Steigende Wassertemperaturen in den Badis

Obacht vor Angriff der Entenflöhe

Stockenten: Je mehr Wasservögel und Wasserschnecken sich in Ufernähe tumeln, desto mehr Entenflöhe treten auf. (Bild: Adobe Stock)

Im Hallwilersee fahndet man nach einem Kaiman. Doch im Zuger- oder Sempachersee kann man eine andere Gefahr von Auge nicht mal sehen – und auch nicht ausrotten.

Es ist nicht die Krätze, kein Mückenstich und auch kein Flohbiss. Doch die Pusteln, die Entenflöhe nach ihrem Besuch beim Menschen hinterlassen, sehen gleich aus und jucken auch so. Manchmal lösen die Tierchen gar eine Allergie aus. Man spricht dann von Badedermatitis.

Entenflöhe sind vielen Menschen bereits im vergangenen Hitzesommer begegnet. Damals erwärmten sich viele Badegewässer stärker als üblich. Hohe Wassertemperaturen verhindern, dass die Tiere im Wasser absterben. Schlimm wird es ab 24 Grad.

Was tun gegen Entenflöhe?
Wenn man vorbeugend etwas gegen Entenflöhe unterernehmen will, so empfiehlt Hanspeter Kläy «seichtes Wasser zu vermeiden, schneller in tieferes Wasser zu schwimmen. Nach dem Baden soll man sich gründlich duschen und nasse Badekleider durch trockene ersetzen», sagt der stellvertretende Zuger Kantonsarzt. Juckende Stiche könnten «mit einem antiallergischen, lokalanästhesierenden und kühlenden Gel wie bei Mückenstichen behandelt werden.»

Junihitze erwärmte die Seen

Die Hitzewelle im Juni hat nun dafür gesorgt, dass die Entenflöhe heuer in warmen Seen schon früh auftauchten. Vor einer Seeüberquerung in der Stadt Zürich thematisierten die Medien das Problem mehrfach. Und auch am Zugersee suchten sich Schwimmer in Apotheken Rat und Salben gegen das Problem, wie zentralplus weiss.

Wo genau das Problem jeweils akut wird, stellt niemand fest.  «Wir untersuchen das Badewasser in Seen und Fliessgewässern ausschliesslich auf mikrobiologische Parameter», sagt Rainer Nussbaumer vom Zuger Amt für Verbraucherschutz. «Leider beurteilen wir das Wasser nicht in Bezug auf Entenflöhe.»

Keine systematische Erhebungen

«Wir erhalten keine systematischen Nachrichten über Zerkarien», sagt der Luzerner Kantonsarzt Roger Harstall. Es bestehe keine Meldepflicht. «Es handelt sich dabei nicht um eine ansteckende Krankheit.»

«Man kann eine Badedermatitis praktisch überall in der Schweiz erwischen.»

Bruno Gottstein, Parasitologe

Die gemässigten Temperaturen in der ersten Julihälfte haben das Problem vorerst eingedämmt. «Uns ist nicht bekannt, dass der Befall von Wildtieren mit diesem Parasit grösser ist als in anderen Jahren», sagt Roman Keller vom Amt für Wild und Wald des Kantons Zug. Allerdings würden diese Daten auch nicht systematisch erhoben.

Mücken stechen auch

Auch Hanspeter Kläy, stellvertretender Zuger Kantonsarzt sagt: Es seien keine Meldungen über eine Häufung von Entenflöhen eingetroffen. «Hingegen sind die Mücken schon sehr aktiv, was ich von meiner hausärztlichen Tätigkeit weiss.»

Zerkarien halten den Menschen für eine Ente
«Bei Entenflöhen handelt es sich eigentlich um infektiöse Larven von verschiedenen Saugwürmern, die als erwachsene Würmer in Blutgefässen von Wasservögeln, insbesondere von Enten leben», erklärt der Parasitologe Bruno Gottstein. Zwei bis vier Wochen nach einer Enteninfektion würden mit dem Entenkot Wurmeier ausgeschieden, welche ausschliesslich Wasserschnecken befallen können, nicht aber den Menschen. In diesen Wasserschnecken entwickeln und vermehren sich laut Gottstein sogenannte Zerkarien – winzige Larven –, die von der Schnecke freigelassen werden, und die nun andere Enten aufsuchen, um in deren Haut einzudringen. Wird versehentlich ein Mensch befallen, sterben die Larven in dessen Haut ab. «Einige so betroffene Personen allergisieren sich auf diese toten Zerkarien, und entwickeln dann die bekannte Badedermatitis. Diese kann insbesondere bei wiederholtem Kontakt sehr massive und unangenehme Hautprobleme hervorrufen», sagt der Berner Professor.

Kläy findet: «Aus unserer Erfahrung sind diese Parasiten kein wesentliches Problem für den Kanton Zug.» Was aber nicht bedeutet, dass man sich welche einfangen kann. Zum Beispiel am Zuger- oder Sempachersee, wo das Wasser bereits deutlich über 22 Grad warm ist – Tendenz weiter steigend.

In allen Tümpeln zuhause

«Grundsätzlich braucht der Parasit ruhende, wärmere Süssgewässer und vor allem dort auch Enten und Wasserschnecken, um sich vermehren zu können», sagt Professor Bruno Gottstein.

Der Leiter des Instituts für Parasitologie an der Universität Bern meint: «Diese Bedingungen werden in praktisch allen Schweizer Seen und Tümpeln erfüllt, vor allem in den seichten Uferzonen.» Somit könne man eine Badedermatitis «praktisch überall in der Schweiz erwischen».

Mehr Wasservögel, mehr Entenflöhe

Auch wenn Entenflöhe vorab seit vergangenem Jahr für Schlagzeilen sorgen, als sie vereinzelt auch in Bergseen auftauchten, sind sie kein neues Phänomen. «Das Problem ist bei den Dermatologen schon seit langer Zeit bekannt», sagt Gottstein.

Der Parasit selber profitiere von den längeren Perioden, bei denen die Wassertemperaturen hoch sind. «Aber entscheidend ist die lokale Dichte der Enten- und Wasserschneckenpopulation in den Uferzonen.» Insgesamt nehme die Problematik somit über die Jahre gesehen «also eher zu».

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