Wegen Genoni-Wechsel? Berner Idee kommt nicht an

Patrick Lengwiler: «Erhöhung der Ausländerzahl ist Schwachsinn»

Höhere Präsenzzeiten und nicht selten weniger Salär als in der Privatwirtschaft: EVZ-CEO Patrick Lengwiler redet über das, womit ein Geschäftsleitungsmitglied im Sportbusiness leben muss.

(Bild: sib)

Aus vier mach sechs: Marc Lüthi vom SC Bern will eine Erhöhung der spielberechtigten Ausländer durchboxen. Ein Antrieb dafür sei der bevorstehende Wechsel von Goalie Leonardo Genoni nach Zug, vermutet EVZ-CEO Patrick Lengwiler.

Eigentlich ist es ja gar nicht so schwierig, wie man es darstellen mag: Wir leben in einer freien Marktwirtschaft. Das Verhältnis von Angebot und Nachfrage bestimmt den Preis. So erscheint es durchaus legitim, seine Arbeit zum bestmöglichen Salär zu verrichten. Ob man nun ein ganz gewöhnlicher «Büezer» ist, Kader oder Profisportler.

Als Berufssportler hat man gerne einen Agenten zur Hand. Der versucht in aller Regel, die bestmögliche Lösung für seinen Kunden herauszuholen. Zu diesem Gesamtpaket gehört nicht zuletzt die Höhe des Salärs.

«Wir haben also das bestmögliche Produkt – und das verändert man nur, wenn es wirklich etwas bringt.»

Patrick Lengwiler, CEO EV Zug

Bloss: Um einen Deal zu erreichen, braucht es einen Arbeitgeber, der auf die Forderung eingeht. Dabei steht es jedem Arbeitgeber frei, Ja oder Nein zu sagen. Das ist seine Verantwortung. Es ist dies eine grundlegende Sicht der Dinge, die Patrick Lengwiler, CEO des EV Zug, teilt: «Es ist jedem Unternehmen unbenommen, so viel für einen Arbeitnehmer zu bieten, wie er will. Betreffend Ausländer wie im Sportbusiness kann jeder Verein heute schon günstige engagieren, wenn er denn wirklich will.»

Ausgeglichenheit der Liga stimmt

Der entscheidende Punkt im Eishockey-Preiskampf auf Ebene der National League ist selbstredend: Die zwölf Arbeitgeber stehen in einer Konkurrenzsituation zueinander. Jeder will das Optimum für sich herausholen, um den Konkurrenten im Kampf um den nächsten Meistertitel – oder zumindest um einen der acht Playoff-Plätze – aus dem Feld zu schlagen.

«Jussi Markkanen ist ein Weltklassetorhüter», sagt der EVZ-Spieler David McIntyre über den neuen Finnen im Team.

Jussi Markkanen war der letzte ausländische Stammgoalie beim EVZ.

(Bild: Wikipedia CC)

Dies hat Auswirkungen auf den Preis eines Spielers. Lengwiler erläutert: «Unsere Liga ist sehr ausgeglichen und spannend. Wir haben also das bestmögliche Produkt – und das verändert man nur, wenn es wirklich etwas bringt.»

SCB-CEO kämpft gegen zu hohe Löhne

Doch nun will SCB-CEO Marc Lüthi eingreifen. Ihm sind die angeblich zu hohen Saläre der «Hinterbänkler», also der Schweizer Spieler in der dritten und vierten Linie, ein Dorn im Auge. Diese will er mit einer Erhöhung von aktuell vier auf künftig sechs spielberechtigte Ausländer bekämpfen.

«Die Ausgeglichenheit und entsprechend die Attraktivität der Liga werden dadurch leiden.»

