Ursache immer noch unklar

Verschmutztes Trinkwasser: Jetzt kommen Zapfhähne ins Quartier

Kantonschemiker Silvio Arpagaus hatte in den letzten Tagen wegen der Verschmutzung alle Hände voll zu tun. (Bild: PLU)

Rund 3000 Luzerner müssen seit einer Woche ihr Wasser abkochen. Das Trinkwasser von Energie Wasser Luzern (EWL) ist bakteriell verunreinigt. Ein Ende des Ausnahmezustands ist derzeit nicht absehbar. Hier erfährst du, wie es weitergeht.

Die Bewohnerinnen im Langensandquartier müssen seit bald einer Woche das Wasser abkochen (zentralplus berichtete). Im Wasser sind Milchsäurebakterien festgestellt worden. Solche Bakterien sind im Lebensmittelbereich ein Indikator für Fäkalien.

Problem ist noch nicht gelöst

Der Wasserversorger EWL hat Spülungen vorgenommen, um das Problem zu lösen. Bislang ohne Erfolg, wie Patrick Rust, Vorsitzender der Geschäftsleitung von EWL, an der Pressekonferenz am Freitag sagt. «Wir haben Netztrennungen von Teilen des Gebietes vorgenommen, das betroffene Gebiet mehrfach mit frischem Wasser gespült und nehmen laufend Wasserproben an diversen Stellen im Netz», so Rust.

Gemäss Update am Dienstag ist dieses Gebiet von der Trinkwasser-Panne betroffen.
Gemäss Update am Dienstag ist dieses Gebiet von der Trinkwasserpanne betroffen. (Bild: ewl)

Mit dem systematischen Vorgehen wird die Quelle der Trinkwasserverschmutzung in Luzern bestimmt. «Mit jeder Probe kommt die EWL dem Herd näher», so Rust. Das Problem: Die Bakterien müssen gezüchtet werden, bevor sie untersucht werden können. «Die Proben brauchen immer 24 Stunden, bis sie analysiert sind. Daher hinken wir immer ein bisschen in der Realität hinterher.»

Darmbakterien verunreinigen das Trinkwasser in Luzern

Heisst: Es ist bislang nicht gelungen, das Problem zu lösen, weshalb die bestehenden Massnahmen aufrechterhalten bleiben. Sprich: Das Wasser muss weiter abgekocht werden. Betroffen sind rund 3000 Leute. Rund 480 Personen haben sich bei EWL in den letzten Tagen gemeldet und um detailliertere Auskünfte gebeten.

Silvio Arpagaus, Kantonschemiker, informiert an der Pressekonferenz über die gesundheitlichen Risiken. Es seien zwei verschiedene Keime entdeckt worden. «Diese kommen im Darm von Warmblütlern vor. Also bei Mensch und Tier», sagt er. «Wenn diese Keime entdeckt werden, bedeutet dies, dass da etwas im Wasser ist, was dort nicht hingehört.»

Zapfhähne mit frischem Trinkwasser an fünf Standorten in Luzern

Klar ist: Für die Anwohner sind ab Freitagmittag Zapfstellen mit sauberem Trinkwasser an fünf Standorten in Luzern installiert. So müssen Betroffene wenigstens nicht mehr auf Brunnen in anderen Quartieren zurückgreifen (zentralplus berichtete).

Die Zapfsäulen befinden sich an folgenden Standorten:

  • Bodenhofstrasse 12 (Karte)
  • Studhaldenhöhe 8 (Karte)
  • Vorderrainstrasse 15 (Karte)
  • Hirtenhofstrasse 48 (Karte)
  • Langensandstrasse 92 (Karte)

Darum ist die Kommunikationspanne ein «No-Go»

Dass die EWL zu spät und falsch kommuniziert, dürfte nicht passieren. Ein Merkblatt des Kanton Luzern gibt Hinweise, wie eine Notfalldokumentation aussehen soll. In solchen Plänen ist klar geregelt, wie und wo kommuniziert wird. Grundsätzlich sind demnach alle Wasserbezüger schriftlich über die Trinkwasserverunreinigungen zu informieren.

