Prämienverbilligungs-Initiative: Regierung stellt Gegenvorschlag vor
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Der Entscheid über die Prämienverbilligung in Luzern hat bereits erste Auswirkungen auf andere Kantone.
(Bild: AdobeStock)Nach dem Bundesgerichtsurteil zu den Kürzungen des Kantons bei den Prämienverbilligungen musste die Regierung handeln: An diesem Montag präsentiert Gesundheitsdirektor Guido Graf den Gegenvorschlag zur Initiative der SP. Kritik hagelt es bereits von der Linken.
Die Krankenkassenprämien steigen und der Kanton Luzern zahlte in den vergangenen Jahren immer weniger an Prämienverbilligungen aus. Bis 2009 hatten noch Familien mit einem Nettojahreseinkommen unter 120’000 Franken Anspruch auf einen Zuschuss an die Prämien. Der Regierungsrat drosselte die Einkommensgrenze Jahr für Jahr. Höhepunkt war, als die Luzerner Regierung im Herbst 2017 rückwirkend die Grenze auf 54’000 Franken setzte. 7’670 Luzerner mussten damals bereits ausbezahlte Prämien zurückbezahlen.
Deswegen zog die Luzerner SP den Kanton bis vor Bundesgericht. Denn eine Grenze von 54’000 Franken sei «kein mittleres Einkommen mehr, sondern für eine vierköpfige Familie nahe an der Sozialhilfe», sagte damals SP-Kantonsrat Jörg Meyer. Das Bundesgericht gab den Kritikern recht: Die Kürzungen waren rechtswidrig, der Kanton missachtete Sinn und Geist des Bundesrechts (zentralplus berichtete).
Regierung präsentiert eigene Formel
Dieses Bundesgerichtsurteil wollte die Regierung auch abwarten, bevor sie Stellung nimmt zu einer Initiative der SP. Diesen Montag nun präsentierte sie ihren Gegenvorschlag. Denn die Initiative der SP «Sichere Prämienverbilligung – Abbau verhindern» lehnt der Regierungsrat ab.
Die Partei verlangt, dass die Gelder bei der Prämienverbilligung nicht weiter abgebaut werden (zentralplus berichtete). Die Initianten fordern: Im Gesetz soll ein Minimum an finanziellen Mitteln für die Prämienverbilligung festgelegt werden, mindestens 24,5 Millionen Franken. Prämienverbilligungen sollen auch dann ausbezahlt werden, wenn sich der Kanton in einem budgetlosen Zustand befindet.
Regierung ist für komplizierte Formel
Die Luzerner Regierung präsentiert in ihrem Gegenvorschlag eine andere Lösung. Um den Anspruch auf eine Prämienverbilligung festzulegen, hat sich der Regierungsrat nicht für eine fixe Grenze entschieden. Anspruch haben vielmehr jene, deren anrechenbare Prämie das Einkommen um höchstens zehn Prozent zuzüglich höchstens 0,00015 Prozentpunkten für jeden Franken des massgebenden Einkommens übersteigen. Oder anders formuliert: Bei wem die Prämien mindestens einen Zehntel des Einkommens ausmachen, soll staatliche Zuschüsse erhalten, wobei gleichzeitig mit dem Einkommen auch die Hürde dafür ansteigt.
Für Kinder und junge Erwachsene in Ausbildung, die bei den Eltern wohnen, soll eine Einkommensgrenze eingeführt werden, wie dies die Initiative verlangt. Dabei will die Regierung zwischen Verheirateten und Alleinstehenden mit Kindern oder jungen Erwachsenen in Ausbildung, die noch zu Hause leben, unterscheiden. Die Regierung möchte jedoch nicht, dass für die Festsetzung der Einkommensgrenze ein fixer Frankenbeitrag ins Gesetz aufgenommen wird. Vielmehr soll die Einkommensgrenze auf aktuelle Zahlen der kantonalen Steuerstatistik ausgerichtet werden.
Neu soll zudem ab einem Reinvermögen bei Verheirateten über 200’000 Franken und bei Alleinstehenden über 100’000 Franken der Anspruch auf Prämienverbilligung entfallen. Wohnen Kinder oder junge Erwachsene in Ausbildung bei ihren Eltern oder einem Elternteil, soll sich die Vermögensgrenze um 50’000 Franken pro Kind und jungem Erwachsenen in Ausbildung erhöhen. Und Prämienverbilligungen sollen künftig auch dann ausbezahlt werden, wenn sich der Kanton in einem budgetlosen Zustand befindet.
Die Richtprämie für die Prämienverbilligung sollen mindestens 84 Prozent der Durchschnittsprämien gemäss dem Bundesgesetz über die Ergänzungsleistungen betragen, so die Regierung (siehe Box).
Lücken im Gegenvorschlag? SP und Regierung sind sich uneins
Gesundheitsdirektor Guido Graf ist von diesem Gegenvorschlag überzeugt: «Mit dem Gegenentwurf haben wir eine differenzierte Lösung ohne Lücken. Diese berücksichtigt die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Haushalte besser.»
Anders sieht dies die Luzerner SP. «Der Gegenvorschlag weist noch erhebliche Schwächen und Lücken auf», wird Parteipräsident David Roth in einer Mitteilung zitiert. Die Belastung durch den eigenen Prämienanteil sei nach wie vor «deutlich zu hoch».
Aufgrund des Bundesgerichtsurteils müsste aus Sicht der SP die untere Grenze des Mittelstandes bei Einzelpersonen, beziehungsweise die Definition von «bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen», bei 34’665 Franken liegen. Die Regierung schlägt hier eine Grenze von rund 31’000 Franken vor, was laut SP nicht tragbar sei. Schon nur bei einem leicht höherem Einkommen erhalte eine Einzelperson keinen einzigen Franken Prämienverbilligung mehr. David Roth ist überzeugt: «Das ist nicht im Sinn und Geist des Bundesgesetzes und wird allenfalls neue juristische Probleme für den Kanton aufwerfen.»
Der Kantonsrat wird voraussichtlich im Herbst ein erstes Mal über die Vorschläge beraten. Zur Volksabstimmung gelangt die Vorlage laut Regierungsrat in der zweiten Hälfte des Jahres 2020.
Richtprämien 2019 | ||||||||||||||||
Der Regierungsrat legt die Einzelheiten der Prämienverbilligung in einer Verordnung fest. Zur Berechnung des Anspruchs auf Prämienverbilligung für das Jahr 2019 gelten in den drei Prämienregionen* des Kantons Luzern die folgenden Richtprämien:
*Die Luzerner Gemeinden sind in drei Prämienregionen eingeteilt. Zur Region 1 gehören Luzern, Emmen, Kriens, Horw und Ebikon. Zur Region 2 zählen Adligenswil, Buchrain, Dierikon, Eich, Malters, Meggen, Meierskappel, Neuenkirch, Nottwil, Oberkirch, Root, Rothenburg, Ruswil, Schenkon, Sempach, Sursee, Udligenswil, Werthenstein und Wolhusen. Die restlichen 59 Gemeinden bilden die Prämienregion 3. |
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