Zuger «Screaming Potatoes» mit neuem Programm

Pleiten und Pannen an Deck

Die Zuger A-capella-Truppe «Screaming Potatoes» steht kurz vor der Premiere ihres neuen Programmes. Trotz Pannen steuern die vier Sänger auf ihr grösstes und aufwendigstes Projekt zu. Ob «auf hoher See» das Schlussbouquet einer langen Karriere ist?

«Noch zwei Minuten», brüllt der Regisseur Rafael Iten von den hinteren Rängen des leeren Theater Casinos Zug Richtung Bühne. Der Vorhang ist geschlossen, dahinter rumort es, einzelne Instrumente werden noch gestimmt. Schritte sind zu hören und Nervosität liegt in der Luft.

Ein Traum wird wahr

Wir sind an der Hauptprobe des neuen Programms der Zuger A-capella-Truppe «Screaming Potatoes». Für einmal stehen auf der Bühne mehr Leute als davor Zuschauer sitzen. Hinter dem schweren, roten Vorhang sind nicht nur die vier Zuger Sänger versammelt, sondern auch die Zuger Big Band, «The Singing Ladies» und weitere Gäste.

«Damit haben wir uns einen Traum verwirklicht»
Christian Peter Meier, Screaming Potatoes

Es ist das grösste und aufwendigste Projekt der Zuger Band, die es schon seit bald dreissig Jahren gibt. Dabei steht nicht einmal ein Jubiläum an. «Damit haben wir uns einen Traum verwirklicht», sagt Christian Peter Meier, Mitglied der Kartoffeln. Sie hätten alle mehr Zeit in das Programm investiert, alles in allem über zwei Jahre.

Das Schiff nimmt Fahrt auf

Dann wird es still. Das Licht im Saal geht aus. Konzentration. Lautlos gleitet der Vorhang auseinander und gibt den Blick auf das Bühnenbild frei. Mächtig thront die MS Miscordia auf der Bühne des Theater Casinos Zug. Nur wenige Augenblicke später stehen die Screaming Potatoes mit ihren blonden Perücken und in Hawaii-Hemden auf der Bühne. Ihr neues Programm «Auf hoher See» nimmt die Zuschauer auf eine musikalische Weltreise mit. Im Mittelpunkt stehen die Screaming Potatoes alias die «Golden Boys», die als etwas in die Jahre gekommene Schiffsband die Gäste unterhalten.

«Teilweise entsprechen unsere Bühnencharaktere auch unseren eigenen.»
Christian Peter Meier, Screaming Potatoes

Die ersten Sprecheinsätze lassen nicht lange auf sich warten und die MS Miscordia nimmt Fahrt auf. Kleine Einstiegsschwierigkeiten technischer Natur werden rutiniert überwunden. Der Griff zur Lautstärkenregulierung beim Headset kommt automatisch, und dann ist die Konzentration beim Stück. Gleich zu Beginn entfalten die Potatoes ihr Potenzial. Insbesondere das musikalische. Sie erstaunen und überzeugen mit ihrer Stimm- und Repertoirevielfalt.

Weniger spektakulär sind die kabarettistischen Höhepunkte: Die Pointen sind zuweilen etwas klischiert und die Figuren stereotypisch. Da die Pointen aber nicht im Mittelpunkt stehen, lenken der imposante Gesang und die Stückwahl davon ab. Bald schon wird gescherzt, gesungen, (neben dem Takt) getanzt und die Potatoes entführen die Zuschauer in die Welt auf See. Alles läuft lockerflockig, jedenfalls solange bis die Katastrophen unvermeidbar werden.

Pleiten, Pech und Pannen an Deck

Bei den «Golden Boys» läuft nach fast 30 Jahren Kreuzfahrt-Erfahrung dieses Jahr alles schief. Nur so viel sei gesagt: Am Schluss findet sich die eingespielte Schiffs-Boyband in völlig neuer Konstellation wieder. Die geplanten Pleiten und Pannen stimulieren trotz Klischees und Stereotypen das Zwerchfell und man kann sich vorstellen, dass bald schon der ganze Saal laut loslacht.

Die Sceraming Potatoes (hier an der Hauptprobe) steuern mit der MS Miscordia auf die Premiere zu.

Die Sceraming Potatoes (hier an der Hauptprobe) steuern mit der MS Miscordia auf die Premiere zu.

Augenfällig ist, dass die Potatoes in gewissen Rollen richtig aufgehen. Zufall? «Teilweise entsprechen unsere Bühnencharaktere auch unseren eigenen», schmunzelt Christian Peter Meier, der seine Solos gemäss eigenen Angaben auch im echten Leben viel übt.