Um möglichst rasch alle betroffenen Personen zu erreichen, kann die EWL Lautsprecherwagen von Polizei, Feuerwehr oder Zivilschutz aufbieten. Zudem gibt es die App Alertswiss, die vor Gefahren warnt. Nur hatte die EWL im aktuellen Fall die Medienstelle der Luzerner Polizei nicht frühzeitig informiert (zentralplus berichtete).

So schützt du dich

Weiter gilt im Gebiet Langensand in Luzern, dass die Anwohnerinnen das Trinkwasser für folgende Tätigkeiten abkochen müssen:

  • Trinken, Getränkezubereitung (zum Beispiel Eiswürfel)
  • Nahrungszubereitung
  • Zähne putzen
  • Medizinische Zwecke (Wundreinigung, Nasenspülen usw.)
  • Geschirrabwasch von Hand
  • Kaffee-, Teezubereitung mit Haushaltsgeräten
  • Waschen von Obst, Gemüse, Salat oder weiteren Lebensmitteln
  • Trinkwasser für empfindliche Haustiere

Beim Geschirrspüler (höchste Temperaturstufe), für die allgemeine Reinigung, zur Toilettenspülung, fürs Duschen oder fürs Wäschewaschen sei das Abkochen nicht nötig. Zum Trinken oder als Säuglingsnahrung sollten die Anwohnerinnen auf Mineralwasser ausweichen.

Verwendete Quellen
  • Besuch der Medienkonferenz der EWL
  • Gefährdungs- und Risikoanalyse der Kantons Luzern (Kataplan)
  • Merkblatt «Erstellung der Notfalldokumentation»
  • Frühere Berichterstattungen zentralplus
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10 Kommentare
  • Profilfoto von Juerg Meier
    Juerg Meier, 06.08.2022, 08:25 Uhr

    Alle Sanitärinstallationen auf Kreuzverbindungen mit Grauwaser und Schmutzwasser abchecken. Installationen aus dem Baumarkt durch Hobbysanitäre.

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    • Profilfoto von Hanswurst
      Hanswurst, 06.08.2022, 11:34 Uhr

      Interessanter Ansatz, der vielleicht beim Endverbraucher gültig sein könnte. Aber wie kommen dann die Bakterien entgegen der Strömung im Leitungsnetz in ein ganzes Quartier? Bakterien können sich ja nicht aktiv bewegen! Durch die Spülerei der ewl, durch solche falsche Installation der ewl selbst an neuralgischer Stelle oder als Bakterien-Film, der aber schon lange Zeit hätte unentdeckt vorhanden sein müssen? Fragen, Fragen, die unbedingt einer Klärung durch unabhängige Fachleute bedarf und nicht durch den Schönredner Rust.

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  • Profilfoto von schaltjahr
    schaltjahr, 05.08.2022, 14:05 Uhr

    Langsam kommt es an den Tag. Auch nach dem ständigen Versichern, alles vorbildlich Gehandhabt zu haben ist die Bewältigung dieser Wasserstörung ein Desaster.
    Einmal mehr versagt ein rein kommerziell ausgerichtetes Management kläglich und vesucht das auch noch als Erfolg zu verkaufen …
    Mir graut vor den kommenden, angekündigten Krisen. Da wollen dieselben Leute die Situation meistern .. Gnade uns Gott ..

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    • Profilfoto von Watergate
      Watergate, 05.08.2022, 14:18 Uhr

      Absolut!! Sehr besorgniserregend, dieser Zustand, der uns zukünftig mit weiteren Lieferschwierigkeiten seitens der ewl erreichen könnte (Gas, Wasser, Strom, Internet)!
      Eine Zapfsäule war nicht korrekt vermerkt worden in den Medien (falsche Hausnummer) und leckte bereits nach kurzer Zeit. Die ewl hat lieber in schöne grosse blaue Plakate im Weltformat investiert, statt in professionelle Kommunikation auf allen Kanälen! Wenn ich auf dem PC die ewl-Seite aufrufe, erscheint noch immer der dürftige Text vom 1. August. Auf dem Natel klappt es und die aktualisierte Info von heute erscheint. Auch diese ist weiterhin sehr knapp. Dass es nicht mal eine Extra-Seite gibt auf der Webseite reiht sich in die lange Reihe der «Missgeschicke» ein.

