Nachtleben

Partystadt Luzern: Magnet für die ganze Schweiz

Glanz und Gloria: In Luzern werden Partyträume wahr (Bild: dog)

Sie kommen, um zu feiern. Jedes Wochenende locken die Luzerner Bars und Clubs Partytouristen aus der ganzen Schweiz an. zentral+ hängt sich den Nachtschwärmern an die Fersen.

Samstagabend kurz nach Mitternacht in Luzern: Die Bars sind rappelvoll und die Warteschlangen vor den Clubs werden länger und länger. Partytime! Es scheint sich rumgesprochen zu haben, dass Luzern in Sachen Ausgang einiges zu bieten hat: Jedes Wochenende pilgern Feierlustige aus der ganzen Schweiz sowie dem nahen Ausland in die Zentralschweizer Stadt – mit der Bahn aus Zürich, Bern, Zug oder Basel, mit dem Auto aus dem Tessin oder sogar aus Frankreich und Deutschland.

«Der Eintritt und die Getränke sind viel billiger als in Zürich, die Partys sind mindestens genauso geil, und die Mädels sind auch easy drauf», begründet ein 19-Jähriger Zürcher, weshalb er und sein Kollege extra nach Luzern gekommen sind. Sie stehen in der Warteschlange des «Opera Clubs» am Hallwilerweg. Ihre Outfits sind beinahe identisch: schwarze Röhrenjeans, ein helles, enges T-Shirt unter der Bomberjacke und eine Baseballmütze auf dem Kopf – eine sitzt verkehrt herum. Sie wirken etwas angetrunken und willig zu tanzen, zu flirten und sich zu zeigen. Dann verschwinden sie, nach einem prüfenden Blick der Türsteher, im Innern des Clubs.

Vielfältiges Angebot auf kleinem Raum

In Luzern feiert es sich also scheinbar günstiger als in Zürich. Und was macht das Nachtleben sonst noch so beliebt? Fabian Appenzeller von Luzern Tourismus erklärt sich den guten Ruf folgendermassen: «Das Luzerner Nachtleben ist sehr attraktiv – nicht nur für die Einheimischen. Es gibt für jeden Geschmack etwas, und die Lokalitäten befinden sich allesamt auf relativ kleinem Raum.» Zudem sei Luzern gut erreichbar und liege in einem grossen Einzugsgebiet für Partygänger, so Appenzeller.

Tatsächlich sind die Distanzen von beinahe überall her kurz – vor allem mit dem Zug: 50 Minuten von Zürich, eine Stunde von Bern oder Basel, und sogar die guten zwei Stunden vom Tessin oder der Romandie halten nicht davon ab, den Weg nach Luzern auf sich zu nehmen. Und wenn man mal von einem Club genug hat und in einen anderen wechseln möchte, sind die meisten Alternativen zu Fuss erreichbar: Vom «Loft» und dem «Casineum» am rechten Seeufer braucht man höchstens eine Viertelstunde zu Fuss ins Stadtzentrum. Wem das Angebot dort mit «Roadhouse», «Rok», «Pravda» und vielen mehr nicht genügt, kann nochmals einen 15-minütigen Spaziergang in Kauf nehmen und landet entweder im Bruchquartier mit «Opera», «Madeleine» oder «Bruch Brothers». Oder man geht über die Langensandbrücke und steht vor der «Schüür».

Ja, Luzern hat ein vielseitiges Partyangebot und zählt zu den beliebtesten Ausgehdestinationen des Landes. Dies zeigte eine Umfrage von «20 Minuten» vom vergangenen November: Von gut 8000 Befragten erklärten 18 Prozent Luzern zur Partystadt Nummer Eins.

Zurück zu den beiden Zürcher Jungs. Sie stehen nun am Rande der Tanzfläche des «Opera» und wippen lässig im Rhythmus der Musik. Eine Hand in der Hosentasche, in der anderen ein Glas Wodka-Red Bull, an dem sie in regelmässigen Abständen nippen – ohne den Blick von der Menschenmenge auf dem Parkett abzuwenden. Es gehe darum den Überblick zu bewahren, erklärt der mit der verkehrt herum sitzenden Mütze. Die beiden haben eine Strategie: «So können wir die Ladies am besten abchecken, sehen wer sich wie bewegt und Blickkontakt herstellen. Wenn dann das richtige Lied kommt, starten wir unseren ‹Angriff› und tanzen die Frauen an», sagt der andere. DJ Antoine’s «Ma Chérie» ertönt aus den Boxen. Unzählige Arme werden in die Luft gerissen, euphorisch bejubelt die Menge den aus der TV-Show «Der Bachelor» bekannten House-Song. Da ist das Lied. Auf geht’s!

Eine Show wie in Las Vegas

Gleichzeitig wird an der Ringstrasse 23 in Kriens gefeiert. Auch hier treffen sich Partygänger aus der ganzen Schweiz. Im September letzten Jahres öffnete der «Vegas Club» (ehemals «Froschkönig») seine Pforten – und ist bis jetzt sehr erfolgreich: Der Club ist nicht nur jeden Samstag voll bis unters Dach, sondern kann sich seit dem letzten Wochenende auch bester neuer Club der Schweiz nennen. Am «Swiss Nightlife Award» wurde das «Vegas» in der Kategorie «Best New Location» ausgezeichnet. Der Award ist eine Veranstaltung der «Amiadogroup», die vor allem Party- und Studentenplattformen im Internet betreibt.

«Eine schöne Bestätigung unserer Arbeit», findet Geschäftsführer Philipp Waldis. «Wir versuchen unseren Gästen etwas ganz Spezielles zu bieten». Durch die internationale Ausrichtung des Clubs werde versucht, den heutigen Zeitgeist zu treffen: Bekannte DJs aus dem In- und Ausland, professionelle Leute hinter der Bar und an der Tür sowie ein grosszügiges VIP-Angebot würden den Besuch zum Erlebnis machen. «Der Name ist Programm: Wir bieten eine Show wie in Las Vegas», so Waldis.

