Private Verflechtungen in der Chefetage

Personalpolitik am Luzerner Theater wirft Fragen auf

Ina Karr ist ab Sommer 2021 Intendantin des Luzerner Theaters. Ihr Lebenspartner wird nun ebenfalls einen Job in der Geschäftsleitung erhalten. (Bild: zvg/Ingo Höhn)

Die neue Intendatin des Luzerner Theater und einer von vier künftigen Chefangestellten auf Direktionsstufe führen privat eine Beziehung mit gemeinsamen Kindern. Das wirft bei Kantonspolitikern Fragen auf.

Ab Sommer 2021 steht das Luzerner Theater unter einer neuen künstlerischen Leitung. Die Deutsche Ina Karr, bislang Chefdramaturgin für Oper am Staatstheater Mainz, wird neue Intendantin. Sie folgt auf Benedikt von Peter, den es nach Basel zieht.

Doch eine zweite Mutation innerhalb des Leitungsteams wirft Fragen auf: Neuer technischer Direktor wird Stefan Vogel, Jurist und Musikwissenschafter, Operngeschäftsführer am Staatstheater Mainz und Ina Karrs Lebenspartner. Zusammen haben sie zwei Kinder. Dies berichtete die «Luzerner Zeitung» am Dienstag.

Wird Intendantin über Lohnanpassungen ihres Lebenspartners entscheiden?

Ina Karr gehörte ursprünglich der Findungskommission an, die für die Suche nach einem neuen Intendanten verantwortlich war. Sie trat jedoch aus und erhielt den Posten kurz darauf gleich selber (zentralplus berichtete). Brisant: zu dieser Zeit war ihr Lebenspartner bereits für das Luzerner Theater tätig, allerdings nicht in einer Festanstellung, was sich nun ändern wird.

Deshalb hat FDP-Kantonsrat Gaudenz Zemp eine Anfrage eingereicht laut er er unter anderem wissen will, ob künftig die Intendantin ihren Lebenspartner im Rahmen des jährlichen Qualifikationsgesprächs beurteilen wird und ob sie für allfällige Lohnanpassungen verantwortlich ist. Das Luzerner Theater wird von der Steuerzahlerin jährlich mit rund 20 Millionen Franken subventioniert.

Stiftungsrat beschwichtigt

Beim Stiftungsrat will man indes kein Problem erkennen, wie Präsidentin Birgit Aufterbeck auf Anfrage der «LZ» Zeitung ausführt: «Der Stiftungsrat hat dies positiv entschieden, weil Ina Karr und Stefan Vogel absolut professionell sind und dies bereits in vielen Jahren und an mehreren Theatern unter Beweis gestellt haben.» Beide habe man unabhängig voneinander und ausschliesslich aus fachlichen Gründen ausgewählt.

«Und wenn bereits zwei in der Geschäftsleitung ein solches Vertrauensverhältnis haben, ist das für uns ein Gewinn», so Aufterbeck. Personenkonstellationen in Kaderpositionen seien ausserdem immer «feinstofflich» und bedürfen «sorgfältigster Abklärung im Vorfeld», völlig unabhängig des Geschäftsmodells. Hinzu komme, dass Stefan Vogel auf andere berufliche Möglichkeiten gehabt habe.

Bei anderen Institutionen wird genau hingeschaut

Gaudenz Zemp lässt dies aber nicht gelten. Er hat drei verschiedene Personalberater zu der Sache befragt. Laut den Experten könne bei solchen Stellenbesetzungen kaum von einer Selbstverständlichkeit gesprochen werden, wie er in seiner Anfrage an die Regierung ausführt. Doch genau dies ist für den Stiftungsrat der Fall.

Zemp sieht beurteilt die Situation folglich anders: An anderen staatlichen Institutionen würden Mitarbeiter, die persönliche Beziehungen zu eineander aufweisen, nämlich so angestellt, dass sie nicht in einem direkten Abhhängigikeitsverhältnis stehen. So zum Beispiel an der ETH in Zürich.

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5 Kommentare
  • Profilfoto von Peter Humm
    Peter Humm, 02.06.2020, 21:05 Uhr

    Schon die Auslobung der neuen Intendantin war ein unschöner Schlenker. Nun ein weiterer Schritt in den Fettnapf. Das unsensible Vorgehen dieses Stiftungsrates überrascht uns mit weiterem Spektakel, nur leider neben der Bühne. Wenn diese Strategie in Zukunft auch beim Neubauprojekt des Theaters weitergeht, verspricht dies nichts Gutes.

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    CScherrer, 02.06.2020, 15:16 Uhr

    Im Stiftungsrat sitzen u.a. mit Rosie Bitterli Mucha und Gisela Widmer zwei Personen, welche die Mechanismen in der Kulturszene sehr gut kennen. Selbstverständlich gibt es in dieser Szene auch einen Filz. Wie in der Wirtschaft bringt auch eine neue Intendantin ihr bisheriges Netzwerk, mit welchem sie zusammen gearbeitet hat, mit und versucht dieses im Umfeld eines Theaters zu installieren. Dennoch muss hier der Stiftungsrat genauer hinschauen. In Anbetracht der Tatsache, dass der Steuerzahler das Theater mitfinanziert, sind solche Verbindungen klar zu unterbinden. Treuhänderisch, aber einfach schon im Sinne der Glaubwürdigkeit ein klares No Go. Der Stiftungsrat ist hier dringend gefordert diesen Personalentscheid zu überdenken. Oder hat man beim Stiftungsrat schon wieder Angst, dass nach Benedikt von Peter schon wieder ein Intendant abspringt?

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    Dunning-Kruger, 02.06.2020, 10:34 Uhr

    Unerträglich dieser Filz, unerträglich!! Meine Hauptkritik geht insbesondere zu Handen des Stiftungsrates. Klar, war denen diese Verbindung bewusst – aber man hat es einfach übersehen, übersehen wollen, wohlweislich ignoriert! Das ist nicht gerade treuhänderisch!! Vorallem wenn man bedenkt, dass sie Jahr für Jahr 20 mio. vom Steuerzahler in den Schlund geworfen bekommen. Ihre persönlichen Vergütungen segnen sie höchstwahrscheinlich auch in Eigenregie ab!

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    Hugo Ball, 02.06.2020, 09:40 Uhr

    In Institutionen der Kunst- und Kulturbranche ist dieser Filz gang und gäbe!! Diese Netzwerke hätten bereits bei der Stellenbesetzung kritisch beäugt werden müssen. Aber dort fangen die Probleme eben bereits an. Man kennt sich – Günstlingswirtschaft Güteklasse A. Warum nicht mal ein Stück zu diesem Stoff aufführen?

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  • Profilfoto von M. Moser
    M. Moser, 02.06.2020, 08:02 Uhr

    Solche «Seilschaften» sind auch in der Welt der Kunst ein Problem. Die Intendantin wird in beruflicher Hinsicht in Sachen ihres «Lebenspartners» nicht mehr frei entscheiden können. Deshalb sollte vielleicht der Stiftungsrat nochmals über die Bücher. Zudem hinterlässt es einen faden Beigeschmack in der , auch wenn derjenige für den Posten wohl geeignet ist.

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