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  • Profilfoto von Hermetschweiler
    Hermetschweiler, 05.08.2022, 13:19 Uhr

    leider wurde das Gebiet Schönbühl von der EWL links liegengelassen obwohl hier viele ältere menschen leben

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  • Profilfoto von Conny
    Conny, 05.08.2022, 13:00 Uhr

    Vielen Dank Herr Lustennerger für den detaillierten Bericht!
    Eine Kollegin von der Spitex hat mir berichtet, dass sie in diesem Quartier ganz viele Notfall Einsätze hatten, da viele Alte Leute vor lauter Durchfall und Erbrechen Hilfe brauchten. Schon Traurig, dass man die alten Leute nicht gleich informiert hat. Ich bin ziemlich enttäuscht von der ewl, das hätte man schneller und besser kommunizieren müssen.

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  • Profilfoto von LunaLu
    LunaLu, 05.08.2022, 11:34 Uhr

    Danke ZP für den detaillierten Bericht in fast Livezeit! Sogar die Zapfsäulen sind mit Google Maps verlinkt, top. Bei der LZ stehen z.T. andere Infos. Immerhin gibts jetzt eine Zapfsäule in unmittelbarer Nähe. Ewl schafft es seit 1 Woche nicht, aktualisierte Infos auf der Webseite zu publizieren (stets das Gleiche). Weiterhin sehr peinlich, diese schlechte Informationspolitik!! Ja, bei mir ist die ewl jetzt «unten durch»! Auch wegen der verharmlosenden Art ubd Weise, wie das Unternehmen kommuniziert – oder besser gesagt, NICHT kommuniziert. Es ist ja sehr erstaunlich, wie viele Personen sich bei ewl gemeldet haben; über 10% aller Quartiernewohner:innen.

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    • Profilfoto von Esther Schmid
      Esther Schmid, 05.08.2022, 20:58 Uhr

      Liebe Lunalu, ewl publiziert laufend den aktuellen Stand auf der ewl Webseite ewl-luzern.ch, auf dem roten Störer direkt bei der Startseite. Sowohl heute wie auch in den letzten Tagen gab es stets Meldungen. Leider können wir keine neuen Stand angeben, da die bakterielle Verunreinigung nach wie vor besteht und wir noch keine Entwarnung geben können, was wir sehr bedauern. Sobald es neue Erkenntnisse gibt, werden diese auch hier und über die Medien publiziert.

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  • Profilfoto von Matthöfler
    Matthöfler, 05.08.2022, 11:33 Uhr

    «Mit jeder Probe kommt die EWL dem Herd näher»… Nun ist es eine Woche her, und ewl ist offenbar keinen einzigen Schritt weiter! Wie lange wollen diese noch weiterwursteln, ehe sie sich professionelle Unterstützung holen? Selber können Sie’s ja offenbar nicht, werden aber nicht müde sich selber als unfehlbar darzustellen. Übrigens habe ich in keiner Pressemitteilung und keinem Zeitungsbericht bisher das Wort «Entschuldigung» gelesen. Man muss sich als Luzerner echt für diesen Laden schämen.

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    • Profilfoto von LunaLu
      LunaLu, 05.08.2022, 12:52 Uhr

      Stimme diesem Kommentar zu 100% zu! Nicht mal eine Entschuldigung bringt der CEO der ewl über die Lippen. Für die Betroffenen, insbesonders Vulnerablen, interessiert er sich nicht wirklich, sonst hätte man anders kommuniziert. Ich weiss von Menschen aus dem Quartier mit Magen-Darm-Erkankungen. Hätte ich mein Internet bei diesem Laden, würde ich umgehend kündigen. Ich verstehe nicht, wie es innerhalb einer Woche nicht gelingt, das Gebiet mit der Verschmutzung weiter einzukreisen und dementsprechend auch zu kommunizieren. Weiterhin weiss man auch nicht, um wie viel der Grenzwert überschritten wurde. Das interessiert mich noch immer!

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