Patrick Lengwiler

Weil er mit dieser Massnahme glaubt, die Preise für die Spieler aus der zweiten Reihe mit zwei «billigen» Ausländern unter Druck bringen zu können. Lengwiler sagt es ohne Umschweife: «Das ist doch Schwachsinn. Die Top-Teams werden sechs Top-Ausländer engagieren. Die restlichen werden sich das kaum leisten können. Die Ausgeglichenheit und entsprechend die Attraktivität der Liga werden dadurch leiden.»

Alle müssten mitziehen

Man muss dazu festhalten: Der EVZ definiert sich als einer der grossen Wölfe, die in der Liga heulen. Das hat er mit der Verpflichtung von WM-Silberheld Leonardo Genoni dokumentiert (zentralplus berichtete) und das wird er vielleicht mit der Verpflichtung der kostspieligen Enzo Corvi (Davos) oder Grégory Hofmann (Lugano) bestätigen.

«Eine Erhöhung der Ausländer wird zu einer Kostensteigerung von bis zu einer Million Franken pro Saison führen.»

Patrick Lengwiler

Lengwiler: «Eine Erhöhung der Ausländer wird zu einer Kostensteigerung von bis zu einer Million Franken pro Saison führen. Und dabei ist jeder Nationalliga-Klub gezwungen mitzumachen, wenn er seinen Zielen entsprechend konkurrenzfähig bleiben will.»

Löste der EVZ das Ganze aus?

Aber warum will ausgerechnet der SCB, einer der finanziell potentesten Klubs, nicht nur in der National League, sondern in ganz Hockey-Europa der Preistreiberei den Kampf ansagen? Lengwiler glaubt an Zweckopportunismus: «Mit zwei zusätzlichen Ausländern werden es sich die meisten Klubs problemlos erlauben können, einen ausländischen Goalie im Kader zu haben.» Für den SCB wäre es ein Weg in die Zukunft, um Genoni zu ersetzen. Für das Schweizer Spitzeneishockey ist es allerdings ein Bärendienst, weil es die derzeit ohnehin schon wenigen Talente wohl noch schwerer hätten, sich durchzusetzen.

Der EV Zug mit seiner Academy in der Swiss League versteht sich als Ausbildungsklub mit Meisterambitionen. Insgesamt 24 zusätzliche Ausländer in der National League werden nicht dazu führen, dass die im Überlebenskampf des Tagesgeschäfts stehenden NL-Trainer dazu neigen, Nachwuchskräfte in den im Eishockey entscheidenden Über- und Unterzahlsituationen einzusetzen.

Erreicht der SCB eine Mehrheit?

Eine Erhöhung der Ausländerzahl widerspricht der Strategie der Zuger in ihren Grundfesten. «Mit ein paar Jahren Verzögerung würde man feststellen müssen, dass das Niveau der Nationalmannschaft unter der Erhöhung der spielberechtigten Ausländer leiden würde», ist Lengwiler überzeugt. Immerhin war die Nati im Frühjahr nach heroischem Kampf gegen Schweden unterlegener WM-Finalist.

SCB-Goalie Leonardo Genoni gilt als bester Torwart des Landes.

Der Wechsel von Leonardo Genoni zum EVZ stellt den SCB vor Probleme.

(Bild: Felix Klaus)

Aber wie sieht das Kräfteverhältnis nun rund drei Wochen vor der wegweisenden Abstimmung am 14. November aus? Sechs weitere Klubs müssten sich hinter den SCB-Antrag stellen, um eine Mehrheit in der Liga zu erreichen. Mit Genf-Servette und Lausanne stellen sich zwei Romandie-Vertreter fast schon traditionell hinter den SCB, auch der nach zwei erfolgreichen Jahrzehnten sportlich unter Druck geratene HCD. Dagegen votieren Zug, Ambrì, Biel, Fribourg-Gottéron, die ZSC Lions und wohl auch die SCL Tigers. Zu den Unentschlossenen gehören die Rapperswil-Jona Lakers und Lugano.

Lengwiler ist zuversichtlich, dass «dem kontraproduktiven Anliegen für unsere attraktive Liga der Riegel geschoben wird».

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