Chefkoch verabschiedet sich vom Luzerner «La Perla»

Philipp Tresch lernte bei Anton Mosimann und verwöhnte Heidi Klum

Meister seines Faches: Philipp Tresch kochte zehn Jahre im «La Perla». (Bild: hae)

Er wirkte 10 Jahre als Spitzenkoch im Luzerner Italiener-Restaurant «La Perla». Jetzt will Philipp Tresch wieder wie einst, als er für Millionäre kochte, sein eigener Chef sein – und begibt sich auf Studienreise. Als Nomade auf Ölsuche zwischen Beirut und Palermo. Kommt er bald wieder nach Luzern?

Philipp Tresch erkochte sich kleine Perlen im «La Perla», immer auf höchstem Niveau: Pulpo-Salat, hausgemachte Ravioli, je nach Saison mit Kalbfleisch oder Auberginen und Minzen, schwarzer Kabeljau. Und vor allem sein stadtbekanntes «Tartuffo finto», ein Schoggi-Mousse-Dessert mit schwarzem Trüffel. Das sind seine liebsten Gerichte geworden. Und damit wurde seine Küche über die Jahre mit 15 Gault-Millau-Punkten ausgezeichnet. 

Doch das «La Perla» verliert seine Perle. Philipp Tresch verliess vor der Sommerpause seine Küche, die ihm auch Heimat war. Tresch war ein treuer Chefkoch: Insgesamt zehn Jahre lang durfte er FCL-Präsidenten, Szenefrauen sowie die Schönen und Reichen der Stadt verwöhnen. «Das war toll – aber jetzt suche ich was anderes. Das Ziel: Ich will mir neue Inspiration holen.» Tresch geht wieder auf Wanderjahre, vorab nach Beirut und Zypern, dann auch nach Sizilien auf einen kleinen Bauernhof. Italien muss es sein, seine Liebe.

Philipp Tresch mit seiner Liebe: Olivenöl. (Bild: hae)

Das von Nicola Punzi geführte Ristorante «La Perla» an der Luzerner Waldstätterstrasse war zwei Mal Station in Treschs Karriere. Erstmals für dreieinhalb Jahre in den Neunzigern, und dann im Dezember 2012. Er kehrte nach langen Wanderjahren als Privatkoch für wohlhabende Familien zurück. Tresch hatte unzählige Stationen im Mittelmeerraum und in Afrika, auf den Philippinen, in Moskau und zuletzt in Kiew durchlaufen. 

Doch Nicola Punzi hatte Sehnsucht nach Treschs Qualitäten und ihn wieder geholt: Punzi lobte dessen Pünklichkeit, Genauigkeit, Ehrlichkeit – «zutiefst konservatives Schweizertum», wie Tresch lacht. Allerdings genau das, was die Küchenjungmannschaft heute wieder lernen müsse: «Die Jungen haben leider keinen Biss mehr, genau wie die Italiener im Fussball: Sie werden erst stark, wenn sie ein Tor im Rückstand sind.»

«Ein Filet braten, das kann doch jeder.»

Philipp Tresch, 15-Punktekoch aus Meggen

Aber die italienische Küche, sie sei immer noch die beste. Am liebsten zaubert Philipp Tresch bodenständig, authentisch, ehrlich – und gesund. Der Koch erklärt, während er bei sich zu Hause in Meggen zur Vorspeise bunte Tomaten mit Basilikum-Eis und Olivenöl vorbereitet: «In Italien macht man auch gerne etwas von Teilen, die nicht Entrecôte oder Filet heissen. Zum Beispiel Schweinefuss: Da liegt die grosse Kunst und die Aufgabe der Köche. Heute mehr denn je. Ein Filet braten, das kann doch jeder.»

Wenn er sich bei seinen Kochkünsten auf nur drei Zutaten reduzieren müsste, dann wären das: Olivenöl, Pasta und Trüffel. Er steht in der grosszügigen Küche, und erinnert sich gerne daran, dass er 2016 Olivenölkoch des Jahres war. Eine internationale Auszeichnung, auf die er mächtig stolz ist. Und seither erhält er aus der ganzen Welt viel News über das flüssige Gold, mit dem er seine Gerichte gern veredelt: Er ist in der Gilde der kleinen Olivenöl-Topköche.

Vorspeise: Tomaten mit Basilikum-Eis. (Bild: hae)

Philipp Tresch liebt auch Tavolata. «Die italienische Küche ist mit dem Tavolata-Prinzip gross geworden: Wenn Freunde im Süden zusammengekommen sind, wurde die Tür ausgehängt und auf zwei Steine oder Holzböcke gestellt. Und dann wurde aufgetischt, was in der Küche war.» 

«Essen ist doch Emotion.»

