Persönlich betroffen

Organspende: Luzerner Nationalrat setzt sich für ein Umdenken ein

Franz Grüter unterstützt die Organspende – auch aus persönlichen Gründen. (Bild: zvg)

Schweizer finden Organspenden grundsätzlich gut – sich explizit dafür aussprechen tun viele aber nicht. Auch aus Unwissenheit. Das soll sich ändern: Die Idee der Widerspruchslösung findet Anklang – von links und teilweise sogar von rechts.

Der Tod gehört zum Leben dazu. Nur: Manche Todesfälle könnten verhindert werden, beispielsweise mit Organspenden. Gemäss der Zuger Nationalrätin Manuela Weichelt-Picard (Grüne) wären 75 Prozent der Schweizer Bevölkerung grundsätzlich für eine Organspende, sie hielten ihren Willen jedoch nicht schriftlich fest. Und rund 60 Prozent der Hinterbliebenen würden sich gegen eine Spende aussprechen, weil sie den Willen der verstorbenen Person nicht kennen. Derzeit warten gemäss der Stiftung Swisstransplant rund 1'500 Personen in der Schweiz auf ein Spenderorgan.

Darum will der Bundesrat die sogenannte Widerspruchslösung einführen: Wer künftig nicht möchte, dass seine Organe gespendet werden, muss dies schriftlich festhalten. Bis jetzt gilt das Umgekehrte: Eine Spende ist nur möglich, wenn eine explizite Zustimmung vorliegt. Im Unterschied zur Volksinitiative «Organspende fördern – Leben retten» sieht der indirekte Gegenvorschlag des Bundesrats jedoch ein Vetorecht für die Angehörigen vor.

Die persönliche Rede von Franz Grüter

Der Luzerner Nationalrat Franz Grüter (SVP) machte sich an der Nationalratssitzung diesen Mittwoch für die Widerspruchslösung des Bundesrats stark – auch wenn er sich damit inhaltlich gegen die Stossrichtung der eigenen Partei stellte, welche die Praxisänderung mehrheitlich ablehnte. Grüter erläuterte seine Gründe in einem sehr persönlichen Referat, das er auch in sozialen Medien veröffentlicht hat.

«Ich habe eine Tochter, sie wird 25 Jahre alt und hat sechs Herzoperationen hinter sich», beginnt der Luzerner Unternehmer. Noch schlage ihr Herz, noch sei sie nicht auf ein Spenderorgan angewiesen. Die Prognosen zeigten aber, dass dies in Zukunft nötig sein könnte. Er selbst, betont Grüter, sei zusammen mit der ganzen Familie seit Jahren als Spender eingetragen. «Wir haben in der Schweiz eine der tiefsten Spenderraten», hielt er fest. Vier von fünf Spenderherzen kämen jeweils aus dem Ausland.

Weil auch die Aufklärungskampagnen in den letzten zehn Jahren nicht den gewünschten Erfolg gebracht haben, unterstützt Grüter den indirekten Gegenvorschlag des Bundesrats. Sollte der nicht durchkommen, «würde ich der Initiative zustimmen».

Auch die Grünen stützen den Gegenvorschlag

Ähnlich klingt es am anderen Ende des politischen Spektrums. Die grüne Nationalrätin Manuela Weichelt-Picard findet: «Für einmal geht es hier nicht um Parteipolitik.» Wer am dringendsten ein Organ brauche, solle dieses am schnellsten bekommen.

«Es ist in unser aller Verantwortung, dass wir uns zu Lebzeiten mit der Organspende auseinandersetzen und unseren Willen festhalten», sagte die Zugerin. «Wir sollten diesen schwierigen Entscheid nicht unseren Angehörigen überlassen.» Es gebe auch ein übergeordnetes öffentliches Interesse, dass sich mehr Personen dazu bekennten, ihre Organe zur Verfügung zu stellen. Die Organspende soll nicht daran scheitern, dass man sich nicht damit befasst und seinen Willen nicht kundgetan hat.

Entscheid muss freiwillig bleiben

Sowohl Grüter als auch Weichelt-Picard stellten klar, dass eine Entscheidung zur Organspende freiwillig bleiben soll und muss. Jedoch ist es gemäss Grüter keine Zumutung, von mündigen Bürgern zu verlangen, dass diese sich explizit gegen eine Spende entscheiden müssen.

Im Nationalrat fiel der Entscheid an der Sondersession deutlich zugunsten des Systemwechsels. Eine Mehrheit sprach sich sowohl für die Volksinitiative als auch für den Gegenvorschlag aus. Das Geschäft geht nun in den Ständerat.

Hier geht es zum ganzen Votum von Franz Grüter:

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7 Kommentare
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    Libero, 07.05.2021, 14:37 Uhr

    4 von 5 Herz-Spendern kommen aus dem Ausland !
    Wie würde Herr NR Grütter wohl argumentieren, wenn seine Familie nicht selber betroffen wäre?
    Bei sozialen Fragen fährt er bekanntlich die knallharte SVP-Linie.

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    • Profilfoto von Libero
      Libero, 09.05.2021, 14:27 Uhr

      Nachtrag:
      Ehrlich wäre,
      wenn der SVP Nationalrat bei jeden Votum seine Interessensbindung offen legen würde.
      Wie beim Einsatz für Rentenkürzungen oder beim Abzocken als Brocker beim eigenen Personal.

      Warum hat er den Persönlichkeits-Schutz seiner Tochter nicht höher gewertet,
      als eine mediale Aufmerksamkeit, die ihm allenfalls Mitleid-Sympathien bringt.

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    Megge, 07.05.2021, 03:42 Uhr

    Wie ist der Umgang mit Menschen die nicht selber entscheiden können geplant?

    Der Raum für Missbrauch ist leider derart gross, dass ich besorgt in eine dystopische Zukunft blicke.

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    Trumpf Buur, 06.05.2021, 20:43 Uhr

    So lange ich nicht mitbestimmen kann, in welche Richtung meine Organe nach meinem Tod gehen, genau so lange gibt es von mir ein Nein zur Organspende! Selbstredend natürlich, dass ich selber von einer Organspende auch nicht Gebrauch machen werde, so lange es für meine Organspende ein Nein gibt.

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    Stefan Ernst, 06.05.2021, 17:28 Uhr

    Von der Geburt bis ins Grab gehörst du in Zukunft dem Staat. Immerhin darfst du nein sagen – zumindest noch.

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      Peter Bitterli, 06.05.2021, 19:26 Uhr

      Was für eine alberne Zusammenfassung.

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      Stefan Ernst, 06.05.2021, 21:41 Uhr

      Sie können es albern finden, Fakt ist leider, es gibt immer mehr in diese eine Richtung. Weniger Freiheit, mehr Zwang.

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