsprechenden Pflichten zu haben.
Als Beispiel nennt er Abstimmungen über Steuerfragen. 16-Jährige könnten künftig bei solchen mitbestimmen, ohne aber selber Abgaben an den Fiskus zu leisten. Für Zweili ist deshalb klar, dass die Senkung des Stimmrechtsalters nicht als einzelne Massnahme betrachtet werden kann. Das müsse mit der Senkung des Mündigkeitsalters einhergehen. Und das sei eine Debatte, die auf nationaler Ebene stattzufinden habe, sagt er.
Die JSVP ist eine von zwei Jungparteien im Kanton, die sich nicht hinter die Vorlage stellen. Die andere ist jene der Jungfreisinnigen.
Die Idee hat eine bewegte Geschichte
Im Dezember 2021 lehnte der Kantonsrat eine Senkung des Stimmrechts schon einmal ab (zentralplus berichtete). 2022 kam die Volksinitiative zustande, über welche in Kürze abgestimmt wird (zentralplus berichtete). Im September diskutierte der Kantonsrat, ob er sich hinter die Initiative stellen will. Mit 59 zu 51 Stimmen empfiehlt er knapp die Ablehnung. Der Regierungsrat ist ebenso gegen das Stimmrecht von 16-Jährigen (zentralplus berichtete).
«Wir gehen stark davon aus, dass die Initiative auch im Kanton Luzern klar versenkt wird.»
Quentin Zweili, Präsident der Jungen SVP
Auf nationaler Ebene scheiterte ein entsprechendes Begehren im letzten Februar. Das Parlament in Bern hat nach jahrelangem Hin und Her das tiefere Stimmrechtsalter mit 106 zu 84 Stimmen bachab geschickt, wie SRF berichtete.
In anderen Kantonen verliefen Abstimmungen klar
Auch die Aargauerinnen zeigten sich letzten November entschieden. Sie lehnten das Stimmrechtsalter 16 mit rund 80 Prozent Nein-Stimmen ab, so SRF. Die Regierung von Zug befasste sich ebenfalls schon mal mit dem Thema. Auch sie gab den 16-Jährigen im Sommer 2021 eine Abfuhr (zentralplus berichtete).
2022 gaben die Stimmberechtigten der Kantone Zürich und Bern der Idee mit jeweils mehr als 60 Prozent Nein-Stimmen den Laufpass (zentralplus berichtete).
Anders im Kanton Glarus. Hier bekommen 16- und 17-Jährige seit 2007 Abstimmungsunterlagen. Sie sind schweizweit die einzigen.
Befürworter sind guter Dinge
Vor diesem Hintergrund ist fraglich, mit welchen Erfolgsaussichten die Luzerner Befürworterinnen des gesenkten Stimmrechtsalters rechnen dürfen. «Die Tatsache, dass die Forderung in anderen Kantonen bereits mehrfach abgelehnt wurde, kommt ja nicht von ungefähr», sagt Quentin Zweili, Präsident der Jungen SVP. Er ergänzt: «Wir gehen stark davon aus, dass die Initiative auch im Kanton Luzern klar versenkt wird.»
«Wir sind überzeugt, dass wir mit unserem breiten Bündnis ein erfolgreiches Resultat erzielen.»
Simon Koch, Präsident des Jugendkantonsparlaments Luzern
Florian Thalmann, Präsident der Jungen Mitte, lässt sich derweil nicht beirren. «Das knappe Abstimmungsergebnis im Kantonsrat zeigt, dass das Stimmrechtsalter 16 auch vor der Luzerner Stimmbevölkerung eine Chance hat», sagt er.
Ähnlich klingt es bei Simon Koch, dem Präsidenten des kantonalen Jugendparlaments. Er sagt dazu: «Wir sind überzeugt, dass wir mit unserem breiten Bündnis ein erfolgreiches Resultat erzielen.»
- Schriftlicher Austausch mit Florian Thalmann, Präsident der Jungen Mitte Kanton Luzern
- Schriftlicher Austausch mit Simon Koch, Präsident des Jugendkantonsparlaments Luzern
- Schriftlicher Austausch mit Quentin Zweili, Präsident der Jungen SVP Kanton Luzern
- Medienmitteilung der Allianz «Jung und engagiert» zum Kampagnenstart
- Artikel von SRF zur nationalen Debatte
- Artikel von SRF zur Abstimmung im Aargau