Skandalnudel am Blue Balls in Luzern

Peter Doherty: Das Publikum stürmt die Bühne

Peter Doherty und seine Band The Puta Madres auf der KKL-Bühne

(Bild: Flavio Leone)

Peter Doherty bescherte dem Blue Balls am Dienstag einen bierseligen Abend voller Überraschungen. Sagen wir’s mal so: Den Zuschauern wurde genau das Entertainment geboten, für das man ein Peter-Doherty-Konzert besucht.

Kurz nach acht Uhr, dem eigentlichen Konzertbeginn, betrat Urs Leierer die Bühne. Doch statt seinen Act anzusagen, erklärte er, dass ein Künstler wie Peter Doherty auch immer ein gewisses Risiko mit sich bringen würde und man sich doch noch ein bisschen gedulden solle.

Wait forever

Schon eingestellt auf stundenlange Wartezeit, machte es sich der halbvolle Konzertsaal schon mal in seinen Sitzen bequem. Zehn Minuten nach dieser Ansage allerdings schlurften die sechs Musiker auf die Bühne des Konzertsaals des KKL. Gitarren umgeschnallt, Natel platziert und Mikrofon in die Hand genommen, wurde auch gleich die neuste Single angestimmt. «I don’t love anyone, you’re not just anyone» schallte es durch den Konzertsaal und die ersten Jubelschreie schallten zurück.

Alki-Charme

Die 38-jährige Indie-Legende mag zwar von den Drogen weg sein, dem Alkohol frönt er allerdings immer noch leidenschaftlich. Je länger der Abend, desto leerer die mitgebrachten Getränke, desto wackliger die Bewegungen und desto abschweifender die Ausführungen. Die Texte waren zwar leicht lallend vorgetragen, aber alles so, wie es sein musste, und schlussendlich macht genau das den Charme eines Peter Doherty aus.

Peter Doherty und seine Band The Puta Madres auf der KKL-Bühne.

Peter Doherty und seine Band The Puta Madres auf der KKL-Bühne.

(Bild: Marc Wermelinger)

Konzert oder Gruppentherapie?

Hin und wieder musste die Band ihren Frontmann zur Besinnung bringen, dass noch ein Konzert fertiggespielt werden musste und nicht nur herausgefunden, welches Album das nochmal war mit Judy Garland auf dem Cover. Mit liebevollen Umarmungen und hin und wieder, indem sie das Lied einzählten, klappte das ziemlich gut. Ohne diese Massnahmen wäre es wohl ein eineinhalbstündiger Stand-up-Gig geworden, bei dem Doherty ein bisschen mit dem Publikum geschäkert hätte und dann nach Hause gegangen wäre.

The Mob Rules

Zum Schluss konnten Doherty und Band dann das Publikum doch noch zum Aufstehen bewegen. Sie spielten die alten Hits aus Libertines und Babyshambles Zeiten und streuten sogar ein bisschen Oasis in den Mix. Es konnte sich dann wirklich niemand mehr auf den Plätzen halten und das Parkett drängte sich nach vorne.

Einige packten noch die Setlisten ein, bis die Stagehands alle Gitarren wieder in die richtige Stimmung gebracht hatten, damit endlich Dohertys wohl grösster Solo-Hit – das epische «Fuck Forever» – gespielt werden konnte. Mit dieser Mittelfinger-Hymne wurde der Konzertsaal vollends mitgerissen. Es wurde mit Mikrofonständern geworfen und dann stürmte das Publikum die Bühne. Stagehands rannten sofort auf die Bühne und brachten alle Instrumente in Sicherheit (als hätte man im KKL wirklich irgendwas mitgehen lassen können, man darf ja nicht mal ohne Erlaubnis auf die Toilette) und in einem tanzenden Mob – ganz in Dohertys Sinn – wurde das Konzert beendet.

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