Um Himmels willen! Gemeinden und ihre Slogans

Oh du naturnaher Stern in der Idylle!

Die Gemeinde Hasle im Entlebuch.

(Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Wenn Gemeinden für sich werben, tun sie das gern mit Metaphern, gefälligen Adjektiven und Wörtern, die Dörflichkeit und Herzlichkeit versprühen. zentralplus hat sich durch die Websites der 83 Luzerner Gemeinden geklickt, Parolen gesammelt und eine Hassliebe entwickelt.

Es gibt auf unserer Redaktion den Aktuell-Dienst: einen Tag lang das Relevante aus der Flut von Medienmitteilungen herauspicken – und eine Meldung dazu schreiben. Dieser Job hat eine amüsante Komponente: Er bringt es mit sich, dass man all die Gemeindemitteilungen sichtet: Bestattungen, Häckseltermine, Baubewilligungen. Und vor allem: haarsträubende Logos und himmelhochjauchzende Slogans.

Ich kam nicht drum herum: Ich musste anfangen, die Gemeindemitteilungen zu sammeln, zu bewerten und zu kategorisieren. Ich ging weiter und klickte mich durch Leitbilder und Porträts auf manchmal tipptoppen, öfters aber veralteten und meist recht überladenen Websites. Und ich habe sie trotz allem etwas liebgewonnen, denn Gemeindenachrichten sind wie Kreiselkunst: gut gemeint, aber tief provinziell. Und leider selten schön.

«Mittendrin» oder «vor den Toren»

Was alle 83 Luzerner Gemeinden verbindet: Sie liegen «mittendrin», «im Herzen» oder «vor den Toren». Sie sind eine «Idylle» und eine «Perle» oder zumindest ein «Stern». Sie tragen in den Logos und Wappen Burgen, Seerosen oder auch mal eine Wildsau oder eine Armbrust.

Gewisse Gemeinden wie Adligenswil entwerfen schwungvolle Logos, bei anderen droht das Leitbild vor den Augen zu zerbröseln wie ein Zwieback zwischen den Zähnen, so trocken ist es. Etwa in Ebersecken, dafür ist das Gemeindelogo mit der Wildsau gelungen.

Idyllisches Dorfleben: eine Bäckerei an der Dorfstrasse in Escholzmatt.

Idyllisches Dorfleben: eine Bäckerei an der Dorfstrasse in Escholzmatt.

(Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Nennen Sie mich ruhig einen Dilettanten oder einen ignoranten Städter, aber ich habe sogar neue Gemeinden kennengelernt: Altwis, Ermensee, Roggliswil oder Ufhusen – sorry, noch nie gehört. Aber nehme mir fest vor, die Gemeinden bald zu besuchen.

Fusionen machen sich bemerkbar

Und dann sind da die Porträttexte – was für ein Fundus an Allerweltsfloskeln! Sie beginnen mit «Vom Bauerndorf zur …», «Die Gemeinde wird erstmals …» oder «… liegt auf einem Hügelzug …». Auch eine schlichte Aneinanderreihung von Adjektiven ist en vogue: «Aufstrebend, dynamisch, reizvoll.»

«Z’Rusmu – läbe ond schaffe …»

Beliebt ist auch, bereits im Slogan darauf hinzuweisen, dass hier eine Fusion vonstatten gegangen ist. Dass sich hinter dieser Gemeinde nicht nur ein Dorf versteckt, sondern deren zwei, drei oder gar vier: «Die 3-Dörfer-Gemeinde», «Drei Dörfer – eine Gemeinde» oder «Dreiteilige Gemeinde seit 1889» gibt es als Variationen. Im Falle der «Vier-Dorf-Gemeinde» Schongau wird das sogar noch getoppt. Und es stimmt ja schon: Es ist noch nicht so lange her, da zählte der Kanton noch 107 Gemeinden. Aber was zum Geier wollen uns eigentlich all die Gemeinden suggerieren mit ihren Auslassungszeichen («…»)?

Eine Slogan-Prognose für 2051: «Die 17-Dörfer-Gemeinde: eine gigantische Perle – mittendrin, in der Agglo und doch so ländlich …» Als Logo dient eine vollgefressene Wildsau unter einem Baum.

Hier nun also sämtliche Gemeindeslogans, sofern auffindbar. Eingeteilt in 6 Kategorien:

1. Flecken, Sonnenterrasse oder Stern: Metaphorisch gesagt

Gemeinde Nottwil.  (Bild: Screenshot)

  • Büron: «Ein Flecken fürs Leben»
  • Altwis: «Die Idylle im Luzerner Seetal»
  • Doppelschwand: «Die Sonnenterrasse des Entlebuchs»
  • Ermensee: «Die Perle im Seetal»
  • Emmen: Kein eigentlicher Slogan, dafür springen einem Statements von Bürgerinnen und Bürgern auf der Startseite entgegen: «Ein Herz und eine Seele für die Ewigkeit. Oder bis zum nächsten Regen. Wir lieben unser Zuhause ganz einfach.» Dazu schöne Schnappschüsse und Selfies.
  • Greppen: «Willkommen im Kastaniendorf»
  • Hochdorf: «Mehr als ein Zentrum»
  • Nottwil: «Der Stern am Sempachersee». Das ist aber noch nicht alles, weiter heisst es: «Vor den Toren Luzerns – im Herzen der Schweiz» (siehe auch Kategorie 4).
  • Sursee: «Einfach einzigartig …» Und im Gemeindeporträt steht poetisch anmutend: «Goldene Kleinstadt im Herzen der Schweiz».

