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Waffenlieferung an die Ukraine

Pfister verteidigt seine Vorstellung von Neutralität

Gerhard Pfister findet, es ist Zeit für eine neue Form der Neutralität. (Bild: Gerhard Pfister)

Der Zuger Nationalrat Gerhard Pfister hat in einem Interview seine Ansichten zur Munitionslieferung in die Ukraine verteidigt. Dabei hat er auch seine Vorstellung von der Schweizer Neutralität untermauert. Nicht handeln sei auch handeln.

Der Mitte-Nationalrat und Parteipräsident Gerhard Pfister hat seit Kriegsbeginn viel Aufmerksamkeit für seine Haltung zur Schweizer Neutralität erhalten (zentralplus berichtete), was zu hitzigen Diskussionen unter den Parteien geführt hat (zentralplus berichtete). Nun hat er in einem Interview im rechten Magazin Nebelspalter seine Haltung nochmals verteidigt.

Im Interview werfen Markus Somm und Serkan Abrecht Gerhard Pfister vor, mit seiner Haltung zur Neutralität eine eigene «Pfister-Doktrin» zu verfolgen. Denn Pfister setze sich für die Verwendung des Notrechts in der Debatte um die Waffenlieferung an die Ukraine ein. Deutschland kann derzeit seine Waffen nicht an die Ukraine liefern, da es sich bei der Munition dafür um ein Schweizer Produkt handelt und diese ohne Einverständnis der Schweiz nicht an kriegsführende Nationen geliefert werden kann.

Die grosse Spannbreite der Neutralität

Die Frage, ob die Schweiz Deutschland die Lieferung von Munition erlauben soll oder nicht, steht aber in einem grösseren Kontext. Denn letztlich geht es um die Rolle der Schweiz und die Auslegung der Neutralität im Ukraine-Krieg. Pfister vertritt die Ansicht, dass die Neutralität kein Freipass sei, sich aus dem Krieg rauszuhalten, besonders wenn es dabei um den Angriff von grundlegenden demokratischen Werten ginge.

Somm und Abrecht werfen Pfister allerdings wiederholt vor, diese Argumentation nicht zu Ende zu denken. Wenn die Schweiz die Ukraine mitverteidige, würde Ähnliches auch für einen möglichen Angriff Israels durch den Iran gelten. Langfristig sähe sich die Schweiz dann gezwungen, in geopolitischen Konflikten eine Position zu beziehen.

Pfister sieht allerdings genauso einen grösseren Kontext. Ihm geht es vor allem um die Folgewirkung der Haltung der Schweiz. Denn der Nationalrat sieht den Krieg in der Ukraine im Zusammenhang mit jenen in Georgien und auf der Krim. Für ihn ist der aktuelle Angriff denn auch nur ein Vorgeschmack auf einen nächsten Angriff Russland, der näher an der Schweiz liegen werde. Eine Landesverteidigung müsse solche Szenarien antizipieren, so Pfister.

Streit über Schlaumeiereien

Die Redakteure des Nebelspalters gaben denn auch selbst zu, dass die Schweiz ihre Neutralität wiederholt durch «Schlaumeiereien» verletzt habe. Man müsse das allerdings nicht derart gross kommunizieren, wie das Pfister mache, argumentieren sie.

Für Gerhard Pfister ist allerdings klar, dass die neuere Geschichte der Schweiz seit 1848 eine Ausnahme gewesen sei und kaum eine ähnliche Fortsetzung haben werde. 150 Jahre Friedenszeit werde es nicht noch einmal geben, sagte er.

Die Frage der Dimension und der Betroffenheit

Ein weiterer Punkt des Streitgesprächs ist die Haltung des Bundesrats in der Angelegenheit der Waffenteillieferung. Pfister kritisiert den Bundesrat, weil er keine politische Haltung einnehme zur Entscheidung der Waffenteillieferungen, sondern die Antwort an Fachleuten weitergebe. Denn mit Notrecht könne er die Lieferung erlauben, tue es aber nicht. Die Frage bleibe, wieso. Und diese beantworte der Bundesrat nicht.

Laut Pfister stehe der Ukraine-Krieg der Coronapandemie in keiner Weise an Bedeutung nach. Und da habe der Bundesrat zwei Jahre lang Notrecht angewandt. Er fordert von Bundesrat deshalb eine klare Haltung, entweder zum Kriegsmaterialgesetz oder aber zum Notrecht. Dabei sei es für die Schweiz essenziell, die eigene Betroffenheit einzusehen. Man könne nicht europäische Grundsätze verteidigen, wenn man Deutschland die Waffenteillieferung von Schweizer Produkten verbiete.

Somm und Abrecht werfen Pfister zuletzt auch vor, politisch nachlässig zu handeln, indem er die Kraft der politischen Blöcke nicht zu nutzen wisse. Er solle die Schwäche der Linken ausnützen und sich mit der SVP für eine «integrale Neutralität» und Aufrüstung einsetzen. Dem widerspricht Pfister allerdings. Er halte die Linke nicht für schwach, dafür aber das Blockdenken für veraltet und nicht zielführend. Heute betreibe man eine Politik der Ideen, nicht der Blöcke.

Verwendete Quellen
  • Artikel im Nebelspalter
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