«Top- und Flop-Buslinien» im Vergleich

ÖV-Subventionen: So viel kostet das Zuger Busnetz

Der Zuger ÖV kostet die öffentliche Hand viel Geld. Das hat gute Gründe, sagt Regierungsrat Florian Weber. (Bild: sib/zvb)

Im öffentlichen Verkehr steckt viel Geld. Bund und Kanton finanzieren diesen mit jährlich rund zwei Milliarden Franken. Jetzt macht der Bund die genauen Zahlen zu allen regionalen ÖV-Linien publik. Der Blick auf Zug zeigt, wie defizitär manche Verbindungen sind. Die Zuger Regierung erklärt, weshalb sie trotzdem essenziell sind.

Am Begriff «Service public» vermag sich so mancher Schweizer Politiker zu ereifern. Die Bestellung und Finanzierung des regionalen ÖV-Angebots gehört jedoch unbestritten zu den wichtigsten Dienstleistungen, die Bund und Kantone der Allgemeinheit gegenüber erbringen.

Bekanntlich finanzieren sich nur die wenigsten ÖV-Linien durch Billetts und Abos selbst. Deshalb ist die Beteiligung der öffentlichen Hand an den Kosten der rund 1'400 Linien unabdingbar. Der Bund hat nun entschieden, fortan für sämtliche Linien nebst dem Kostendeckungsgrad auch die Höhe der Abgeltungen von Bund und Kanton zu publizieren. So wird für jede Linie ersichtlich, mit wie viel der Steuerzahler diese unterstützt.

Bund und Kanton übernehmen Defizit

Zur Erinnerung: Unser ÖV wird im sogenannten Bestellverfahren geregelt: Die Kantone und der Bund agieren als Besteller und machen den Transportunternehmen (Bus, Bahn, Schiff) Vorgaben zum gewünschten Angebot.

Die Transportunternehmen erstellen aus diesen Vorgaben eine Offerte für jede einzelne Linie. Darin werden die Betriebskosten und die voraussichtlichen Einnahmen durch den Billette- und Aboverkauf einander gegenübergestellt. Das voraussichtliche Defizit – die «geplanten ungedeckten Kosten» – werden vom Bund und den Kantonen mittels Abgeltungen gedeckt.

Blendet man die Nachtbusse mit ihren höheren Spezialtarifen aus, schreiben schweizweit keine zwei Dutzend regionale ÖV-Linien ein Plus, wie die Zahlen des Bundes zeigen. Ein Beispiel: Die sehr stark frequentierte S-Bahnlinie S12 zwischen Zürich und Winterthur macht rund 7,9 Millionen Franken Gewinn.

Starkes Gefälle – auch in Zug

Die meisten anderen Verbindungen – gerade auch die Buslinien – sind nur bedingt kostendeckend. Das trifft auch auf das Zuger Busnetz zu. Das Gefälle liegt bei einem Kostendeckungsgrad von zwischen 80 Prozent (Nachtbus N1 Zug–Oberägeri) und 22 Prozent (Linie 10 Oberägeri–Alosen, Giregg).

Die Linie Oberägeri–Alosen, Gireg ist die am wenigsten rentable Buslinie im Kanton Zug. Rund 323'000 Franken müssen Bund und Kanton aufwenden, um die 78 Prozent an ungedeckten Kosten für den Betrieb dieser Buslinie zu begleichen. Aus rein wirtschaftlicher Sicht stellt sich reflexartig die Frage: Warum braucht es diese Verbindung überhaupt?

Wie so oft beim ÖV erzählt der Kostendeckungsgrad nicht die ganze Geschichte, wie Baudirektor Florian Weber auf Anfrage erklärt: «Alosen ist ein Dorfteil von Oberägeri mit über tausend Einwohnern, der mit dieser Linie erschlossen wird. Der Schülerverkehr Alosens wird ebenfalls mittels ÖV abgewickelt und es können dadurch Synergien genutzt werden.»

«Es ist die Aufgabe des öffentlichen Verkehrs, dass die Gemeinden und Wohngebiete in Bezug auf ihre Arbeitsplätze und die Einwohnerzahl angemessen erschlossen werden.»

Florian Weber, Baudirektor Kanton Zug

Damit spricht Weber den eingangs besprochenen Service-public-Aspekt des ÖV an. «Es ist auch die Aufgabe des öffentlichen Verkehrs, dass die Gemeinden und Wohngebiete in Bezug auf ihre Arbeitsplätze und die Einwohnerzahl angemessen erschlossen werden.» Bei dieser Linie kommt hinzu, dass einzelne Kurse bis auf den Raten führen. Deshalb sei die Linie für den Kanton auch aus touristischer Sicht von Interesse, wie Weber erläutert.

Höchster Deckungsgrad zwischen Zug und Oberägeri

Klammert man die Nachtbusse aus, so ist es die «normale» Linie 1 (Zug–Oberägeri), die mit 60 Prozent den höchsten Kostendeckungsgrad ausweist. Das bedeutet, dass Bund und Kanton die ungedeckten 40 Prozent der Kosten für den Betrieb dieser Busverbindung übernehmen. In diesem Fall belaufen sich die Abgeltungen auf rund 1,67 Millionen Franken. Davon übernimmt der Kanton Zug rund eine Million.

Wegen Covid keine grossen Sprünge

Die Linie 1 zwischen Zug und Oberägeri wird demnach eigentlich recht gut genutzt – hat aber durchaus noch Luft nach oben. Bestehen Bemühungen, die Linie noch besser auszulasten? Im Moment lautet die Antwort klar: Nein. Grund dafür ist die Covid-Pandemie, wie Baudirektor Weber erklärt.

Tatsache ist, dass die aktuellen Zahlen des Bundes die Auswirkungen der Pandemie auf das Passagieraufkommen nicht berücksichtigen. Bereits bekannt ist jedoch, dass die Transportunternehmen einen deutlichen Passagierrückgang hinnehmen mussten. So transportierten die Zugerland Verkehrsbetriebe (ZVB) 2020 rund 28 Prozent weniger Passagiere als noch im Vorjahr (zentralplus berichtete).

«Es geht beim ÖV zurzeit vor allem darum, die durch Covid-19 verursachten Nachfrageverluste wieder aufzuholen.»

Entsprechend will man beim Kanton Zug vorerst keine grossen Sprünge machen: «Es geht beim ÖV zurzeit vor allem darum, die durch Covid-19 verursachten Nachfrageverluste wieder aufzuholen», sagt Weber. «Im Moment sind keine Angebotsausbauten bei bestimmten Linien geplant, wo besonders viele Reisende erwartet werden könnten.»

Auf der anderen Seite der Medaille sieht der Kanton derzeit keine Linien, die dermassen schlecht ausgelastet sind, dass eine Streichung in Erwägung gezogen wird. «Einen Nachfragerückgang erwarten wir momentan bei keiner Buslinie», sagt Weber. Er verweist auch auf die Tatsache, dass das Bundesamt für Verkehr (BAV) den verlangten Mindestkostendeckungsgrad für Buslinien auf sehr tiefe zehn Prozent festgelegt hat.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Hans Peter Roth
    Hans Peter Roth, 10.11.2021, 11:55 Uhr

    Bei den wenig genutzten Buslinien könnte man ein Call-Bus-System ausprobieren. Dies ist mit den heutigen technischen Möglichkeiten (zB App) einfach geworden. Es könnten damit auch kostengünstige Kleinbusse eingesetzt werden.

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