2. Einfach mal ein paar Adjektive

Gemeinde Wolhusen.  (Bild: Screenshot)

  • Grossdietwil: «sagenhaft – traumhaft – landschaft». (passt auch die Kategorie 6: stilistische Verrenkungen)
  • Mauensee: «Sagenhaft natürlich»
  • Pfaffnau trumpft gleich mit zwei Slogans auf – einem für Pfaffnau («zeitgemäss – vielfältig – zentral») und einem für St. Urban («Natur – Kunst – Kultur»). Man sieht den Workshop zur Erarbeitung der drei Werte förmlich vor sich.
  • Römerswil: «Weitsichtig und intakt»
  • Roggliswil: «Natürlich – mittendrin – daheim»
  • Vitznau: «Paradiesisch schön»
  • Wolhusen: «engagiert, zentral, regional»

3. …

Altbüron.  (Bild: Screenshot)

  • Altbüron: «… unser Dorf, lebenswert, liebenswert.»
  • Oberkirch: «Einfach sympathisch …»
  • Rain: «… mit Weitsicht»
  • Wauwil: «… mit Weitblick»
  • Ruswil: «Z’Rusmu – läbe ond schaffe …» (Der ist gut, der zweite Slogan wäre aber nicht nötig gewesen: «Ruswil – einfach sympathisch …»)

4. Wo genau?

Gemeinde Schüpfheim.  (Bild: Screenshot)

  • Adligenswil: «Stadtnah – mit Weitsicht und Zukunft»
  • Dagmersellen: «mittendrin» (Auch wenn das natürlich auf jede Zentralschweizer Gemeinde mehr oder weniger zutrifft.)
  • Eich: «Schöne Aussichten am Sempachersee»
  • Fischbach: «Leben im Grünen»
  • Gettnau: «Ländlich und doch zentral»
  • Hohenrain: «Ländliche Idylle mit Zentrumsnähe»
  • Knutwil: «Wohnen auf dem Lande – stadtnah. Mitten in der Schweiz, im Kanton Luzern, drei Kilometer vom regionalen Zentrum Sursee entfernt …» (Uff, zu lang.)
  • Malters: «Im Herzen der Zentralschweiz» (Der Slogan ist so harmlos wie logisch.)
  • Rothenburg: «Am Rande der Agglomeration Luzern»
  • Schongau: «Top of Lindenberg» Und weiter: «eine Vier-Dorf-Gemeinde in herrlicher Landschaft»
  • Schüpfheim: «Mittendrin» (Zack, fertig.)
  • Triengen: «Im Zentrum des Luzerner Surentals»

5. Was für ein Dorf genau?

Gemeinde Reiden.  (Bild: Screenshot)

  • Ettiswil: «Die Gemeinde mit zwei Dörfern»
  • Alberswil: «Dorf mit Stil – Alberswil»
  • Menznau: «Die 3-Dörfer-Gemeinde»
  • Nebikon: «Mis Dorf» (Mini Schwiiz, mis Färnseh?)
  • Reiden: «Drei Dörfer – eine Gemeinde»
  • Rickenbach: «Ein Dorf unserer Zeit. Nur schöner.»
  • Udligenswil: «Dorf mit Weitsicht» (siehe auch Rain, Punkt 3)

6. Typografische und stilistische Verrenkungen

Gemeinde Schötz.  (Bild: Screenshot)

  • Schlierbach: «Sonnenseite erLeben»
  • Schötz: «GE‹MEIN›DE SCHÖTZ … zum Bleiben schön!»
  • Schwarzenberg: «Natur – nah»
  • Weggis: «Ihr Wohn- und Feriendorf», okay das geht. Aber Folgendes nicht: «Hier ist gut sein.» (Häh?)
  • Zell: «Lebensraum für Jung + Alt»

7. Unsere Besten: Eigenwillig, gelungen, kreativ

Schenkon.  (Bild: Screenshot)

  • Entlebuch: «Wir leben neue Energie» (Ja, das sagt doch was Konkretes über die Zukunft aus.)
  • Hergiswil bei Willisau: «Kräuterdorf am Napf» (Dieser Multifunktionalslogan passt in die Kategorien 1, 4 und 5. Und landet deshalb in der Best-of.)
  • Hildisrieden: «Beste Aussichten» (Was braucht es mehr?)
  • Horw trumpft auch mit zwei Slogans auf: «Einzigartig vielseitig» und «Wo das Leben Raum hat». Insbesondere der zweite hat was.
  • Schenkon: «Eine Versuchung, die sich lohnt» (Ich denke an Schoggi … und anderes)

8. Die Gemeinden ohne Slogan … (oder mit gut versteckten)

Aesch, Altishofen, Ballwil, Beromünster, Buchrain, Buttisholz, Dierikon, Ebersecken, Ebikon (immerhin ein Wahrzeichen: die Seerose), Egolzwil, Eschenbach, Escholzmatt-Marbach, Flühli, Geuensee, Gisikon («Gisikon ist die kleinste Gemeinde im Kanton Luzern, aber deshalb nicht weniger attraktiv!» taugt leider nicht als Slogan), Grosswangen, Hasle, Hitzkirch, Honau (380 Einwohner, schon wieder die kleinste Gemeinde …), Inwil, Kriens, Luthern, Luzern, Meggen, Meierskappel, Neuenkirch, Romoos, Root, Sempach, Ufhusen, Werthenstein, Wikon, Willisau.

Haben wir etwas vergessen? Sind Sie nicht einverstanden? Oder haben Sie einen Vorschlag für die Gemeinden ohne Slogans? Teilen Sie es uns in den Kommentaren mit!

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