Sparpaket Kanton Luzern

Pflegefamilien: Qualitätsabbau ist vorprogrammiert

Der Kanton Luzern will zukünftig wieder das Modell der Pflegefamilie fördern. (Bild: Symbolbild)

Um Geld zu sparen, will der Kanton Heimplätze streichen. Gleichzeitig sollen Pflegefamilien im Bereich Kinder und Jugendliche gefördert werden. Prekär ist, dass auch Betreuer eingesetzt werden sollen, die über keine sozial- oder heilpädagogische Ausbildung verfügen. Die Hochschule Luzern wirft dem Kanton «Fahrlässigkeit» vor.

Der Kanton Luzern setzt kräftig den Sparhebel an. Mit dem Sparpaket «Leistungen und Strukturen II» ist im «SEG»-Bereich unter anderem vorgesehen, die Heimplätze für Kinder und Jugendliche zu reduzieren. Statt im Heim sollen Kinder und Jugendliche in Pflegefamilien betreut werden. Pikant: Die Massnahme soll so umgesetzt werden, dass auch Betreuer ohne sozial- oder heilpädagogische Ausbildung zum Einsatz kommen.

Die Rechtslage ist klar: Falls Kinder und Jugendliche dezentral in Familien betreut werden, muss das Betreuungspersonal dieselben fachlichen Voraussetzungen wie in einer sozialen Einrichtung erfüllen. Dieses Gesetz will der Regierungsrat nun kippen. Er hält in der Botschaft fest: «Mit einer entsprechenden Ausweitung der heimähnlichen Einrichtungen kann das Betreuungsangebot auch günstiger ausgestaltet werden.»

Betreuung auch ohne Ausbildung möglich

Der Regierungsrat ist der Meinung, dass «ein bedarfsgerechtes Angebot und eine gute Betreuung von Kindern und Jugendlichen in Pflegefamilien auch gewährleistet werden kann, wenn keine sozial- und heilpädagogisch geschulten Personen die Betreuung übernehmen.»

Antonio Hautle, Leiter der Dienststelle Soziales und Gesellschaft (DISG), nimmt Stellung: «Welches die Mindestanforderungen für die unausgebildeten Betreuer sein werden, darüber muss die Kommission für soziale Einrichtungen (Koseg) noch entscheiden.» Klar sei, dass «schlechter ausgebildetes Personal auch eine schlechtere Qualität bedeutet».

Wird der Pflegeberuf nun noch unattraktiver? Hautle sagt: «Es ist schwer einzuschätzen, ob die Ausbildung unattraktiver wird.» René Stalder, Dozent und Projektleiter der Hochschule Luzern Soziale Arbeit, erklärt: «Der Bedarf an gut ausgebildeten Sozialpädagogen ist nach wie vor sehr hoch.» Konkrete Auswirkungen auf die angehenden oder ausgebildeten Sozialpädagogen sehe er keine: «Ich gehe nicht davon aus, dass diese Sparmassnahmen auf den hohen Bedarf an gut ausgebildetem Personal einen grossen Einfluss haben werden.»

«Problematisch und fragwürdig»

Kritik übt Stalder an den Massnahmen bezüglich ungeschulten Betreuern. «Ich erachte es als äusserst problematisch und fragwürdig, wenn ein Kanton beschliesst, die Betreuung an Pflegefamilien ohne fachliche Ausbildung weiterzugeben.» Klar könne es je nach Situation sinnvoll sein, ein dezentrales Angebot einer Heimerziehung vorzuziehen. «Wenn aber diese Betreuungspersonen über keine sozialpädagogischen Kompetenzen verfügen müssen, kann dies sehr schnell fahrlässig werden», so René Stalder.

Ein Qualitätsabbau ist also vorprogrammiert. Es bleibt abzuwarten, wie die an die ungeschulten Betreuer gestellten Mindestanforderungen der Koseg konkret aussehen werden.

Hinweis in eigener Sache: zentral+ wird in den nächsten Tagen verschiedene Massnahmen des Sparpaketes einzeln vorstellen.

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