Auf hoher See

Die «Screaming Potatoes» sind Thomas Inglin, Stefan Jimmy Muff, Christian Peter Meier und Christof Buri. Mit an Bord des diesjährigen Programms ist auch die Big Band Zug unter der Leitung von Stefan Andrés. Weitere Special Guests sind «The singing Ladies» und Rémy Frick von den Zuger Spillüüt. Regie führt Rafael Iten.

«Von derart Verstärkung sichtlich übermotiviert, wagen sich die Zuger Meister des Gesangs und des gepflegten Witzes (über und unter der Wasserlinie) in ihrem achten Programm in neue Untiefen», steht im offiziellen Programm geschrieben.

Die Aufführungen sind gemäss eigenen Angaben bereits zu etwa 80 Prozent ausverkauft. Die Premiere ist am 1. April 2016 im Zuger Casino. Weitere Aufführungen finden am 2. und 3. sowie vom 6. bis am 9. April statt. Hier geht’s zum Vorverkauf.

Hauptprobe mit Tücken

Dann geht der Vorhang zu. «20 Minuten Pause», ruft Regisseur Iten. Kaum ist der Vorhang geschlossen, hört man eine Bohrmaschine. Der Aufführung ist der Hauptprobe-Charakter nicht abzusprechen: Nicht alle Mikrofone sind auf Anhieb richtig eingestellt, einzelne Übergänge funktionieren noch nicht ganz wie gewünscht. Dennoch, das Niveau ist hoch und es fehlt wenig bis zur Perfektion.

«Die Konzentration ist halt schon eine andere, wenn der Saal voll ist», sagt Christian Peter Meier. Trotz einigen kleinen Fehlern erzählen die Screaming Potatoes die Geschichte so routiniert, dass man schnell vergisst, wo man ist. Bald hat man das Gefühl, man sitze neben ihnen an der Sonne. Es fehlt nur noch Rodrigos berühmter Gin Tonic in der Hand und die Sonnenbrille auf der Nase.

Gruppen harmonieren

«Alle wieder auf ihre Plätze, die Pause ist gleich vorbei», weist Iten die zahlreichen Musiker und Schauspieler an. Dabei ist offensichtlich, dass die verschiedenen Personen nicht zum ersten Mal gemeinsam auf der Bühne stehen. 

«Es ist ein Privileg, mit so vielen guten Musikern auf der Bühne stehen zu dürfen.»
Christian Peter Meier, Screaming Potatoes

Die Big Band Zug hat sich mit ihren Bermuda-Shorts und Flipflops den Screaming Potatoes bereits angepasst. Ausserdem beweisen die Jazz-Musiker komödiantisches Potenzial und tauschen ihr Instrument auch Mal gegen Hanteln. «The Singing Ladies» hingegen fallen mit ihrer Performance ein wenig ab. Bei der Probe wirken sie teilweise unkonzentriert, aufgrund von technischen Herausforderungen sind sie akustisch schlecht zu hören. Gegen Ende drehen sie aber auf und insbesondere beim letzten Stück harmoniert das Ensemble der Stimmen.

Insbesondere im zweiten Teil zünden die Musiker aber ein musikalisches Feuerwerk, so dass die Zuckungen im Fuss nicht mehr zu kontrollieren sind. «Es ist ein Privileg, mit so vielen guten Musikern auf der Bühne stehen zu dürfen», freut sich Christian Peter Meier.

«Das Bühnenbild konnten wir nicht mehr selber basteln.»
Christian Peter Meier, Screaming Potatoes

Dabei ist nicht alles nur schön und einfach: «Dieses Programm ist viel teurer und zeitintensiver als die Vorherigen. Wir haben Profis am Werk, das Bühnenbild konnten wir nicht mehr selber basteln. Und wir müssen sogar proben, wie und in welcher Reihenfolge wir uns am Schluss verbeugen», erklärt Meier.

Die Screaming Potatoes: Jimmy Muff, Christian Peter Meier, Christof Buri, Thomas Ingling.

Die Screaming Potatoes: Jimmy Muff, Christian Peter Meier, Christof Buri, Thomas Ingling.

(Bild: Screaming Potatoes)

Ist dieses mächtige Programm ein Schlussbouquet, die Abschiedsvorstellung nach so vielen Jahren Bühne? «Klar, so gross und so gut bestückt kann nicht jedes Programm werden. Und natürlich müssen wir auch besprechen, wie es danach weitergeht», sagt Meier. Zuerst steht jetzt aber das Mega-Projekt vor der Türe. Und darauf freuen sich die Potatoes, das merkt man ihnen an.

Kostprobe gefällig? Das waren die Screaming Potatoes 1993:

Treffpunkt__18_03_1993 from piton medialab on Vimeo.

Pleiten und Pannen an Deck
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