Man kochte damit, was die Leute halt so mitgebracht haben. Eine Flasche Wein dazu – und los. Alle haben alles geteilt. «Das ist wunderschön. Das ist so weit weg von der Sterne-Gastronomie, wo alles brav und steif dasitzt. Essen ist doch Emotion, da muss Farbe her. Und auch mal auf dem Holz ein Ölring.» So wie jetzt am grossen Tisch, wo er Randen mit Buffalo-Käse und Humus serviert. Und später dann einen lauwarmen Pulpo mit blauen Kartoffeln – nicht nur eine Augenweide.

Philipp Tresch lacht und erzählt von seiner Urgrossmutter: Sie kochte deftige Eintöpfe und eine Polenta zum Verlieben, im Kamin räucherte sie ihre eigenen Würste und Speck. Doch Tresch wuchs in London auf, wo seine Eltern arbeiteten. Der Papa bei einer Bank, die Mama bei ABB. «Das Essen in London war in den 70er-Jahren grauenhaft, nur schon der Kaffee eine einzige Gülle und bei meinen Freunden mochte ich erst gar nichts anrühren. Nur zu Hause gab es gutes Essen.»

Im «Dorchester» geschnuppert

Im Londoner Fünfsternehaus «Dorchester» hatte Philipp Tresch bei einem Besuch in der Küche seine Erweckung. Dort schaute er einem der besten Köche, dem Schweizer Anton «Sir» Mosimann, über die Schultern. Und war begeistert: «Ich wollte der Mann mit der grossen weissen Mütze sein und rumschreien. In der Hitze. Über dem Feuer.» 

Zweite Vorspeise: Randen, Buffalo, Humus. (Bild: hae)

Philipp Tresch entschied sich dafür, in die Küche abzutauchen, ein antizyklisches Leben mit Nacht- und Wochenend-Arbeit zu führen. Also wurde er Koch, nachdem er auch als feiner Kellner geschnuppert hatte und nebst dem zwar üppigen Trinkgeld vor allem die Schattenseiten im Service kennen gelernt hatte. 

Und der Jungkoch lernte gerne: «Etwas trotz aller Widerstände durchzuziehen, das formt den Charakter. Je härter die Schule, desto stärker gehst du daraus hervor.» Mit dieser Auffassung spornte Tresch sich zu immer neuen Höchstleistungen an. Und vor allem immer wieder sein Team: «Ich probiere und sage: Passt, aber es geht noch besser.» Ein Problem der Moderne sei, dass beim Kochen neuerdings so viel Wert auf Gadgets gelegt würde. Es fehle mittlerweile vielen ein körperliches Gespür für das Kochen. Das Vertrauen in den Fingerdruck, in die eigene Intuition.

Zehn Jahre ein eingespieltes Team: Tresch mit Nicola Punzi im Ristorante «La Perla». (Bild: zvg)

Das lernte er im renommierten Gstaader «Palace», hatte dann aber schnell genug von der Riesenküche mit 50 Köchen und wechselte ins kleinere «Rialto» in Gstaad. «Ein kleines italienisches Restaurant. Das war schön. Das Essen hat mich an die Küche meiner Grossmutter erinnert. Daran, dass es auch noch etwas anderes als Butter und Rahm gibt.» Nämlich Olivenöl. Seine Passion.

«Zum ersten Mal durfte ich kochen ohne Budgetbeschränkung. Wer kann das schon?» 

Auch auf seinen Wanderjahren, auf See, in Russland, wo ihm immer wieder politische Krisen einen Strich durch die Rechnung machten. So kam Tresch aufs Boot eines Zuckerzaren, ins Heim eines Genfer Kaufhausbesitzers und ins Chalet eines bekannten Immobilienunternehmers. «Kochen, servieren, quatschen, hier mal einen guten Wein bringen, da mal einen guten Cognac anbieten. Und das Beste: Zum ersten Mal durfte ich kochen ohne Budgetbeschränkung. Wer kann das schon?» 

Hauptgang: Pulpo mit blauen Kartoffeln. (Bild: hae)

Er liebte es: «Der Genfer Kaufhausbesitzer hatte eine Familie von solchem Kaliber: Man bestellt sich Phil Collins für einen Auftritt auf der Gartenparty nach Hause.» Dort verwöhnte er Gunter Sachs, Künstler wie Andreas Gursky, die Stararchitekten Herzog und De Meuron oder die Models Heidi Klum und Nadja Auermann. Menschen aus der grossen weiten Welt.

Auch deshalb hat Philipp Tresch jetzt wieder Fernweh nach dieser grossen weiten Welt: «Die Jahre, die ich als Privatkoch auf Jachten und an eindrücklichen Häfen und auf aussergewöhnlichen Märkten verbracht hatte, haben mich sehr geprägt: Ich bin und bleibe halt ein Nomade.» 

Aber: Aller guten Dinge sind normalerweise drei – und vielleicht findet der Nomade bald noch einmal zurück ins «La Perla»...

Zaubert derzeit nicht mehr in Luzern: Philipp Tresch. (Bild: hae)
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