Geht es nach dem «Swiss Nightlife Award», gehören die Luzerner Clubs zurzeit aber nicht zur nationalen Spitze: Ausser dem «Vegas» schaffte es kein anderer Club aus der Zentralschweiz in die engere Auswahl der insgesamt zwölf Kategorien. Ist das Luzerner Partyangebot also doch nicht so gut wie gedacht? Oliver Diggelmann, Veranstalter des Awards, erklärt die momentane Situation: «Die Konkurrenz ist riesig. Eigentlich könnte man für jede Region der Schweiz einen eigenen Preis vergeben.» Luzern sei aber eine der beliebtesten Partystädte des Landes. Nur habe es heuer für viele Clubs einfach nicht gereicht. «Das Angebot der anderen Clubs – beispielsweise aus Zürich oder Lausanne – war dieses Mal einfach überzeugender: Mehr Abwechslung und Vielfalt sowie mehr Investition in die Programmation. Deshalb ging die Innerschweizer Clubwelt leer aus – bis eben auf das ‹Vegas›», so Diggelmann. Aber das sei eine echte Perle, ein Club wie es ihn zurzeit kein zweites Mal gebe. «Da kommen viele Leute extra aus dem Tessin oder auch aus Zürich, um dort zu feiern!» Philipp Waldis kann das bestätigen: «Wir hatten zum Beispiel an Silvester rund 100 Reservierungen aus dem Tessin.»

Und wo feiern die Luzernerinnen und Luzern? Natürlich findet man im «Vegas» oder im «Opera» auch Einheimische – sehr viele sogar. Aber auch genauso viele Nicht-Luzerner. Das ist in anderen Lokalen anders. Während sich die Ansässigen in jeglichen Bars und Clubs der Stadt verteilen, gehen die Partytouristen vor allem in die grossen, bekannten Clubs.

«Ich habe lieber eine schöne Frau auf dem Flyer als einen Kaktus.»

Einer der beliebtesten Clubs unter den Partytouristen ist das «Opera»: Belauscht man die Gespräche unter den Gästen, bestätigen die verschiedenen Dialekte, dass hier besonders viele Auswärtige feiern. Vor allem aus Zürich, aber auch aus Bern und Basel sind sie gekommen. Milos Kant, Geschäftsführer des Clubs, erklärt das Erfolgsmodell: «Wir versuchen eine sichere Atmosphäre zu schaffen, in der sich unsere Gäste wohl fühlen. Gepaart mit etwas Glamour und einer Prise Provokation schaffen wir so ein spezielles Ambiente, das uns von anderen Clubs abhebt.» Mit Provokation meint Kant beispielsweise ein überdimensionales Champagnerglas, in dem sich Frauen räkeln, ein Bett aus Plexiglas, das über der Tanzfläche schwebt, oder die offene Dusche. «Das sind aber nur Nebensächlichkeiten», erklärt Kant, «zu uns kommen so viele Leute – vor allem Frauen – weil sie sich bei uns sicher fühlen.»

Dennoch: Ein Plexi-Bett? Eine Dusche im Club? Hört sich ziemlich unanständig an. «Alles halb so wild», entkräftet Kant den Eindruck. Es gehe sehr anständig zu und her. Klare Regeln sorgten dafür, dass sich alle benehmen. «Sie dürfen als Showeinlage bei uns Duschen und darunter Tanzen, müssen aber ihre Unterwäsche anbehalten. Auch auf dem Bett sind Kleider Pflicht. Das ist doch bloss ein Partygag, mehr nicht.» Und die freizügigen, sexy Frauen auf den Werbe-Flyern? Das sei einfach ein Motiv, das die Leute anspreche, und das die meisten anderen Clubs genauso verwenden, sagt Kant. «Ich habe auf jeden Fall lieber eine schöne Frau auf dem Flyer als einen Kaktus.»

Ob es das «Opera» in naher Zukunft überhaupt noch geben wird, ist ungewiss. Nachdem sich die Anwohner rund um den Club über die Immissionen der Clubgänger beschwerten – Lärm, Schmutz und Vandalismus – wurde für Samstags eine Türschliessung um 00:30 Uhr durchgesetzt; dann, wenn die Party eigentlich erst beginnt. «Wenn wir das tatsächlich umsetzen müssen, wird das ‹Opera› ganz geschlossen», erklärt Milos Kant seine Notlage. «Wir machen Zweidrittel des gesamten Umsatzes an den Samstagen. Ohne diese Einnahmen kann der Club nicht überleben», so Kant. Zurzeit ist der Fall noch vor Gericht hängig.

Auch die Jungs aus Zürich würden eine Schliessung bedauern. Es ist mittlerweile nach Vier Uhr am Morgen: Sie haben ausgiebig getanzt, getrunken und geflirtet – die Mützen sitzen nun bei beiden verkehrt herum auf dem Kopf. Eine klare Artikulation sowie Stehvermögen scheinen keine Selbstverständlichkeit mehr zu sein. Aber die beiden sind glücklich und zufrieden: Die Reise nach Luzern habe sich absolut gelohnt, sind sie sich einig. «Nächsten Samstag werden wir ganz bestimmt wieder kommen. Dann bringen wir noch ein paar Kollegen mit, dann wirds noch lustiger», sagt einer, während der andere zustimmend nickt. Dann wanken sie auf der Pilatusstrasse Richtung Bahnhof, wo die ersten Züge bereits warten, um die Partytouristen nach Hause zu bringen.

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