«Fight Night» im Casino Luzern

Pimp my face

Im Casino Luzern war Kickboxen angesagt. zentral+ war mittendrin und voll dabei. Wir haben das Publikum beobachtet, einen Weltstar getroffen und natürlich auch das Geschehen im Ring mitverfolgt. Der Geruch von Schweiss hat es uns angetan und das Blut spritzte nur so umher. 

Der Abend hat sich auf jeden Fall gelohnt: Blut ist geflossen, wir haben uns krass gefühlt und ein richtiger Promi war auch da.

Kaum macht man die ersten Schritte ins Untergeschoss des Casinos, ist die Nase wieder frei. Es riecht nach Tiger-Balsam, als hätte ein Mitarbeiter in perfektionistischer Manier tagelang die ganzen Wände damit eingeschmiert.

Verspätung wegen dem Star

Als wir den Saal betreten, sind wir jedoch etwas enttäuscht. Gut, das Licht ist rot, doch die Atmosphäre hat trotzdem etwas von einer Mehrzweckhalle. Einer schönen Mehrzweckhalle zwar, aber trotzdem bleibt es halt eine Mehrzweckhalle.

Das Programm beginnt verspätet. Man hat noch auf den Superstar gewartet. «Xzibit» – für alle, bei denen es nicht gleich klingelt: Das ist der von «Pimp my ride» und ehemalige «Blingbling-Hip-Hop»-Ikone. Er kommt mit krassem Gefolge. Mit einem Bodyguard, der zwar beeindruckend gross und gutgenährt, aber auch sehr schwerfällig scheint. Xzibit und sein riesiger Begleiter setzen sich in die VIP-Lounge – die Aufregung ist gross.

Selfies mit Xzibit

Und damit ist der Abend fast erzählt. Nicht nur die Popcorn-Verkäuferinnen, die sich in einer Mischung aus Halloween- und Stripperinnenkostüm alle Mühe geben, so zu laufen, wie Heidi Klum das immer so gut erklärt, sind begeistert vom Star-Hip-Hopper. Vom One-Hit-Wonder. Vor allem die krassen Typen vor Ort sind komplett aus dem Häuschen.

In der Pause sind es Hunderte von Selfies, die Xzibit in der Ecke der Casino-Terrasse macht. Mit harten Jungs, noch mehr harten Jungs und dann noch mit den ganz harten Jungs. Dazwischen raucht er eine selbstgedrehte «Zigarette» und hustet sich die Seele aus dem Leib.

Das Publikum ist bunt gemischt. Vom Edelweisshemd und Kälbli-Ohrstecker über Kunstfellweste mit goldener Schlagring-Clutch, vom bebrillten Glatzen-Onkel bis zum gepiercten Hells Angel: Es sind alle gekommen. Auffällig beim Publikum ist nur, dass die Jungs allgemein sehr böse gucken und die Mädels entweder viel zu viel oder gar kein Make-up aufgetragen haben.

Unheimliche Plastikhandschuhe

Die ersten Kämpfe lassen noch etwas zu wünschen übrig. Die Halle bünzlig, das Publikum schweizerisch zurückhaltend, trotz vielverbreitetem «Migrationshintergrund». Es gibt zu viele Pausen, ständig wird gewartet, bedankt, angekündigt. Doch nach drei, vier Runden – es gibt neun insgesamt – ist die Stimmung angeheizt. Ob es am Bier liegt, das in Strömen fliesst, oder am Moderator, der sich im Ring alle Mühe gibt, bleibt unklar. Auch, weshalb der Ringrichter unheimliche Plastikhandschuhe trägt. Da möchte man lieber nicht wissen, wohin der zu greifen noch im Sinn hat.

Kommen die Kämpfer mit Trainer und Kapuze um die Ecke, beginnen die Leute immer mehr aufzuspringen. Wenn sie aus dem Nebel treten, welcher an diesem Abend regelmässig die Security-Mitarbeiter einnebelt, beginnt die Show so richtig.

Sogar um einen Europameisterinnen-Titel wird gekämpft, und um einen Schweizermeister. Angekündigt natürlich, indem die halbnackten Nummerngirls die Gürtel zur Schau stellen. Die Damen machen das ja wirklich ganz unanständig, doch die Reaktionen in der westlichen Ecke des Rings zeigen ein deprimierendes Bild der männlichen Hälfte unserer Spezies. Geklatsche und Gegröle vom Familienvater bis hin zur Gruppe von schicken Jungs in Hemden und Seidenschals. Nun. Die Mädchen freuen sich. Kleine Ego-Pushs, von welchen sie die nächsten Wochen noch zehren können.

Blut, Blut, Blut

Alle haben Ahnung, alle rufen rein. Beim Tennis wären die alle schon längst rausgeschmissen worden. Wenn die Schläge treffen, man hört es ganz genau, dann schreit die Menge, der Schweiss spritzt, der Sabber tropft und zieht Fäden.

Autsch. Autsch. Autsch. Seltsam ist, dass man im Laufe des Abend immer mehr mitleidet, statt abzustumpfen. Zu Beginn sind es einfach nur Schläge, zum Schluss sind es Treffer. Man leidet mit, fühlt sich hart, verzieht das Gesicht, wenn die Fäuste treffen. Und man kann es nicht lassen. Man beginnt zu fachsimpeln. Man beginnt reinzurufen, Tipps zu schreien. Lächerlich ja, aber wahr.

Und da, dann ist der Moment da: Es fliesst Blut. Der Teppich im Ring färbt sich rot. Der Kämpfer bleibt sitzen. Der Kampf ist aus.

Fight Night 2 from zentralplus on Vimeo.

Bei den letzten zwei Kämpfen des Abends geht es dann so richtig ab. Das Bier und die Selfies mit Xzibit haben aufgelockert und angeheizt. Die Leute schreien und tun das sogar teilweise im Chor: «Markus», «Markus», «Markus». Und Markus gewinnt. Alle sind glücklich und dürfen sich jetzt im Casino noch unglücklich machen.

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